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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Prima Pars
Quaestio 7

Zweiter Artikel. Kein anderes Sein als Gott ist kraft des Wesens unendlich; und es kann auch kein anderes unendlich sein.

a) Diese Behauptung scheint der Vollkommenheit Gottes selber entgegen zu sein, anstatt selbe zu bestätigen. Denn: I. Die Kraft eines Dinges steht im Verhältnisse zu dessen Wesen. Das göttliche Wesen aber ist unendlich. Also muß die Kraft Gottes auch Unendliches schaffen können, da der Umfang der Kraft durch die Wirkung offenbar wird. Und zwar muß Gott Unendliches in der Weise hervorbringen können, daß dieses ebenfalls wie Gott auf Grund und kraft der inneren eigenen Wesensform unendlich vollkommen ist. Also. II. Was auch immer mit einer unendlichen Kraft ausgestattet ist, dessen Wesen muß auch unendlich sein; da letzteres ja Träger der Kraft ist. Die geschaffene Vernunft aber ist mit unendlicher Kraft ausgestattet; denn sie erfaßt die allgemeine Idee, welche sich auf Einzeldinge ohne Ende erstreckt. Also ist jegliche vernünftige Substanz unendlich. III. Der Urstoff ist etwas anderes wie Gott (Kap. 3. Art. 2. und Kap. 8. ad 3.). Der Urstoff aber ist unendlich seiner Natur nach. Also ist nicht Gott allein kraft seines Wesens unendlich. Auf der anderen Seite sagt Aristoteles (3. Phys.), daß das Unendliche aus keinem ihm fremden Princip sich ableitet. Alles aber, was besteht, beruht auf Gott als seinem Princip. Also ist nichts anderes unendlich wie Gott.

b) Ich antworte, daß außer Gott nichts unendlich sein kann, wenn dieses „unendlich“ ohne weitere Voraussetzung und ohne beschränkende Bedingung genommen wird. Dem steht jedoch nicht im Wege, daß es Dinge geben kann, welche nach einer gewissen Seite hin ohne Ende sind , nämlich unter einer beschränkenden Beziehung. Denn wird das Unendliche erwogen, insofern es vom Stoffe ausgesagt wird, so ist es offenbar, daß jegliches stoffliche Ding, das einmal wirklich besteht, eine gewisse Form hat, unter der und der gemäß es thatsächliches Sein besitzt; und so ist es „geendet“ durch die Form. Aber weil der Stoff, welcher unter der einen substantialen Form dem thatsächlichen Sein nach steht, das Vermögen behält für viele andere Formen, welche zum Wesen hinzutreten; so wird von ihm zwar das „Beendet sein“ von vornherein ausgesagt und ohne weitere Voraussetzung. Damit besteht jedoch ein Vermögen ohne Ende, ein „Unendliches“ mit Rücksicht auf alle die Formen, welche hinzutreten können. So ist das „Holz“ endlich; es ist „geendet“ gemäß seinem Wesen; und danach wird ohne weiteres ausgesagt: das Holz ist etwas Endliches. Wird aber Rücksicht genommen darauf, daß es im Zustande des Vermögens ist für die verschiedensten Fonnen, die zum Wesen „Holz“ hinzutreten können, also auf die Figuren z. B. die es tragen kann, so ist das Holz nach dieser gewissen Seite hin, unter dieser Beziehung „unendlich“; denn es kann Dreieck werden, Viereck, Standbild von den beliebigsten Personen etc.. Da giebt es also vom Holze aus keine bestimmenden Schranken, welche dem Vermögen für beliebige Figuren ein „Ende“ auflegten. Sprechen wir nun vom „Unendlichen“, so wie es der bestimmenden Form und nicht dem Stoffe zukommt, so ist es offenbar, daß jene Dinge, deren Formen mit dem Stoffe zu einem Sein verbunden sind, rein und einfach „endlich“ sind, „geendet“; und in keiner Weise „unendlich“. Die Dreiecksform ist „geendet“, völlig bestimmt in sich; sie kann auch, während sie den Stoff bestimmt, zu nichts anderem, etwa zum Viereck bestimmen. Hier ist also von irgend welchem „Unendlichen“ nicht die Rede. Sollte es aber Formen geben, welche nicht vom Stoffe getragen werden und mit demselben kein Sein bilden, wie man dies den reinen Geistern zuschreibt; so werden diese Formen nach dem Stoffe hin, also unter dieser Beziehung, nach dieser gewissen Seite hin „unendlich“ sein. Denn der Stoff wird nicht ihre Grenze bilden und sie nicht einschränken im Offenbaren ihrer Kraft. Da jedoch jede geschaffene Form in der Weise besteht, daß sie nicht ihr eigenes Sein ist und nicht und dem eigenen Sein subsistiert; so muß ihr Sein von etwas getragen werden, was nicht die Form selber ist; nämlich die Form wird begrenzt und gehalten werden von einer gewissen Natur oder einem bestimmten Wesen, was nicht das Sein selber ist. Daher findet sich auch hier, in der geschaffenen Wesensform, trotzdem sie keineswegs vom Stoffe getragen wird, nicht ohne weitere Bedingung Unendliches. Da also im Stoffe das einfach und ohne Rücksicht Unendliche nicht ist; da es auch nicht in der Form ist, welche mit dem Stoffe zu einer Einheit im Sein verbunden erscheint; und selbst nicht in irgend welcher geschaffen Form, die doch immer von einer beschränkten Natur getragen werden muß und nur auf Grund dieser letzteren bestehen kann, insofern sie nicht das Sein selber ist und in sich selbst allein besteht; — so folgt, daß nur die ungeschaffene Form, die rein von sich aus Sein ist, unendlich sein kann in der Bestimmtheit und Thatsächlichkeit; nämlich von nichts außerhalb ihrer selbst irgendwie begrenzt zu werden vermag. Daraus ergiebt sich die Lösung der Schwierigkeiten:

c) I. Es ist dies ganz und gar gegen das Wesen des Verursachten, daß es sein Sein aus sich selber habe, somit auf Grund seines Wesens und deshalb notwendig sei. Also ist eine Unendlichkeit, die sich darauf stützt, daß die Wesensform ungeschaffen sei, daß sie in sich selber und nicht als Ausfluß eines anderen Seins subsistiert, gegen das Wesen des Geschaffenen. Sowie also Gott nicht machen kann, daß etwas Geschaffenes nicht geschaffen sei; — so kann Er auch nicht machen, daß ein ohne alle Voraussetzung und ohne alle Schranken Unendliches existiere. II. Daß die Vernunft sich gewissermaßen auf Endloses erstreckt, kommt daher, daß sie ihrer Natur nach den Stoff ausschließt, weil sie entweder ganz und gar wie beim Engel vom Stoffe getrennt oder doch wenigstens ein rein vernünftiges Vermögen ist, welches wie beim Menschen seinem Wesen nach keines stofflichen Organes bebarf, um Vermögen zu sein. Sie ist also nur ein Vermögen, Endloses zu erkennen im einen Falle; sie ist da nicht thatsächliches unendliches Erkennen. Und im anderen Falle ist die Natur selbst, welche die Erkenntnislraft trägt, für diese letztere eine Grenze; denn eine solche Erkenntniskaft ist nicht das Sein selber. . III. Der Urstoff existiert nicht für sich allein in der Wirklichkeit, da er ja im Zustande eines reinen Vermögens ist und kein thatsächliches Sein besitzt; letzteres könnte doch nur gemäß einer gewissen Form bestehen, welche der Urstoff nicht hat. Er ist deshalb nicht so sehr geschaffen, als mitgeschaffen. Nichtsdestoweniger aber, auch davon abgesehen, nämlich gemäß seinem Vermögen betrachtet, ist er nicht einfach unendlich. Denn sein Vermögen erstreckt sich nur auf Formen innerhalb der sichtbaren Natur.

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