Erster Artikel. Gott ist unveränderlich.
a) Das scheint nicht der Fall zu sein. Denn: I. Was sich selbst bewegt, ist in dem nämlichen Grade veränderlich. Augustin aber sagt: „Der Geist, der da Schöpfer ist, bewegt sich; weder aber im Raume, noch durch die Zeit hin.“ (de gen. ad litt. 20.) II. Die Schrift sagt von der ungeschaffenen Weisheit (sap. 7, 24.): „Beweglicher als alle beweglichen Dinge ist die Weisheit.“ Gott aber ist die Weisheit. Also ist Er beweglich. III. „Nahekommen“ und „Sich entfernen“ bezeichnen eme Bewegung. Dies wird aber oft Gott zugeschrieben; wie z. B. Jak. 4, 9.: „Tretet zu Gott heran und Er wird euch nahe kommen.“ Auf der anderen Seite sagt der Prophet Malachias: „Ich bin Gott und ändere mich nicht.“ .
b) Ich antworte, daß aus dem Vorhergehenden folgt, Gott ändere sich nicht. Und zwar in folgender Weise: 1. Gott ist reine Thatsächlichkeit, actus purus, ohne irgend welches Vermögen in sich zu enthalten, daß Er etwas Weiteres werde. Was aber sich ändert, das ist offenbar im Zustande der Möglichkeit, um etwas Weiteres zu werden. Also ist Gott notwendig unveränderlich. 2. Alles, was bewegt wird oder im allgemeinen von dem einen zu dem anderen übergeht, ist nach der einen Seite hin dasselbe bleibend und nach der anderen Seite hin im Wechsel begriffen; wie z. B. was vom Weißen zum Schwarzen übergeht gemäß der Substanz dasselbe bleibt. Ein und dasselbe Sein nämlich wird schwarz, nachdem es weiß gewesen war. Und so besteht in einem jeden solchen Dinge eine Zusammensetzung; denn das eine Element bleibt und das andere wechselt. Gott aber hat in sich keine Zusammensetzüng, sondern ist durchaus einfach. Also ist Er nicht beweglich, oder veränderlich. 3. Was bewegt wird oder veränderlich ist, kommt zu etwas, was es früher nicht hatte. Gott aber ist unendlich vollkommen seinem Wesen nach, besitzt in Sich alle Vorzüge des Seins. Also kann Er nichts erreichen, was Er nicht immer hatte. Und deshalb haben bereits unter den alten Philosophen manche angenommen, das erste Princip sei unbeweglich.
c) I. Augustinus spricht in dieser Stelle nach der Redeweise Platos, der da sagte, das Erstbewegende bewege sich selbst. Plato nannte ebenso jegliche. Thätigkeit Bewegung, soweit nämlich auch von Bewegungen des Geistes gesprochen wird: vom Erkennen und vom Lieben. Weil also Gott Sich selbst erkennt und Sich selbst liebt, deshalb sagten sie von Ihm, Er bewege Sich selbst. Jene Bewegung und Veränderung aber, von welcher hier gesprochen wird, ist die eines Seins, welches die Möglichkeit hat, etwas Neues durch die Bewegung zu erreichen. II. Von der Weisheit als von etwas Beweglichem wird in der Schrift gleichnisweise gesprochen; gemäß dem nämlich, daß sie eine Ähnlichkeit mit sich selber verbreitet bis zu den niedrigsten Dingen hin. Denn nichts kann gefunden werden, was nicht von der Weisheit ausgeht als der Exemplar- und wirkenden Ursache; wie ja auch die Kunstwerke ausgehen von der Weisheit des Künstlers. So also, insofern die Ähnlichkeit mit der göttlichen Weisheit stufenweise von der letzteren ausgeht und zwar von den höchsten Kreaturen an, die in höherem Grade teilnehmen an dieser Ähnlichkeit, bis zu den letzten, die weniger teilnehmen, besteht eine gewisse Stufenfolge und Bewegung der göttlichen Weisheit zu den Dingen hin; wie wir auch sagen, daß die Sonne bis zur Erde reicht, insofern ihr Lichtstrahl bis zur Erde dringt. So sagt DionysiuS (I. cael. hier.), daß die ganze Entwicklung der Offenbarung Gottes zu uns komme vom Vater der Erleuchttungen her. III. Dieselbe Erwiderung wird dem dritten Einwürfe gegeben. Sowie gesagt wird, die Sonne verlasse das Zimmer oder trete hinein, weil ein Lichtstrahl dies thut; so heißt es in derselben Weise von Gott, Er nähere oder entferne sich, weil wir den Einfluß seiner Güte empfangen oder von selbem abfallen.