Vierter Artikel. Gott ist in einzig hervorragender Weise ein einiges Wesen.
a) Das wird bestritten. Denn: I. Das „Eine“ wird, ausgesagt gemäß dem Mangel der Geteiltheit. Ein solcher Mangel verträgt kein „mehr oder minder“. Also Gott ist in höherer Weise ein einiger, wie andere Dinge, welche Einheit haben. II. Nichts kann in höherem Grade unteilbar sein, als was unteilbar ist dem thatsächlichen Sein nach und auch in der Möglichkeit. So verhält es sich aber mit dem Punkt und mit der Einheit als Princip der Zahl. Da nun etwas in höherem Grade „Eines“ genannt wird, je nachdem es unteilbar ist, so ist Gott nicht in höherem Grade ein einiger wie der Punkt und die genannte Einheit. III. Was kraft seines Wesens gut ist, das ist im höchsten Grade gut. Also was kraft seines Wesens „Eines“ ist, das ist im höchsten Grade „Eines“. Jegliches Ding aber ist ein einiges kraft seines Wesens, wie Aristoteles sagt (4. met.). Also jegliches Ding ist im höchsten Grade ein einigeses. Gott also ist nicht in einzig hervorragender Weise ein einiger. Auf der anderen Seite sagt Bernardus (5. de Consid. c. 8) „Unter allen Dingen, von denen ausgesagt wird, sie hätten Einheit, steht an der unerreichbaren Spitze die Einheit der göttlichen Dreieinigkeit.“
b) Ich antworte: Da das „Eine“ nichts anderes ist wie ein „ungetelltes Sein“, so muß was im höchsten Grade Einheit hat, auch im höchsten Grade Sein sein und im höchsten Grade unteilbar sein. Beides aber ist Gott. Er ist im höchsten Grade Sein, insoweit Er kein Sein hat, was durch irgend welches Wesen beschränkt oder durch etwas Anderes bestimmt wäre, zu dem es oder was zu ihm hinzuträte; sondern Er ist das subsistierende Sein selbst, welches von keiner Seite her eine Beschränkung oder Bestimmung erfährt. Er ist ferner im höchsten Grade ungeteilt; denn weder nach seinem thatsächlichen Sein noch gemäß irgend einer Möglichkeit hin wird Er irgendwie geteilt; da Er durchaus einfach ist. I. Allerdings verträgt der Mangel, an und für sich betrachtet, keinen höheren ode minderen Grad; wohl aber wird, je nachdem sein Gegensatz, der Zustand nämlich, dessen er beraubt, ein „mehr oder minder“ annimmt, auch vom Mangel ein „mehr oder minder“ ausgesagt; wie die Blindheit mehr oder minder sein kann, je nachdem sie heilbar oder unheilbar ist; je nachdem also der Zustand des Sehens ein „mehr oder minder“ zuläßt. Gemäß dem also, daß etwas in höherem Grade teilbar ist oder in minderem Grade oder gar nicht; danach wird von etwas eine mehr oder minder große Einheit ausgesagt oder auch die höchste. II. Der Punkt und die Einheit als Princip derZahl sind nicht im höchsten Grade Sein, da sie nur auf Grund von etwas Anderem, nämlich auf Grund ihres Subjektes oder ihres Trägers Sein haben. Also ist keines von beiden im höchsten Grade Einheit: Das tragende Subjekt ist nicht im höchsten Grade „Eines“ wegen der Verschiedenheit zwischen den hinzutretenden Zuständen und Eigenschaften und ihm selber; und ebensowenig sind es die letzteren. III. Freilich ist jegliches Ding ein einiges auf Grund seines Wesens. Aber nicht alle Dinge verhalten sich gleichmäßig im Verursachen der Einheit. Denn das Wesen der einen ist aus vielen Elementen zusammengesetzt, das Wesen der anderen aber nicht.
