Dritter Artikel. Ein und dieselbe Güte wohnt dem inneren und äußeren Akte inne.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Das Princip des inneren Willensaktes ist eine innere Seelenkraft, die auffassende oder begehrende; das Princip des äußeren Aktes ist das die Bewegung ausführende Vermögen. Wo aber verschiedene Principien der Thätigkeit sind, da bestehen verschiedene Thätigkeiten. Da nun der Akt Träger oder Subjekt der Güte und der Bosheit ist, so ist auch nicht die gleiche Güte dem inneren Akte eigen wie dem äußeren. II. Die Tugend ist jene Kraft, sagt Aristoteles (2 Ethic. 6.), „welche gut macht den, der sie besitzt und die zugleich sein Werk zu einem guten macht.“ Eine andere Tugend aber ist die in der Vernunft oder im Willen, in den befehlenden und bestimmenden Vermögen nämlich; und eine andere ist die im Vermögen, welchem befohlen wird, im ausführenden. (2 Ethic. 1.) Also eine andere Güte ist die des äußeren Aktes und die des inneren. III. Ursache und Wirkung können nicht ein und dasselbe sein. Die Güte des inneren Aktes aber ist die Ursache der Güte im äußeren oder umgekehrt. Also ist da nicht ein und dieselbe Güte. Auf der anderen Seite steht der innere Akt im nämlichen Verhältnisse zum äußeren wie das (formal) bestimmende Element zum (material) bestimmbaren, wie die Form zum Stoffe. Aus diesen zwei Elementen aber wird immer ein einheitliches Sein. Also ein und dieselbe Güte ist dem inneren und dem äußeren Akte eigen.
b) Ich antworte, daß der innere Willensakt und die nach außen gerichtete Thätigkeit, wie Kap. 17, Art. 4. und Kap. 18, Art. 6. gesagt, im Bereiche des Moralischen einen einigen Akt bilden. Jedoch ist es nicht selten der Fall, daß der Akt, welcher ein einiger ist dem Subjekte nach, wo er sich findet, oder dem ihn tragenden Vermögen nach, von mehreren Seiten her und unter verschiedenen Gesichtspunkten den Charakter des Guten oder Bösen hat; während im Gegenteil er andere Male nur nach einer Seitehin und unter einem einzigen Gesichtspunkte gut oder böse ist. Demgemäß also muß man sagen, daß manchmal die ganz gleiche und nämliche Güte oder Bosheit dem inneren und äußeren Akte innewohnt; manchmal aber ist der innere Akt von einer Seite her gut, infolge deren der äußere Akt böse ist und umgekehrt. Denn wie Kap. 18, Art. 6. gesagt worden, stehen die zwei Arten von Güte oder Bosheit, des inneren Aktes nämlich und des äußeren, in wechselseitiger Beziehung. Nun trifft es sich in solchen Dingen, die auf andere hinbezogen werden, daß etwas gut ist allein darum, weil es zu etwas Anderem hin in Beziehung steht; wie der bittere Trunk deshalb allein gut ist, weil er in Beziehung steht zur Gesundheit, wo ganz die gleiche Güte innewohnt der Gesundheit und dem bitteren Trunke. Andere Male besitzt aber das, was zu etwas Anderem in Beziehung steht, bereits aus sich heraus einen Vorzug, der den Charakter des Guten verursacht, ohne daß irgend welche Beziehung dazu erforderlich wäre; wie die wohlschmeckende Medizin bereits von sich aus den Charakter des Ergötzlichen hat, abgesehen von der Beziehung zur Gesundheit. Demgemäß findet sich, falls der äußere Akt gut oder schlecht ist einzig und allein wegen seiner Beziehung zum Zwecke, ganz die gleiche und nämliche Güte im Willensakte, der an und für sich dem Zwecke zugewandt ist, und im äußeren Akte, der den Zweck berücksichtigt vermittelst des Willensaktes. Besitzt aber der äußere Akt bereits von sich aus den Charakter des Guten von einer Seite her, nämlich vom Stoffe oder vom Gegenstande aus und gemäß den Umständen; so ist die Güte des äußeren Aktes eine besondere und die Güte des inneren Willensaktes ist eine andere, dem Zwecke geschuldete. Dies hat aber in der Weise statt, daß die Güte des Willens ausfließt in den äußeren Akt und die Güte des äußeren Gegenstandes und der Umstände ausfließt in den inneren Akt gemäß dem Verhältnisse des Bestimmbaren zum Bestimmenden, also immer in Einheitlichkeit, wie das Art. 1 gesagt wurde.
c) I. Der innere Willensakt und die äußere Thätigkeit gehören verschiedenen Seinsarten an im Bereiche der Natur; sie bilden eine Einheit im Bereiche des Moralischen. II. Die moralischen Tugenden bestehen wegen der verschiedenen Tugendakte; diese sind gewissermaßen ihr Zweck. Die Klugheit aber, die in der Vernunft ihren Sitz hat, bezieht sich auf das Zweckdienliche. Und deshalb, wegen der Verschiedenheit der Gegenstände, auf welche die Tugendakte sich richten, giebt es verschiedene Tugenden. Die auf dem rechten Wege befindliche Vernunft aber, welche auf den Zweck selber der Tugenden sich richtet, hat keine andere Güte als die, welche der Tugend innewohnt, gemäß dem daß die der Vernunft anhaftende Güte sich jeder Tugend mitteilt. III. Wenn etwas sich von einer wirkenden Ursache ableitet, welche den Namen und das Wesen mit der Wirkung gemeinsam hat, also univoca ist im strengen Sinne des Wortes; dann waltet zwischen Wirkung und Ursache Verschiedenheit der Zahl nach ob. So ist z. B., wenn das Warme erwärmt, eine andere Wärme der Zahl nach jene, welche im Erwärmenden sich findet und eine andere Wärme, welche im Gewärmten besteht; wenn auch beides rücksichtlich der Wärme ein und derselben Gattung „Wärme“ angehört. Wenn jedoch etwas sich vom Anderen ableitet gemäß einer gewissen Analogie, so nämlich, daß nur ein Verhältnis zwischen beidem, eine Proportion besteht, dann ist bloß Eins der Zahl nach vorhanden. So leitet sich vomGesunden, was vom tierischen Körper gilt, ab das Gesunde zur Medizin oder zum Urin; und es ist der Zahl nach keine andere Gesundheit die in der Medizin und im Urin als die des tierischen Körpers, von welcher der Urin ein Zeichen ist und die Medizin die Ursache. Und in der letzten Weise leitet sich die Güte des äußeren Aktes ab von der Güte des innerlichen und umgekehrt, nämlich gemäß der geregelten Beziehung des einen zum anderen.
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