8.
Ich begann jetzt, mit größerer Lust mehr Zeit dem Umgange mit Gott zu widmen und mich von den Gelegenheiten fernzuhalten; denn sobald ich diese aus den Augen hatte, kehrte ich sogleich zur Liebe seiner Majestät zurück; und wie ich meine, erkannte ich auch gut, daß ich Gott liebte. Gleichwohl verstand noch nicht so recht, wie ich es hätte verstehen sollen, worin die wahre Liebe zu Gott bestehe. Doch kaum schien ich bereit gewesen zu sein, ihm dienen zu wollen, als Seine Majestät mich auch schon aufs neue mit Gnaden zu beschenken anfing. Ja es scheint, als habe der Herr sich nur meine Geneigtheit erwerben wollen, das anzunehmen, was andere mit großer Mühe erlangen trachten; denn schon in diesen letzten Jahren war es, daß er mich mit Süßigkeiten und Tröstungen heimsuchte. Ihn aber um diese Gnaden oder auch nur um zärtliches Andachtsgefühl zu bitten, habe ich nicht gewagt; bloß um die Gnade habe ich gebeten, daß er mir meine großen Sünden verzeihen und ich ihn nicht mehr beleidigen möchte. Da ich die Größe meiner Sünden erkannte, so getraute ich mir nach Tröstungen und Süßigkeiten mit Bewußtsein nicht einmal zu verlangen. Ich glaubte, Gottes erbarmende Liebe habe ohnehin genug an mir getan; und wahrlich hat er mir schon dadurch große Barmherzigkeit erwiesen, daß er mich in seine Gegenwart zog und bei sich duldete. Dies sah ich wohl ein und war überzeugt, daß ich nicht zu ihm gekommen wäre, wenn er selbst nicht so sehr dafür bemüht gewesen wäre. Nur ein einziges Mal in meinem Leben erinnere ich mich, ihn um Süßigkeiten gebeten zu haben. Ich befand mich damals in großer Trockenheit. Sobald ich aber bemerkte, daß ich tat, fühlte ich mich so beschämt, daß gerade der Schmerz darüber, so geringe Demut in mir zu erblicken, mir das verlieh, um was ich zu bitten mich erkühnt hatte. Ich wußte gar wohl, daß es erlaubt sei, um so etwas zu bitten; doch hielt ich dafür, daß dies nur jenen gestattet sei, die sich in der Weise dazu fähig gemacht, daß sie sich aus allen Kräften um die wahre Andacht bemüht haben, mit anderen Worten nur jenen, die Gott nicht beleidigen und bereit und entschlossen sind zu allem Guten.