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Works Teresa of Ávila (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Zweiundzwanzigstes Hauptstück

9.

Es ist klar, daß uns die Vergegenwärtigung der Menschheit Christi selbst wider unseren Willen benommen wird, wenn Gott, wie wir in den besprochenen Gebetsweisen gesehen haben, sämtliche Seelenkräfte aufheben will. In diesem Falle mag es immerhin geschehen. Ja, glückseliger Verlust, den wir alsdann erleiden, um mehr noch zu genießen, als wir zu verlieren scheinen! Denn dann gibt sich die Seele ganz der Liebe dessen hin, den ihr Verstand zu erkennen sich bemühte; sie liebt, was sie nicht begriffen hat, und sie genießt, was sie nicht zu genießen vermöchte, wenn sie nicht sich selbst verlöre, um, wie gesagt, desto mehr zu gewinnen. Daß wir uns aber absichtlich und mit Fleiß an die Absonderung von der heiligsten Menschheit des Herrn gewöhnen und nicht vielmehr aus allen Kräften uns bemühen sollten, sie immer — ja, gebe Gott, immer — bei uns zu haben, dies scheint mir nicht gut zu sein. Es ist dies gerade so, als wollten wir die Seele sozusagen in der Luft schwebend erhalten; und so sehr sie auch von Gott erfüllt zu sein meinte, sie wäre alsdann doch ohne Stütze. Es ist also wichtig, daß mir, solange wir leben und Menschen sind, den Herrn als Menschen vor Augen haben. Damit habe ich auch schon den zweiten Übelstand erwähnt, den das gegenteilige Verhalten mit sich bringt. Der erste, von dem ich zu sprechen begonnen, ist ein kleiner Mangel an Demut. Man will nämlich die Seele erheben, bevor der Herr sie erhebt; man ist nicht zufrieden mit der Betrachtung einer so kostbaren Sache (wie die allerheiligste Menschheit Christi ist); man will mit Maria genießen, ehe man mit Martha gearbeitet hat. Will der Herr, und sei es auch gleich am ersten Tage, dies haben, so ist für uns nichts zu fürchten; wir selbst aber sollen, wie ich es schon gesagt zu haben glaube, bescheiden sein. So unbedeutend dieser kleine Mangel an Demut auch zu sein scheint, er ist doch der Seele, die in der Beschauung voranschreiten will, sehr nachteilig.

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