17.
Auch in eine andere Übertreibung fiel ich. Ich flehte, und zwar in besonderem Gebete, zu Gott, Seine Majestät wolle, wenn jemand etwas Gutes von mir denke, ihm meine Sünden zu erkennen geben, damit er sich überzeuge, wie unverdient mir die göttlichen Gnaden zuteil werden. Dies ist überhaupt immer mein innigster Wunsch. Mein Beichtvater jedoch untersagte mir ein solches Gebet. Bis vor kurzem war es aber noch meine Gewohnheit, einem, von dem ich merkte, daß er sehr gut von mir dachte, durch Umschweife, oder wie ich sonst es vermochte, meine Sünden zu erkennen zu geben. Dadurch schien ich Muße zu erhalten; denn auch diese Wahrnehmung verursachte mir eine große Angst. dies war meines Erachtens nicht Demut, sondern eine Anfechtung, die aus derselben Quelle hervorging wie diese andere. Es kam mir nämlich vor, als ob ich alle Leute täuschte. Indessen war es doch nie mein Wille und mein Bestreben, andere zu täuschen; und sind sie auch in Wahrheit getäuscht, wenn sie etwas Gutes von mir denken, so läßt es der Herr zur Erreichung seiner Absichten zu. Selbst mit den Beichtvätern würde ich aus besagtem Grunde über nichts Gutes, daß ich an mir gewahrte, gesprochen haben, wenn es nicht notwendig gewesen wäre; denn ich hätte sonst große Gewissensangst empfunden. Jetzt erkenne ich freilich, daß alle diese Besorgnisse und Peinen und diese scheinbare Demut nur große Unvollkommenheit und Mangel an Abtötung waren; denn wenn eine Seele sich Gottes Händen übergeben hat, so ist es ihr gleichgültig, ob man Gutes oder Böses von ihr sagt; aber dazu ist erforderlich, daß die vollkommen von der Erkenntnis durchdrungen ist, sie besitze nichts Gutes aus sich selbst, sowie auch, daß der Herr ihr diese Kenntnis verleiht. Sie vertraue also dem Spender der Gnaden, der auch weiß, warum er sie offenbar macht; und sie bereite sich auf die Verfolgung vor, die in jetziger Zeit gewiß nicht ausbleibt, wenn der Herr will, daß die ihr von ihm verliehenen Gnaden offenbar werden. Denn auf eine solche Seele sind tausend Augen gerichtet, indes auf tausend andere Seelen kein einziges Auge schaut. Da hat man denn in Wahrheit nicht wenig Grund, sich zu fürchten. Dies war ohne Zweifel auch meine Furcht; nicht Demut, sondern Kleinmut war (die wahre Ursache meiner Unruhen). Denn eine Seele, die Gott den Augen der Welt so aussetzt, kann sich wohl darauf gefaßt machen, eine Märtyrin der Welt zu werden. Will sie der Welt nicht absterben, so wird diese sie ertöten.