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Werke Theresia von Jesu (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Sechsunddreißigstes Hauptstück

6.

Etwa drei oder vier Stunden nach Beendigung der Feierlichkeiten erregte der böse Feind in meinem Innern einen Kampf, den ich jetzt beschreiben will. Er hielt mir vor, ich hätte in dem, was ich unternommen, übel getan und gegen den Gehorsam gehandelt, weil ich das Kloster ohne Auftrag des Provinzials errichtet. Ich hatte mir wohl gedacht, es möchte ihn in etwa verdrießen, wenn ich daß Kloster, ohne ihm etwas davon zu sagen, dem Bischofe unterstellen würde; weil er es aber nicht hatte annehmen wollen und ich selbst unter seinem Gehorsame verblieb, so glaubte ich andrerseits, er werde sich nichts daraus machen. Ferner quälte mich der Teufel mit dem Gedanken, ob wohl die Bewohnerinnen diese Hauses bei einer so strengen Klausur zufrieden leben würden, ob es ihnen nicht an der notwendigen Nahrung fehlen werde, und ob es nicht Torheit gewesen, daß ich mich in dieses Kloster begeben, nachdem ich mich doch schon in einem befand. Alles, was mir der Herr zuvor befohlen, die vielen Gutachten anderer und die mehr als zwei Jahre lang fast ununterbrochen anhaltenden Gebete in dieser Angelegenheit: alles war aus meinem Gedächtnisse entschwunden, als wäre es gar nicht geschehen; ich erinnerte mich bloß noch an meine eigene Meinung. Zugleich waren alle Tugenden, sogar der Glaube in mir wirkungslos; und ich hatte keine Kraft, auch nur eine zu üben und mich gegen so viele Streiche zu verteidigen. So hielt mir der böse Feind auch vor, wie ich es wagen könne, mich mit meinen so vielen Krankheiten in ein so enges Haus einzuschließen und ein so strenges Bußleben zu führen. Wie ich ein so geräumiges und angenehmes Kloster habe verlassen mögen, wo ich doch immer so vergnügt gelebt und so viele Freundinnen gehabt, während die Nonnen dieses Hauses vielleicht nicht nach meinem Geschmack sein würden. Ich hätte mir zu viel aufgeladen, und vielleicht müßte ich darüber verzweifeln. Es könnte diese Sache leicht vom bösen Feinde angestiftet sein, um mir Frieden und Ruhe zu rauben, damit ich in meiner Verwirrung nicht mehr dem innerlichen Gebete obliegen könne und so meine Seele zugrunde gehe. Derartige Vorspiegelungen stellte mir der böse Feind mit einem Male so lebendig vor Augen, daß es nicht in meiner Macht stand, etwas anderes zu denken. Dazu kam noch eine Traurigkeit, eine Dunkelheit und Verfinsterung der Seele, die ich gar nicht auszusprechen weiß. In diesem Zustande begab ich mich zum heiligsten Sakramente; allein auch diesem konnte ich mich nicht anempfehlen. Ich war, wie mich dünkt, in einer Angst wie einer, der im Todeskampfe liegt. Mit jemand darüber zu reden, wagte ich nicht, denn ich hatte damals auch keinen bestimmten Beichtvater.

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Das Leben der heiligen Theresia von Jesu

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