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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Teresa of Ávila (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Siebentes Hauptstück

10.

Mein Vater glaubte mir, was ich ihm gesagt, das nämlich meine Krankheiten die Ursache wären, warum ich das innerliche Gebet nicht mehr übte. Da er selbst nie eine Unwahrheit redete, so hätte auch ich ihm, zumal in einer solchen Sache, keine sagen sollen. Ich sah wohl ein, daß der von mir angegebene Grund zu meiner Entschuldigung nicht hinreichte; darum fügte ich, um meine Aussage glaubwürdiger zu machen, die Bemerkung bei, es sei viel, daß ich nur dem Chore noch beiwohnen könne. Trotzdem aber wären meine Krankheiten doch kein genügender Grund gewesen, eine Übung zu unterlassen, die nicht körperliche Kräfte, sondern nur Liebe und Angewöhnung erheischt, zumal der Herr auch immer günstige Gelegenheit dazu verschafft, wenn man nur will. Ich sage »immer«; denn wenn er auch bisweilen zuläßt, daß Krankheiten oder Unpäßlichkeiten uns hindern, lange in der Einsamkeit zu beten, so gibt er uns doch zu anderen Zeiten wieder hinreichende Gesundheit dazu. Bei Unpäßlichkeiten aber und in der Krankheit ist schon das ein wahres Gebet, wenn die Gott liebende Seele ihm ihre Leiden aufopfert, wenn sie sich erinnert, für wen sie leidet, und sich dabei in Gottes Willen ergibt oder andere Akte erweckt, die sich ihr in Menge darbieten werden. Auf solche Weise wird die Liebe geübt, und man hat dazu nicht so viele Kraft nötig als zu einem längeren Gebete, das man in der Einsamkeit und mit Beobachtung der übrigen Förmlichkeiten, worin das Wesen des Gebetes nicht besteht, verrichtet. Es gehört nur ein klein wenig Sorgfalt dazu, um und auch dann, wenn der Herr uns durch Leiden die Zeit zur Übung des innerlichen Gebetes nimmt, mit großen Gütern zu bereichern. Solange ich ein reines Gewissen bewahrte, habe ich dies an mir selbst erfahren. Mein Vater aber, der nur die beste Meinung von mir hatte und die innigste Liebe zu mir trug, glaubte mir alles und hatte sogar noch Mitleid mit mir. Doch das tat er, daß er sich fortan nicht mehr so lange bei mir aufhielt, sondern, nachdem er mich gesehen hatte, sich bald wieder entfernte; denn er stand bereits auf einer sehr hohen Stufe der Vollkommenheit und sagte, es wäre nur Zeitverlust, sich mit mir länger zu unterhalten. Ich aber, die ich die Zeit in anderen Eitelkeiten zubrachte, achtete einen solchen Verlust wenig. Es war indes mein Vater nicht der einzige, den ich für die Übung des innerlichen Gebetes gewann; ich suchte auch andere Personen dafür zu gewinnen, selbst dann noch, als ich schon in Eitelkeiten verstrickt war. Da ich nämlich sah, wie gern jene mündlich beteten, unterrichtete ich sie über die Art und Weise der Betrachtung, half ihnen darin weiter und gab ihnen Bücher dazu; denn das Verlangen, es möchten auch andere Gott dienen, hatte ich bis dahin immer bewahrt, seitdem ich selbst begonnen, das innerliche Gebet zu üben. Ich dachte mir, daß doch auf solche Weise das, was Seine Majestät mich gelehrt, nicht verloren sei und dem Herrn dann wenigstens andere statt meiner dienen würden, wenn ich ihm auch selbst nie so diente, wie ich es als meine Pflicht erkannte. Ich bemerke dies deshalb, damit man die große Blindheit erkenne, mit der ich geschlagen war, indem ich mein eigenes Heil vernachlässigte, während ich fremdes zu fördern trachtete.

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