18.
Als ich eines Tages im Gebete verweilte, zeigte mir der Herr auf eine besondere Art, mittels einer geistigen Vision, die Beschaffenheit einer im Gnadenstande sich befindlichen Seele. Ich sah dadurch die Vereinigung der Seele mit der allerheiligsten Dreifaltigkeit, und wie die Seele zu dieser Vereinigung eine Macht empfängt zur Beherrschung der ganzen Welt. Dabei verstand ich auch den Sinn jener Worte des Hohenliedes Salomons : »Mein Geliebter ist in seinen Garten hinabgestiegen.« Zugleich zeigte er mir auch die Beschaffenheit einer Seele, die sich im Stande der Todsünde befindet, wie sie ganz kraftlos ist, gleich einem Menschen, der vollständig gefesselt und gebunden ist und dem die Augen verhüllt sind, so daß er, selbst wenn er auch wollte, weder sehen noch hören noch gehen kann und in großer Finsternis schmachtet. Darum erfüllen mich derartige Seelen mit solchem Mitleid, daß mir jede Anstrengung leicht scheint, um auch nur eine einzige davon zu befreien. Wenn man das versteht, wie ich es sah, so scheint es mir unmöglich, sagen zu können, daß jemand ein so großes Gut verlieren oder in einer so unglücklichen Lage bleiben wolle.