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Wenn ich von dem absehe, was ich an vielen Stellen gelesen, so weiß ich auch aus eigener Erfahrung, welch großer Nutzen der Seele dadurch erwächst, daß sie nie vom Gehorsam abweicht. Darin besteht nach meinem Dafürhalten der Fortschritt in der Tugend und der Erwerb der Demut. Hierin finden wir die Sicherheit bei der Besorgnis, den Weg zum Himmel zu verfehlen, die übrigens uns Sterblichen in diesem Leben immer heilsam ist. Hier gewinnt man jene Ruhe, die den Seelen, die Gott zu gefallen verlangen, so kostbar ist. Haben sie sich in Wahrheit diesem heiligen Gehorsam hingegeben und ihm ihren Verstand unterworfen, so daß sie keine andere Meinung mehr
haben wollen, als die ihres Beichtvaters, oder wenn sie Ordensleute sind, die ihres Oberen, so hört der böse Feind auf, sie mit seinen beständigen Beunruhigungen anzufechten, weil er einsieht, daß er dabei mit mehr Verlust als Gewinn abziehen muß. Auch unsere stürmischen Gemütsbewegungen lassen nach, die immer gern dem Eigenwillen folgen und sogar die Vernunft unter ihre Botmäßigkeit bringen in Dingen, die nach unserem Geschmacke sind; der Grund daran ist die Erinnerung, daß man seinen Willen mit aller Entschiedenheit dem Willen Gottes dadurch unterworfen hat, daß man ihn dem übergab, der seine Stelle vertritt. Nachdem mir die göttliche Majestät in ihrer Güte soviel Licht gegeben hatte, den großen, in dieser Tugend verborgenen Schatz zu erkennen, habe ich mich, wenngleich schwach und unvollkommen, um dessen Erwerb bemüht. Dennoch sträubt sich die schwache Tugend, die ich in mir gewahre, noch oft; denn in einigen Dingen, die mir befohlen worden, bemerke ich, daß sie nicht ausreicht. Die göttliche Majestät wolle ersetzen, was mir zu dem vorliegenden Werke abgeht!
