130. Brief —An die Mutter Maria Baptista, Priorin zu Valladolid
Toledo, am 2. November 1576
Klosterangelegenheiten und andere wichtige Dinge.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen!
Wenn Sie doch einmal glauben wollten, was ich Ihnen immer sage, so würden keine so großen Leiden über uns kommen. Ich habe Ihnen doch in einem früheren Briefe, wenn auch nur kurz, meinen Wunsch angedeutet, Sie möchten sich nicht mehr Ader lassen. Es ist dies bei Ihnen, ich versichere Sie, eine große Torheit, auch wenn es der Arzt sagt. Ihr Leiden macht mir darum soviel Kummer, weil es im Kopf seinen Sitz hat.
Und die [arme] Katharina, was muß doch diese ausstehen! Sie dürfen ja nicht vergessen, sie Gott zu empfehlen. Ich lege Ihnen dies nahe, obwohl sie von dort weggehen will; denn sie weiß ja, welch große Liebe die Schwestern zu ihr tragen. Ich versichere Sie, daß diese Frau eine hohe Vollkommenheit besitzt. Gebe Gott, daß sie Ihnen nicht jetzt, wie ich mir dachte, die große Liebe zu ihr vergelte, damit Sie nicht bereuen müssen, daß ich Ihnen dies gesagt habe!
Alle Ihre Briefe habe ich erhalten; auf diesem Wege kommen sie sicher hier an. Es ist unnütz, mir das Porto zu schicken; ich habe schon soviel, um es bezahlen zu können. Mein Bruder, dem ich in jeder Beziehung viel verdanke, gibt mir das Geld dazu. Der Pater Visitator befindet sich wohl, wie es mir ein Brief von ihm, den ich vor zwei Tagen erhalten habe, besagt. Er unterläßt es nicht, mir zu schreiben, und bis jetzt geht es ihm mit jenen Leuten sehr gut. Aber er behandelt sie auch mit großer Vorsicht und äußerster Freundlichkeit.
Was Sie von den Franziskanern sagen, datiert schon einige Zeit zurück. Sie haben ihren Visitator nicht ermordet. Die Nachricht vom Bischof Quiroga ist wahr; wir haben uns darüber sehr gefreut, weil er mit unserem Vater außerordentlich gut steht. Eben jetzt ist der Bischof sehr krank und auch der Nuntius. Empfehlen Sie und die dortigen Schwestern beide Gott; denn an diesen würden wir viel verlieren, und der Tod des Bischofs wäre ein Verlust für das ganze Reich. Empfehlen Sie aber auch Don Juán de Austria Gott, der inkognito als flämischer Bedienter nach Flandern abgereist ist.
O welche Freude haben Sie mir durch die Nachricht von dem Wohlbefinden des Paters Petrus Fernández erwiesen! Denn ich war fortwährend um ihn bekümmert, weil ich nur von seiner Krankheit, nie aber von seiner Genesung etwas hörte. Er scheint, ich versichere Sie, nicht so undankbar zu sein wie sein Freund; denn trotz seiner vielfachen Beschäftigungen sucht er immer sorgfältig eine Zeit heraus, um mir zu schreiben. Indessen ist er mir dies alles schuldig; allein wenn man von Schuldigkeit sprechen wollte, so hätte sein Freund mir gegenüber noch weit mehr Verpflichtungen.
Ich versichere Sie, daß diese Person Ihnen ihre Sorge so lange zuwenden werde, bis sie Ihnen eine andere vorzieht. Für jetzt brauchen Sie keine Furcht zu haben, so sehr Sie dies auch vermuten mögen. Wäre mir Gott nicht beigestanden, so hätte ich schon lange getan, was Sie tun wollten, allein der Herr ließ es nicht zu. Ich kenne ihn als einen Diener Gottes, und deshalb ist es ganz recht, wenn Sie ihn wie alle Diener Gottes auf Erden lieben; denn er verdient es. Wir wären sehr töricht, wenn wir glauben würden, viele Freunde zu haben. Übrigens ist kein Grund vorhanden, sein Betragen nachzuahmen; im Gegenteil müssen wir uns ihm gegenüber stets dankbarer erzeigen für das Gute, das er uns erwiesen hat. Und so müssen denn auch Euere Ehrwürden Ihre Empfindlichkeit beiseitesetzen und nicht unterlassen, ihm zu schreiben. Bemühen Sie sich allmählich, die Freiheit des Geistes zu erlangen, wie sie mir, Gott sei Dank, schon in hohem Grade zuteil geworden ist; aber sie ist nicht so groß, wie Sie voraussehen. Gepriesen sei der, der uns immer als treuer Freund zur Seite steht, wenn wir seine Freundschaft suchen!
Der Brief an Ludwig de Cepeda wird übergeben werden. Ich habe Euerer Ehrwürden schon geschrieben, daß auch sein Vater gestorben ist und daß wir ihn hier während seiner Krankheit Gott angelegentlich empfohlen haben.
Das Ablaßkorn, das Sie, wie Sie sagen, für meinen Bruder verfertigt haben, wollen Sie mir schicken, da ich ihm schon jenes gegeben habe, das ich von der Doña Maria de Mendoza erhielt. Wollen Sie mir auch die anderen Ablaßkörner schicken, ebenso auch alle Ihre Aufzeichnungen sowie auch einen Bericht über die Schwester Stephanie, sobald er fertig ist, ähnlich jenem, den Sie mir nach Ávila sandten und der sehr gut war. Er soll aber gut leserlich geschrieben sein, damit ich ihn hier nicht abschreiben muß. Übertragen Sie aber diese Arbeit nicht der Juliana; denn die Übertreibungen und Torheiten, die sie sich in dem Berichte über die Schwester Beatrix von der Menschwerdung erlaubte, waren unausstehlich; das war in Wahrheit zu stark. Sobald Sie vollkommen gesund sind, schreiben Sie selbst, was Sie wissen; der Pater Provinzial hat mir diesen Auftrag gegeben.
Ich bin, Gott sei Dank, gesund. Den Sirup del »Rey de los Medos« kann ich Ihnen, wenn Sie ein Führmittel nehmen müssen, nicht genug empfehlen. Mir hat diese Medizin das Leben gerettet, und sie wird Ihnen durchaus nicht schaden. Schicken Sie mir die Ablaßkörner ja nicht durch den gewöhnlichen Eilboten; lassen Sie sich von diesem Gedanken nicht einnehmen, da wir so nichts erhalten würden, sondern senden Sie diese durch den Maultiertreiber, wenn es auch länger ansteht.
Was Ihre inneren Prüfungen betrifft, von denen Sie sprechen, so müssen Sie diese um so weniger achten, je mehr Sie davon zu leiden haben. Denn man sieht ja klar, daß sie von der Schwäche der Einbildungskraft und von krankhafter Körperbeschaffenheit herrühren. Und der Teufel muß, wenn er so etwas wahrnimmt, auch seinen Teil dazu beitragen. Haben Sie aber keine Furcht; denn der heilige Paulus sagt, Gott werde nicht gestatten, daß wir über unsere Kräfte versucht werden. Wenn es Ihnen auch vorkommt, als willigten Sie ein, es ist doch nicht so; sondern Sie gewinnen vielmehr aus dem Ganzen noch an Verdienst. Hören Sie doch um Gottes willen auf, weiter Medizin zu nehmen, und sehen Sie darauf, gut zu essen; hüten Sie sich, allein zu sein, und sinnen Sie über nichts nach! Zerstreuen Sie sich, soviel und so gut Sie können! Ich wünschte nur, bei Ihnen zu sein; denn ich hätte gar vieles zu besprechen, um Sie zu unterhalten.
Warum haben Sie mir nichts von dem Kummer des Don Franziskus mitgeteilt? Ich hätte ihm gerne geschrieben, da ich ihm viel verdanke. Wenn Sie die Gräfin von Osorno sehen, so grüßen Sie mir dieselbe! Empfehlen Sie mich auch meiner Maria vom Kreuze, der Casilda und Dorothea, dann auch der Subpriorin und ihrer Schwester! Ich weiß nicht, was man mit jener blinden Novizin tun soll. Ich versichere Sie, es ist das ein großes Kreuz. Pater Prádanos ist in der Tat ein guter Freund; Sie haben Grund, mit ihm zu verkehren, selbst wenn man jetzt den Oberen wechselt. Wenn man den Pater Domeneque nach Valladolid sendet, so wünschte ich sehr, daß Sie ihn bekommen würden. Schreiben Sie mir bald, wie es Ihnen geht, und Gott sei mit Ihnen! Die Priorin bedauert Ihr Leiden sehr. Wir alle werden Sie der göttlichen Majestät empfehlen. Unterlassen Sie nie, an Pater Dominikus meine Grüße zu schreiben, und berichten Sie mir, wie es ihm geht. Heute ist der Allerseelentag.
Euerer Ehrwürden
Theresia von Jesu