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Works Teresa of Ávila (1515-1582) Letters Briefe

268. Brief — An die unbeschuhten Karmelitinnen zu Sevilla

Ávila, am 31. Januar 1579

Ermunterung zum gottergebenen und freudigen Ausharren in der Verfolgung. Verschiedene Empfehlungen.

Jhs

Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Lieb, meine Töchter und Schwestern!

Ich kann Ihnen gestehen, daß ich Sie noch nie so geliebt habe wie jetzt, und noch nie waren Sie so verpflichtet, unserem Herrn zu dienen, als in diesem Augenblicke, da er Ihnen die große Gnade erweist, etwas von seinem Kreuze und seiner gänzlichen Verlassenheit zu verkosten, die er am Kreuze empfunden hat. Glückselig der Tag, an dem Sie nach Sevilla gekommen sind! Schon damals war Ihnen diese glückselige Zeit vorbehalten. O wie sehr beneide ich Sie doch! Dies ist volle Wahrheit. Ich habe all die Veränderungen, die vorgekommen sind, erfahren, da man mir alles ganz umständlich berichtete, auch dies, daß man Sie aus Ihrem Kloster vertreiben wollte, sowie andere Einzelheiten; aber weit entfernt, daß mich dies schmerzte, habe ich vielmehr die größte innere Freude empfunden, weil ich sah, daß Ihnen unser Herr, ohne das Meer durchwandeln zu müssen, einige Minen ewiger Schätze öffnen wollte, wodurch Sie, wie ich zu Seiner Majestät hoffe, sich selbst überaus bereichern und auch uns, Ihren Schwestern in Kastilien, davon mitteilen können. Ich habe nämlich die größte Zuversicht auf die göttliche Erbarmung, daß sie Ihnen die Gnade zuteil werden lasse, dies alles zu leiden, ohne den Herrn in irgendeinem Stücke zu beleidigen; betrüben Sie sich aber nicht darüber, daß Sie diese Leiden schmerzlich empfinden! Der Herr will Ihnen nämlich zu verstehen geben, daß Sie noch nicht soviel Kraft in sich hatten, wie Sie meinten, als Sie so großes Verlangen nach Leiden in sich verspürten.

Mut, Mut, meine Töchter! Bedenken Sie, daß Gott keinem Menschen mehr Leiden schickt, als er ertragen kann, und daß er denen nahe ist, die sich in der Trübsal befinden. Da dies gewiß ist, so hat man nichts zu fürchten; man muß vielmehr von seiner Barmherzigkeit hoffen, daß er in allen Dingen die Wahrheit offenbare. Er wird auch gewisse Umtriebe aufdecken, die der Teufel verborgen hält, um alles in Unordnung zu bringen, und die mir noch mehr Kummer machten als Ihre gegenwärtigen Prüfungen.

Betet, betet, meine Schwestern! Jetzt soll Ihre Demut und Ihr Gehorsam im hellsten Lichte erglänzen. Alle, die von hier nach Sevilla gekommen sind, und ganz besonders die frühere Mutter Priorin müssen zeigen, daß keine der anderen Sie an Demut und Unterwürfigkeit gegenüber der neuaufgestellten Vikarin übertrifft. O wie günstig ist doch die Zeit, in der Sie die Früchte der Entschlüsse, unserem Herrn zu dienen, einernten können! Bedenken Sie, daß der Herr die Seelen oft nur prüfen will, ob Ihre Werke mit Ihren Entschlüssen und Worten übereinstimmen! Machen Sie den Töchtern der seligsten Jungfrau durch Ihren Mut in Ertragung dieser schweren Verfolgung Ehre; helfen Sie sich selbst, und der gute Jesus wird Ihnen auch zu Hilfe eilen. Scheint er auch auf dem Meere zu schlafen, so wird er doch, wenn der Sturm entfesselt ist, den Winden Ruhe gebieten. Er will, daß wir ihn bitten, und er liebt uns so innig, daß er unablässig nach Mitteln sucht, uns zum Fortschritt zu verhelfen. Gepriesen sei immerdar sein Name! Amen, Amen, Amen.

In all unseren Klöstern wird viel für Sie zu Gott gebetet, und so hoffe ich denn von seiner Güte, daß er bald all diesen Übeln abhelfen wird. Bemühen Sie sich darum, die Freude zu bewahren, und bedenken Sie, daß, im rechten Lichte betrachtet, alles nur wenig ist, was man für einen so guten Gott dulden kann, der soviel für uns gelitten hat; denn Ihr Blut haben Sie ja doch noch nicht um seinetwillen vergossen. Sie leben inmitten Ihrer Schwestern und nicht als Sklavinnen in Algier. Lassen Sie Ihren Bräutigam walten, und Sie werden sehen, daß in kurzem das Meer ebenso wie den König Pharao auch jene verschlingt, die uns bekämpfen, und dem Volke Gottes die Freiheit bringt. Dann werden wir alle nach neuen Leiden Verlangen tragen, wenn wir sehen, welch großen Gewinn uns die bereits erduldeten brachten.

Ihren Brief habe ich erhalten und ich wünschte nur, daß Sie das, was Sie aufgeschrieben, nicht verbrannt hätten; denn diese Berichte wären für uns von großer Bedeutung gewesen. Die Auslieferung meiner Briefe hätten Sie, wie mir hier die Theologen sagten, verweigern können; es ist indessen wenig daran gelegen. Möge es der göttlichen Majestät gefallen, daß man alle Schuld auf mich allein werfe, wenn mich auch die Leiden derer, die so ganz ohne Schuld gelitten haben, schon schwer drückten.

Sehr zu beklagen ist, daß in dem Untersuchungsprozesse, den der Pater Provinzial dort führte, einige Aussagen vorkommen, von denen ich weiß, daß sie auf falscher Grundlage beruhen; denn ich war damals, als diese Dinge sich der Aussage gemäß ereignet haben sollen, in Sevilla. Suchen Sie um der Liebe unseres Herrn willen genau zu erforschen, ob irgendeine Schwester diese Aussagen aus Furcht oder aus Verwirrung gemacht hat! Wenn keine Beleidigung Gottes vorgekommen ist, dann ist alles von keiner Bedeutung; allein Lügen und Aussagen zum Nachteile anderer sind für mich eine wahre Marter. Übrigens kann ich das, was mir berichtet wurde, doch nicht recht glauben; denn alle kennen ja den sittlich reinen Wandel und die Tugend, die der Pater Magister Gracián im Verkehre mit uns an den Tag legte; und alle wissen, wie sehr er uns förderte und uns behilflich war, im Dienste unseres Herrn voranzuschreiten. So verhält es sich in der Tat, und darum ist es ein großer Fehler, ihn anzuklagen, selbst wenn man nur geringfügige Dinge über ihn aussagen würde. Machen Sie um der Liebe willen jene Schwestern darauf aufmerksam und bleiben Sie unter dem Schutze der heiligsten Dreifaltigkeit! Amen.

Alle Schwestern dieses Klosters empfehlen sich inständig in Ihre Gebete. Sie hoffen, die Schwester … vom heiligen Franziskus werde ihnen, wenn sich einmal die Wolken zerstreut haben, alles zu erzählen wissen. Der guten Schwester Gabriela empfehle ich mich und ich bitte sie, ganz beruhigt zu sein. Ich kann mir die Betrübnis leicht vergegenwärtigen, die sie beim Anblick der ungerechten Behandlung der Mutter Maria vom heiligen Joseph empfunden haben wird. Die Schwester . . . vom heiligen Hieronymus bedauere ich nicht, wenn ihr Verlangen nach Leiden ihr wirklich von Herzen gekommen ist; wäre dies nicht der Fall, so würde ich sie mehr bedauern als alle anderen.

Morgen ist der Vorabend von Mariä Lichtmeß. Mit dem Herrn García Alvarez würde ich mich lieber besprechen als ihm schreiben, und da ich dem Papier nicht alles anvertrauen kann, was ich ihm sagen möchte, darum sehe ich vom Schreiben ab. Den übrigen Schwestern, denen Sie Mitteilung von diesem Briefe machen zu dürfen glauben, sagen Sie meine Empfehlungen.

Euerer Lieb unwürdige Dienerin

Theresia von Jesu

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Vorwort und Einführung in die Briefe Theresias von Jesu

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