74. Brief — An Don Alvaro de Mendoza, Bischof von Ávila
Veas, am 11. Mai 1575
Die Klosterstiftung in Sevilla, zu der sie sich auf Befehl des Paters Gracián begeben soll.
Jhs
Die Huld des Heiligen Geistes sei immerdar mit Euerer Gnaden!
Jeden Tag lerne ich die Gnade mehr schätzen, die mir der Herr dadurch erwies, daß er mir das große Gut zeigt, das im Leiden verborgen liegt. So wird es mir möglich, mit Ruhe die Dürftigkeit der Freuden ertragen zu können, die die Dinge dieser Welt gewähren; denn diese sind doch nur von kurzer Dauer.
Denken Sie sich; als ich eben in großer Eile mich anschickte, einen angenehmen Sommer entweder in Ávila oder in Valladolid zuzubringen, kam Pater Gracián hieher, der durch Verfügung des Nuntius Provinzial in Andalusien geworden ist, und den der Nuntius nach Erlaß des Gegenbreves dahin sandte … Dieser Mann hat so vortreffliche Eigenschaften und ist so gut, daß es mich sehr freuen würde, wenn er Euerer Gnaden seine Verehrung bezeigen könnte, damit Sie sehen, ob ich mich an ihm täusche. Er selbst hat auch ein großes Verlangen, Sie kennenzulernen, seitdem ich mit ihm von dem Schutze sprach, den Sie dem Orden angedeihen lassen. Es war für mich ein großer Trost, an ihm einen so vortrefflichen Mann zu finden.
Wir werden am nächsten Montag nach Sevilla abreisen; die Entfernung beträgt fünfzig Meilen. Ich glaube wohl, daß Pater Gracián mich nicht mit Gewalt gedrängt hätte; allein er wünscht es so sehr, daß ich, wenn ich mich nicht seinem Wunsche fügen würde, voller Angst wäre, den Gehorsam zu übertreten, der mir immer teuer ist. Für mich ist diese Reise in der Tat etwas Beschwerliches, und ich habe wenig Freude, bei dieser Hitze den Sommer in Sevilla zuzubringen. Der Herr gebe, daß ihm dadurch gedient werde! Am anderen, was mich betrifft, liegt wenig. Ich bitte Euere Gnaden, mir den Segen zu erteilen, und vergessen Sie nicht, mich unserem Herrn zu empfehlen!
Von Sevilla aus, sagt man, fehle es mir nicht an Botengelegenheit, die ich hier vermißt habe, weil der Ort sehr abgelegen ist. Ich werde Ihnen von dort aus schreiben. Unser Herr gebe, daß Sie gesund bleiben, um was ich ihn immer bitte! Pater Julian, der mir sehr behilflich ist, tut dasselbe. Er entbietet Ihnen die ehrfurchtsvollsten Empfehlungen. Wir denken oft an Sie und an das Kloster zum heiligen Joseph sowie auch an die Ruhe, die ich dort genießen würde. Möge der Herr alles zu seinem Dienste gereichen lassen und Sie weit mehr als mich behüten!
Heute ist der Vorabend von Himmelfahrt.
Euerer Gnaden unwürdige Dienerin und Untergebene
Theresia von Jesu
Hier war ich gesund, ja ich bin Gott sei Dank noch gesunder als sonst gewöhnlich.