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Œuvres Thérèse d'Avila (1515-1582) Weg der Vollkommenheit
Viertes Hauptstück

5.

Was den ersten Punkt, die gegenseitige herzliche Liebe, betrifft, so ist daran so viel gelegen; denn es gibt nichts so Verdrießliches, das von denen nicht leicht ertragen würde, die einander lieben. Es müßte schon etwas Schweres sein, was sie verdrossen machen könnte. Würde dieses Gebot in der Welt in der von Gott gewollten Weise beobachtet werden, so müßte dies meines Erachtens viel dazu beitragen, daß auch die übrigen Gebote gehalten würden; aber weil hierin bald zuviel, bald zu wenig geschieht, so erfüllen wir dieses Gebot nie ganz vollkommen. Man könnte zwar meinen, ein Übermaß in der gegenseitigen Liebe unter uns könnte nicht schaden; und doch bringt es so viel Unheil und so viele Unvollkommenheiten mit sich, daß meines Erachtens niemand es glauben kann, wenn er nicht durch Augenschein sich davon überzeugt

hat. Hier legt der böse Feind viele Fallstricke, die von dem Gewissen derer, die Gott nur obenhin zu gefallen sich bemühen, wenig beachtet und von ihnen gar noch als Tugend angesehen werden. Die aber nach Vollkommenheit streben, bemerken es wohl; denn es schwindet allmählich dem Willen die Kraft, um sich ganz der Liebe Gottes hinzugeben.

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Weg der Vollkommenheit
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