9.
Unmöglich können alle, die zu Oberinnen gewählt werden, die zu diesem Amte erforderlichen Talente haben. Sobald man aber wahrnimmt, daß es einer Oberin daran fehlt, soll man durchaus nicht das erste Jahr vorübergehen lassen, ohne sie abzusetzen. In einem Jahre würde sie noch nicht so viel Schaden anrichten können; aber in drei Jahren könnte sie das ganze Kloster zugrunde richten, da die Unvollkommenheiten zur Gewohnheit würden. Dieses Verfahren ist von außerordentlicher Wichtigkeit. Wenn es dem Visitator auch noch so schmerzlich fiele, weil er die Oberin für heilig hält und an ihre guten Absichten glaubt, so muß er sich doch Gewalt antun und darf sie nicht in ihrem Amte belassen. Um das allein bitte ich um der Liebe unseres Herrn willen. Sieht der Obere, daß bei der Wahl einer Priorin, was Gott verhüte, eine Bewerbung oder ungeordnete Leidenschaft unterlaufen sei, so erkläre er sie für nichtig; denn aus einer solchen Wahl kann nie etwas Gutes folgen. In diesem Falle bezeichne er Nonnen aus unseren anderen Klöstern, die zu Priorinnen gewählt werden können.
