11.
Hierauf verfertigte der Künstler die heilige Kleidung für den künftigen Hohenpriester (2 Mos. cap. 28), die in ihrem Gewebe ein herrliches, wunderbares Gespinnst aufwies. Die gewebten Kleidungsstücke waren zweifacher Art, das Unterkleid und das sogenannte Schulterkleid. Das Unterkleid war von einfacherer Art; es war nämlich ganz aus hyacinthfarbigem Stoff, ausser den untersten, den äussersten Saum bildenden Teilen, denn diese waren mit goldenen Granatäpfeln, Glöckchen und gestickten Blumen bunt verziert. Dagegen das Schultergewand, eine sehr prächtige und kunstvolle Arbeit, wurde mit vollendetem Verständnis aus den oben erwähnten Arten hergestellt, aus hyacinthfarbigem Stoff, aus Purpur, Byssus und scharlachrotem Stoff, mit Gold durchwirkt; Goldplatten nämlich, in dünne Härchen zerschnitten, wurden allen Geweben eingewirkt. Auf den Schulterblättern wurden zwei kostbare Steine von prächtigem Smaragd eingefügt, in die die Namen der Stammväter, je sechs in einen Stein, zwölf im ganzen, eingegraben wurden. Und auf der Brust befanden sich zwölf andere prächtige Steine, an Farbe verschieden, Siegeln ähnlich, je drei in vier Reihen; diese wurden dem sogenannten Logeion („Brustschild") eingefügt. Das Logeion wurde in quadratischer Form gleichsam als Unterlage (für die zwölf Steine) aus zwei Lagen gemacht, um zwei Vorzüge bildlich darzustellen, die Offenbarung und die Wahrheit (In der Septuaginta werden die Urim und Tummim (2 Mos. 28,30) mit δήλωσις und αλήθεια (Offenbarung und Wahrheit) übersetzt. Diese beiden Ausdrücke werden von Philo De spec. leg. I § 88 ff. näher erklärt: „Für das Logeion liess er doppelt gelegtes buntes Gewebe anfertigen und nennt das eine „Offenbarung" und das andere „Wahrheit". Mit der „Wahrheit" will er andeuten, dass zum Himmel Lüge ganz und gar nicht steigen darf, sondern dass diese ganz an den Erdenraum gebannt ist, wo sie in den Seelen schuldbeladener Menschen ihren Wohnsitz hat, mit der „Offenbarung" aber deutet er an, dass die Wesen am Himmel alles offenbaren, was bei uns vorgeht und was an und für sich gänzlich unerkennbar sein würde. Dafür der deutlichste Beweis: wenn nicht das Licht, die Sonne der Sonne, leuchtete, wie könnten die zahllosen Eigenschaften der Körper sich enthüllen?" u.s.w. Eine andere Deutung gibt Philo weiter unten § 128 ff. — Das sogenannte Logeion denkt Philo sich als ein aus zwei taschenartig übereinander gelegten Geweben zusammengesetztes Stück.). Das ganze hing vermittels goldener Schnüre an dem Schulterkleid, daran festgebunden, damit es nicht lose werde. Ferner wurde ein Goldblatt (Stirnblech) gleichsam als Krone verfertigt, das die vier Buchstaben des (Gottes-)Namens trug, den nur solche, deren Ohr und Zunge durch Weisheit geläutert sind, im Heiligtum hören und aussprechen dürfen, sonst überhaupt kein anderer an keinem Orte (Es war gesetzliche Vorschrift, dass nur die Priester beim Segen im Tempel den Gottesnamen (יהוה) aussprechen durften, dass er aber sonst unaussprechbar sei, vgl. Talm. Sota f. 38a,). Vierbuchstabig ist, so sagt der Gottesforscher (Moses), der Name; er meint damit vielleicht sinnbildlich die ersten Zahlen, eins, zwei, drei und vier, denn alles ist in der Vierheit enthalten: Punkt, Linie, Fläche und fester Körper, die Massformen für das ganze All (Wie in der Schrift über die Weltschöpfung (§ 98) und sonst goht Philo bei der Bestimmung der mathematischen Gebilde vom Punkte aus und zählt 1) Punkt, 2) Linie, 3) Fläche und 4) Körper.), und auch die besten Akkorde in der Musik (Vgl. die Anm. zu S. 43.): die Quarte in dem Tonverhältnis 4 : 3, die Quinte in dem von 3 : 2, die Octave in dem von 2 : 1 und die Doppeloctave in dem von 4:1. Noch andere unzählige Vorzüge besitzt die Vierzahl, von denen wir die meisten in der Abhandlung über Zahlen (Diese Schrift Philos ist nicht erhalten; vgl. oben S. 44 Anm. 2.) ausführlich mitgeteilt haben. — Unter dem Stirnblech befand sich, der Kopfbund, damit es den Kopf nicht berühre. Ausserdem aber wurde noch eine spitze Mütze angefertigt; eine solche Mütze pflegen nämlich die orientalischen Könige statt eines Diadems zu tragen.