1.
Das Leben der tugendbeflissenen Menschen, die vernunftgemäß zu leben bestrebt sind, ist nach guten Gesetzen und Geboten eingerichtet. In diesen nun sieht man die Absicht des Gesetzgebers im Allgemeinen auf zwei Ziele gerichtet, eines, das die Untersagung der verbotenen Dinge in sich schließt, und ein zweites, das zur Ausübung des Guten anspornt. Denn man kann nicht anders ein wohl geregeltes und enthaltsames Leben führen, als daß man nach S. 230 Kräften vor dem Laster flieht und so sehr als möglich nach Tugend strebt. Da wir uns also auch heute versammelt haben, um die Gebote Gottes zu vernehmen, so hörten wir auch den Propheten, wie er die schlimmen Kinder des ausgeliehenen Geldes, die Zinsen, tödtet und das Ausleihen des Geldes auf Gewinn aus der Welt schafft. Wollen wir nun folgsam die Ermahnung annehmen, damit wir nicht jener Felsgrund sind, auf den der Same fiel und trocken und ohne Frucht blieb,[^30] und damit nicht auch an uns die Worte ergehen, wie einst an das widerspenstige Israel: „Ihr werdet mit dem Gehöre hören und es nicht verstehen, und sehend sehen und es nicht wahrnehmen.“[^31]
Ich bitte aber Die, welche mich hören werden, mich keineswegs der Vermessenheit oder des Wahnsinns zu beschuldigen, wenn, nachdem ein gelehrter Mann und berühmter Philosoph, der in aller Wissenschaft gründlich gebildet war, in dem nämlichen Gegenstand sich Beifall erworben und eine Rede gegen die Wucherer als einen Schatz in der Welt zurückgelassen hat, auch ich den nämlichen Kampfplatz betreten habe, indem ich mich eines Gespannes von Eseln oder Ochsen gegen sieggekrönte Pferde[^32] bediene. Denn es zeigt sich stets das Kleine neben dem Großen, der Schimmer des Mondes, wenn die Sonne scheint, und wenn das schwere Lastschiff dahinsegelt und durch das heftige Wehen der Winde fortbewegt wird, folgt hintennach der kleine Nachen, der über die nämliche Tiefe setzt, und wenn ferner Männer nach den Kampfregeln einen Wettkampf kämpfen, so ringen in der nämlichen Weise auch die Kinder. S. 231 Das möge also meinem Unterfangen zur Entschuldigung dienen.
