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Ich aber habe einen doppelten Kampf zu bestehen und befürchte, ich möchte durch die Schwäche der Darstellung meinen Gegenstand verunglimpfen. Denn mag man die Großartigkeit des zu behandelnden Gegenstandes selbst betrachten, so ist er über jede Rede erhaben, oder mag man Den betrachten, der vor uns durch seine Weisheit die Heiligen gekrönt hat, so ist er ein Mann, dessen Bewunderung dem Erdkreise gemeinsam ist, eine zuverläßige Richtschnur in christlicher und heidnischer Wissenschaft, eine Zierde der Weltweisheit, ein schwer zu erreichendes Vorbild für Bischöfe, ein Lehrer, in dem Wort und That in Einklang stehen, dessen Ehre bei allen Menschen unbestritten ist, ausser bei Denen, die selbst Christum lästern. Denn wie Niemand bestreitet, daß die Sonne erleuchte und erwärme, so wird auch Niemand bestreiten, daß der große Basilius mit jeder Schönheit der Tugend geziert sei. Er ist ein erhabener Lobredner der Erhabenen, ein heiliger Diener der Heiligen, der nach der ihm verliehenen Kraft den Siegern den Ehrenpreis entrichtet. Ich aber muß nicht deßhalb schweigen, weil er zuerst das Ausserordentliche in großartiger Weise verkündet hat. Denn ich beabsichtige jetzt nicht einen Wettkampf mit dem früheren Redner, sondern es ist mir um den Nutzen meiner Zuhörer zu thun. Es nützt aber nothwendig Jeder, wie er es vermag, indem den Genuß des Größeren die Reicheren verschaffen.
Die vierzig Krieger also waren ihrem Stande nach Soldaten des römischen Kaisers, ihrem Glauben nach Christen und fromme Verehrer Gottes. Da aber der damalige Machthaber zu den Götzendienern gehörte, ließ er, indem die Dämonen ihn zu diesem harten Beschluß verleiteten, durch ein neues Gesetz und Decret die Christen verfolgen, indem er befahl, daß alle Unterthanen entweder den Dämonen Weihrauch opfern oder, wenn sie das nicht thun S. 451 wollten, zum Tode verurtheilt werden, und vor dem Tode am ganzen Körper viele Mißhandlungen leiden sollten. Damals nun, damals benützten die Seligen die Grausamkeit des Tyrannen und das gottlose Gesetz, um eine Probe ihres Heldenmuthes zu geben und indem sie sich von den übrigen Soldaten losrissen und eine auserlesene christusfreundliche Schaar bildeten, die von der Macht des Geistes angeführt wurde, widersetzten sie sich offen den gottlosen Decreten und verkündeten Alle einstimmig wie aus einem Munde unsern Glauben, indem sie erklärten, sie kümmerten sich wenig um dieses vergängliche Leben und wollten ihre Leiber den mannigfachen Gattungen von Strafen ausliefern. Als nun der Diener des gewaltthätigen Gesetzes, ein noch größerer Tyrann, von der Widerspenstigkeit der Heiligen hörte, suchte er eine Strafe ausfindig zu machen, die ihrem Muthe das Gleichgewicht hielte, und ersann für die unfügsamen Gemüther ein neues unerhörtes Einschüchterungsmittel. Drohe ich ihnen mit dem Schwerte, denkt er bei sich, so ist die Furcht zu gering, um sie zu erschüttern, und sie werden sich nicht beugen. Denn es sind Männer, die von Kindheit auf unter den Waffen lebten und das Schwert zu tragen gewohnt sind. Wenn ich mit anderen Peinen auf sie eindringe, so werden sie muthig Stand halten, da sie mit Schlägen und Wunden wohl vertraut sind. Auch das Feuer ist für Leute von so widerspenstigem Sinne nicht furchtbar. Deßhalb mußte er eine Strafe erfinden, die mit brennender Heftigkeit des Schmerzes einen langsamen schleppenden Verlauf verbände. Was beschloß nun mit solcher Besorgtheit der Erfinder des Bösen gegen die Heiligen? Durch ernstes Nachdenken gerieth er auf eine Qual in freier Luft, zu welcher die Jahreszeit und das Land ihm behilflich waren. Denn die Zeit war der Winter, der Ort aber Armenien, das euch bekannte rauhe Nachbarland, das seinen Bewohnern nicht einmal die heisse Jahreszeit bringt, sondern mit genauer Noth so viel Wärme annimmt, als nöthig ist, um die Ähre zur Reife zu bringen. Das Gewächs des Weinstocks ist bei ihnen ganz unbekannt, und wer keine S. 452 weite Reise macht, lernt keine Traube kennen, und er frägt in Betreff des Weinstocks, wie wir um die Erzeugnisse Indiens. Dort ― in Armenien ― pflügt der Säemann die Erde, wenn noch Schnee liegt, und die Ernte wird von Schneegestöber überrascht, und dem Schnitter wehen die Winde die Kleider fort, wenn er sie nicht fest anbindet und gegen den Andrang der Winde kämpft. Einen Herbst und Frühling gibt es aber beinahe nicht, da sie der Winter als ein schlimmer Nachbar an sich reißt und seiner Herrschaft unterwirft. In diesem Lande also und im gegenwärtigen Monate ließ er die Heiligen entkleiden und mit ganz nacktem Körper aussetzen, indem er so die Jünger der Frömmigkeit in ganz anderer Weise züchtigte, als der König der Assyrier im babylonischen Feuerofen. Aber in Bezug auf Schmerz ist brennendes Feuer mit der Kälte nicht in Vergleich zu setzen, welche Erstarrung und Aufsaugung der Kräfte bewirkt.
Denn das erste paßt zum Schwerte und führt rasch zum Tode, letztere bereitet den gleichen Schmerz, aber verzögert das Ende. Denn überhaupt haben die von der Kälte bewirkten Leiden, wie viertägiges Fieber, Krebs, Karbunkel und alle Zustände, von denen wissenschaftliche Ärzte nachweisen, daß sie durch die kalte Materie in den Körpern hervorgebracht werden, einen langsameren Verlauf. So sind Die, welche mehr kalt und fett von Constitution sind, träger und haben einen schwerfälligen Körper. Und ebenso verhält es sich mit den unvernünftigen Thieren: die wärmeren sind schnell und bewegen sich leicht, wenn irgend ein Bedürfniß es erheischt, die aber einen entgegengesetzten Zustand haben, sind langsam und von Lähmung gefesselt. So ist das Pferd schnell und läßt sich durch den Knall in Lauf bringen, bevor es die Peitsche fühlt, der Esel dagegen ist langsam und läßt sich kaum mit Prügeln forttreiben. Rasch ist der Panther und stürzt mit seinem dürren hitzigen Körper durch die Thalschluchten, der Bär dagegen kommt mit seinen dickeren Gliedern schwerfällig einhergeschritten. S. 453 Diese physiologischen Bemerkungen habe ich nicht ohne Absicht gemacht, sondern damit ihr die Ausdauer der Männer beurtheilen könnet, indem ihr die Art und Weise der Strafe erwäget.