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Werke Gregor von Nyssa (335-394) Ausgewählte Reden Ausgewählte Reden (BKV)
Festreden
Rede auf den Festtag der Lichter, an dem unser Herr getauft wurde. (Epiphanie.)

3.

Diese Wohlthat spendet nicht das Wasser, denn sie ist ja größer als die ganze Schöpfung, sondern der Befehl Gottes und das Herabkommen des Geistes, das in geheimnißvoller Weise zu unserer Freiheit vor sich geht. Das Wasser aber dient, um die Reinigung anzudeuten. Denn da wir gewohnt sind, den von Schmutz und Unrath entstellten Körper mit Wasser zu waschen und zu reinigen, so nehmen wir es deßhalb auch zur heiligen Handlung und zeigen durch eine wahrnehmbare Sache den unkörperlichen Glanz an. Noch gründlicher aber, wenn es beliebt, wollen wir uns mit der Untersuchung über das Bad befassen, indem wir wie bei einer Quelle beim Ausspruch der Schrift beginnen: „Wenn nicht Einer geboren ist aus dem Wasser und Geiste,“ sagt sie, „so kann er nicht eingehen in’s Reich Gottes.“1 Was sollen beide, und warum wurde nicht der Geist allein zur vollkommenen Taufe für hinreichend gehalten? Zusammengesetzt ist der Mensch und nicht einfach, wie wir deutlich einsehen, und deßhalb wurden Dem, was doppelt und zusammengesetzt ist, auch verwandte und gleichartige Mittel zur Heilung zugewiesen; dem Körper, welcher äusserlich erscheint, das sinnlich wahrnehmbare Wasser, der unsichtbaren Seele der unsichtbare Geist, der S. 281 im Glauben angerufen wird und geheimnißvoll zugegen ist. „Denn der Geist weht, wo er will, und du vernimmst seine Stimme und weißt nicht, woher er kommt, und wohin er geht.“2 Er segnet den Körper, der getauft wird, und das Wasser, welches tauft. Deßwegen verachte das göttliche Bad nicht und schätze es nicht wegen des Gebrauches des Wassers als etwas Gemeines gering! Denn groß ist seine Wirksamkeit, und bewundernswerth ist, was durch dasselbe zu Stande gebracht wird. Denn auch dieser heilige Altar, an dem wir stehen, ist seiner Natur nach ein gewöhnlicher Stein, der sich in Nichts von den übrigen Steinplatten unterscheidet, aus denen unsere Wände gebaut werden, und mit denen man unsere Fußböden schmückt. Da er aber dem Dienste Gottes geheiligt ist und die Segnung erhalten hat, so ist er ein heiliger Tisch, ein makelloser Altar, der nicht mehr von Allen, sondern nur von den Priestern und auch von diesen mit heiliger Scheu berührt wird. Das Brod hinwiederum ist Anfangs gewöhnliches Brod; wenn es aber durch das Sakrament geheiligt wird, heißt und wird es der Leib Christi. So auch das mystische Öl, so der Wein, welche vor der Segnung geringen Werth haben, nach der Segnung des Geistes aber beide in hervorragender Weise wirksam sind. Die nämliche Kraft des Wortes aber verschafft auch dem Priester Würde und Ehre, indem der neue Segen von dem gemeinen Werthe der Übrigen ihn absondert. Denn gestern und vorgestern war er noch Einer von der Menge und dem Volke, und plötzlich erscheint er als Wegweiser, Vorstand, Lehrer der Gottesfurcht, der in die verborgenen Mysterien einführt; und das thut er ohne Veränderung der körperlichen Gestalt, und indem er äusserlich als Der erscheint, welcher er früher war, wird seine unsichtbare Seele durch eine unsichtbare Macht und Gnade in einen besseren Zustand versetzt.

S. 282 Und wenn du so auf viele Dinge deine Gedanken richtest, so wirst du die äussere Erscheinung ohne Bedeutung finden, groß aber, was von derselben ausgeht, und vorzugsweise, wenn du aus der alten Geschichte sammelst, was dem Gegenstand der Untersuchung verwandt und ähnlich ist. Der Stab des Moses war von Nußbaumholz, was anders als gemeines Holz, das von jeder Hand abgehauen und getragen, nach Belieben zugerichtet und zum Beispiel dem Feuer übergeben wird; als aber Gott die hohen unaussprechlichen Wunder mittelst desselben wirken wollte, wurde das Holz in eine Schlange verwandelt.3 Und wieder einmal verwandelte er durch einen Schlag in das Wasser,4 jetzt in Blut das Wasser,5 und ließ dann eine endlose Schaar von Fröschen hervorkommen.6 Und wiederum theilte er das Meer, das bis in die Tiefe sich spaltete und nicht zusammenfloß. In gleicher Weise macht das Kleid eines Propheten, das in einem Ziegenfell bestand, den Elisäus zum Gespräche der ganzen Erde.7 Das Holz des Kreuzes aber bringt allen Menschen Rettung, obschon es, wie ich höre, von einem werthlosen Baume stammt, der ein geringeres Ansehen hat als die meisten. Der Dornstrauch offenbarte dem Moses die Gegenwart Gottes,8 und die todten Gebeine des Elisäus weckten einen Todten zum Leben,9 und Erde verschaffte dem Blindgebornen das Augenlicht.10 Und Dieß alles, was lebloser Stoff ohne Empfindung war, vermittelte die großen Wunder und nahm in sich die Kraft Gottes auf. Mit gleicher Folgerichtigkeit läßt sich schließen, daß auch das Wasser, welches nichts Anderes ist als Wasser, den Menschen zur geistigen Wiedergeburt erneuert, wenn die himmlische Gnade es segnet. Wenn mir aber wieder Einer mit Zweifeln und Einwürfen kommen und mit weiteren Fragen in mich dringen sollte, wie das Wasser und S. 283 die durch dasselbe bewirkte Weihe eine Wiedergeburt zu Stande bringe, so werde ich ihm ganz mit Recht entgegnen: Erkläre mir die Art und Weise, wie die Geburt nach dem Fleische vor sich geht, und ich werde dir auseinander setzen, wie die Wiedergeburt der Seele bewirkt wird. Du wirst vielleicht einen Grund anzugeben glauben, wenn du sagst: Der Same bewirkt die Entstehung des Menschen. Nimm also auch unsere Erklärung hin, daß das gesegnete Wasser den Menschen reinigt und erleuchtet. Fällst du mir aber wieder in die Rede mit deinem Wie, so werde ich noch lauter die Frage an dich richten, wie aus der feuchten und gestaltlosen Substanz ein Mensch entstehe. Und wenn so die Untersuchung über die ganze Schöpfung sich ausbreitet, kann sie an jedem Gegenstande sich üben, wie der Himmel, wie die Erde, wie das Meer, wie alle einzelnen Dinge entstanden sind. Denn überall ist die Vernunft des Menschen ungenügend, es ausfindig zu machen, und flüchtet sich, wie sich Die, welche nicht gehen können, auf einen Sitz niederlassen, hinter dieses Wörtchen. Und um es kurz zu sagen, überall ist die Macht und Thätigkeit Gottes unergründlich und über jede Wissenschaft erhaben, bringt überall leicht zu Stande, was sie will, und verbirgt uns die gründliche Kenntniß ihrer Wirksamkeit. Daher brach auch der selige David, der einst seinen Geist auf die Herrlichkeit der Schöpfung richtete, mit grenzenlosem Staunen in seiner Seele erfüllt, in jenes von Allen gesungene Wort aus: „Wie herrlich sind deine Werke, o Herr! Alles hast du in Weisheit geschaffen.“11 Denn die Weisheit erkannte er im Geiste, die Kunst der Weisheit aber hat er nicht ausfindig gemacht.

Wollen wir also aufhören, lange zu untersuchen, was die menschlichen Kräfte übersteigt, und vielmehr nach Dem forschen, was doch theilweise begriffen werden kann. Warum wird die Reinigung durch Wasser vollzogen? Und S. 284 zu welchem Zwecke werden drei Untertauchungen vorgenommen? Was nun die Väter lehren, und wozu auch unser Verstand seine Zustimmung gibt, ist Dieß. Wir kennen vier Elemente, aus denen die Welt gebildet ist, die Allen bekannt sind, ohne daß man sie zu nennen braucht; oder wenn man etwa auch für die Einfältigeren sie namentlich ausführen soll: Feuer, Luft, Wasser und Erde. Unser Gott und Erlöser, der das göttliche Werk an uns vollendet, ist auf das vierte derselben, auf die Erde, gekommen, um von da aus das Leben zu erwecken. Wir aber, indem wir die Taufe empfangen, lassen uns zur Nachahmung unsers Herrn, unsers Lehrers und Wegweisers, nicht in der Erde begraben, (denn das ist der Ruheplatz des ganz und gar abgestorbenen Körpers12 und umgibt die Ohnmacht und Verwesung unserer Natur,) sondern wir begeben uns in das der Erde verwandte Element, das Wasser, und verbergen uns in demselben, wie der Erlöser in der Erde, und indem wir Dieß dreimal thun, stellen wir in uns die Gnade der Auferstehung nach drei Tagen im Bilde dar. Und Dieß thun wir, indem wir nicht unter Stillschweigen das Geheimniß an uns vollziehen lassen, sondern indem die drei heiligen Personen über uns ausgesprochen werden, an die wir glauben, auf die wir hoffen, durch die das gegenwärtige und das zukünftige Leben uns zu Theil wird.


  1. Ebd. [Joh.] 3, 3. ↩

  2. Joh. 3, 8. ↩

  3. Exod. 4, 3. ↩

  4. Ebd. [Exod.] 17, 6. ↩

  5. Ebd. [Exod.] 7, 20. ↩

  6. Ebd. [Exod.] 8, 6. ↩

  7. IV. Kön. [II. Kön. nach neuerer Lesart] 2, 13 u. 1, 8. ↩

  8. Exod. 3, 2. ↩

  9. IV. Kön. [II. Kön. nach neuerer Lesart] 4, 35. ↩

  10. Joh. 9, 6. 7. ↩

  11. Ps. 103, 24. [hebr. Ps. 104, 24]. ↩

  12. Nämlich im Grabe. ↩

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