Edition
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De resurrectione carnis
XX.
[1] Ob huiusmodi igitur coniecturas primam praestructionem eorum depellam, qua volunt omnia prophetas per imagines contionatos: quando, si ita esset, ne ipsae quidem imagines distingui potuissent, si non et veritates praedicatae fuissent ex quibus imagines deliniarentur. [2] Atque adeo si omnia figurae, quid erit illud cuius figurae? Quomodo speculum obtendes si nusquam est facies? Adeo autem non omnia imagines sed et veritates, nec omnia umbrae sed et corpora, ut in ipsum quoque dominum insigniora quaeque luce clarius praedicarentur. [3] Nam et virgo concepit in utero non figurate, et peperit Emmanuelem, nobiscum deum [Iesum], non oblique: etsi oblique accepturam virtutem Damasci et spolia Samariae, sed manifeste venturum in iudicium cum presbyteris et archontibus populi. [4] Nam et tumultuatae sunt gentes in persona Pilati, et populi meditati sunt inania in persona Israelis: adstiterunt reges terrae, Herodes, et archontes congregati sunt in unum, Annas et Caiaphas, adversus dominum et adversus Christum eius: [5] qui et tanquam ovis ad iugulationem adductus est, et tanquam agnus ante tondentem, scilicet Herodem, sine voce, sic non aperuit os suum, dorsum suum ponens ad flagella et maxillas ad palmas, et faciem non avertens a sputaminum iaculis: deputatus etiam inter iniquos, perfossus manus et pedes, sortem passus in vestimento et potus amaros et capitum inridentium nutus, triginta argenteis adpretiatus a proditore. [6] Quae hic figurae apud Esaiam, quae imagines apud David, quae aenigmata apud Hieremiam, ne virtutes quidem eius per parabolas profatos? Aut numquid nec oculi patefacti sunt caecorum, nec inclaruit lingua mutorum, nec manus aridae et genua dissoluta revaluerunt, nec claudi salierunt ut cervus? [7] Quae etsi spiritaliter quoque interpretari solemus secundum comparationem animalium vitiorum a domino remediatorum, cum tamen et carnaliter adimpleta sunt ostendunt prophetas in utramque speciem praedicasse, salvo eo quod plures voces eorum nudae et simplices et ab omni allegoriae nubilo purae defendi possunt: [8] ut cum exitus gentium et urbium resonant, Tyri et Aegypti et Babylonis et Idumaeae et Carthaginensium navium, et cum ipsius Israelis plagas aut venias, captivitates restitutiones, ultimaeque dispersionis exitum perorant. [9] Quis haec interpretabitur magis quam recognoscet? res in litteris tenentur, litterae in rebus leguntur. Ita non semper nec in omnibus allegorica forma est prophetici eloquii, sed interdum et in quibusdam.
Übersetzung
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Über die Auferstehung des Fleisches. (BKV)
20. Cap. Sie behaupten mit Unrecht, die Propheten redeten nie im eigentlichen Sinne, sondern immer bildlich.
Wegen solcher Hypothesen also will ich nun ihr erstes Bollwerk zerstören, nämlich, dass sie behaupten, die Propheten hätten alles nur in Bildern verkündigt. Wenn das richtig wäre, so könnten die Bilder selber nicht mehr unterschieden werden, wofern nämlich nicht auch wirkliche Dinge vorausgesagt wurden, nach welchen die Bilder gezeichnet sind. Oder vielmehr, wenn alles nur Figuren sind, was wird denn das sein, wovon sie die Figuren sind? Wird man einen Spiegel vorhalten, wenn nirgendswo ein Gesicht ist? Mithin ist nicht alles Bild, sondern es gibt auch Wirklichkeiten, nicht alles Schatten, sondern es gibt auch Körper, dergestalt nämlich, dass einige wichtigere Prophezeiungen auf den Herrn selbst auch ganz klar lauten. Zum Beispiel, die Jungfrau empfing in ihrem Mutterleibe nicht figürlich und gebar den Emmanuel, den Gottmituns, nicht uneigentlicher Weise; und wenn er „die Kraft von Damaskus und die Beute von Samaria“1 auch in nur uneigentlicher Weise empfangen sollte, so sollte er doch in buchstäblicher Weise „wieder kommen zum Gericht mit den Ältesten und den Ersten des Volkes.“2 Denn es haben ja auch „gegen ihn getobt die Heiden“3 — in der Person des Pilatus — und „die Völker Eitles gegen ihn ersonnen“ — in der Person Israels. „Es haben die Könige der Erde dagestanden“ — Herodes — und „die Obrigkeiten sich gegen ihn versammelt,“ — Annas und Caiphas — „gegen den Herrn und seinen Gesalbten“. Er ist „wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt worden, und wie ein Schaf vor dem, der es schert“ — vor Herodes — „stumm ist, so öffnete er seinen Mund nicht“;4 „seinen Rücken gab er preis den Geisselhieben, seine Wangen den Backenstreichen, und sein Gesicht wandte er nicht ab vor dem Auswurf ihres Speichels. Er wurde unter die Gottlosen gerechnet; an Händen und S. 446 Füssen durchbohrt, über sein Gewand musste er das Los werfen lassen, den bittern Trank und das Kopfschütteln der Spötter hinnehmen, nachdem er von dem Verräter auf dreissig Silberlinge geschätzt war.“5
Wo sind in diesen Stellen des Isaias die Figuren, bei David die Bilder, die Gleichnisreden bei Jeremias? Nicht einmal seine Wunderkräfte haben sie in blossen Bildern prophezeit. Oder sind etwa den Blinden nicht die Augen geöffnet worden, hat die Zunge der Stummen keinen Laut gegeben, sind die erschlafften Hände und die wankenden Knie nicht wieder erstarkt, ist der Lahme nicht gesprungen wie ein Hirsch?6
Wenn wir diese Dinge allerdings auch in geistiger Weise zu deuten pflegen mit Beziehung auf die Heilung entsprechender Seelenfehler durch den Herrn, so sind sie doch, da sie auch in körperlicher Weise in Erfüllung gingen, ein Zeichen, dass die Propheten auf beide Arten geredet haben, wobei jedoch bestehen bleibt, dass ihre unverhüllten, eigentlichen und von jedem Schleier der Allegorie freien Aussprüche zahlreicher sind, wie z. B., wenn sie vom Untergang von Völkern und Städten, Tyrus, Ägypten, Idumäa, Karthago, sprechen, wie z. B. wenn sie über die Schläge und Begnadigungen, die Israel treffen, über seine Gefangenschaft, Befreiung und dessen endliche letzte Zerstreuung reden. Wer wird hier nach Interpretationen und nicht vielmehr nach blossen Anwendungen suchen? Die Thatsachen sind in dem Geschriebenen enthalten, sowie auch das Geschriebene in den Thatsachen gelesen wird. So ist die Form der prophetischen Ausdrucksweise nicht immer und nicht bei allen Dingen allegorisch, sondern nur zuweilen und bei einigen Dingen.