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Werke Tertullian (160-220) Einleitung zu Tertullian Allgemeine Einleitung zu Tertullian
Allgemeine Einleitung
§ 4. Tertullians Leben und Wirken.

4.

Da Tertullian im Jahre 194 nachweislich in Karthago war1, so haben wir damit seinen Lebenslauf aus dem Groben herausgearbeitet. Derselbe zerfällt in zwei ziemlich gleich lange Teile. Die erste Hälfte seines Lebens hat er in Rom zugebracht und dort das Amt eines Sachwalters (causidicus) ausgeübt, wie so viele seiner Landsleute. Bei seinem Scharfsinn und seiner kraftvollen Beredsamkeit konnte es ihm in dieser Laufbahn an Erfolgen nicht fehlen. Seit dem Jahre 193 aber finden wir ihn als vermögenden Privatmann in seiner Vaterstadt Karthago, wo er den Rest seines Lebens zubrachte. Das ist der äußere Umriß seines Lebenslaufes.

In der letzten Periode desselben war Tertullian Christ. Wo, wie und warum er es geworden, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen; sicher ist nur, daß der Anblick der Standhaftigkeit eines oder mehrerer Märtyrer im Angesichte des Todes, vielleicht daß der Senator Apollonias in Rom, der unter Commodus verurteilt und hingerichtet wurde, einen so tiefen und nachhaltigen Eindruck auf ihn machte, wie das ja ähnlich bei vielen Heiden der Fall war, und bewirkte, daß er in sich ging, seinen Lebenswandel änderte und zum Christentum übertrat. Dieser Schritt und vermutlich angegriffene Gesundheit haben ihn auch, wie es scheint, bewogen, seine Tätigkeit als Advokat aufzugeben und seinen Wohnsitz nach Karthago zu verlegen2.

Dort erregte die Art seines Auftretens, namentlich seine Art sich zu kleiden, die Aufmerksamkeit des Publikums. Er beliebte nämlich, dort nicht in dem gewöhnlichen römischen Staats- und Feierkleid, der Toga, dem Anzug der höheren Stände, besonders der Beamten und Juristen, öffentlich zu erscheinen, sondern trug über dem Unterkleid, der Tunica, nur das sog. Pallium, einen S. 36 primitiven, viereckigen Überwarf oder Mantel, das Gewand, woran man dazumal den Philosophen erkannte, welches auch der Philosoph und Märtyrer Justin in Rom zu tragen pflegte3. In Karthago erregte das Aufsehen. Wie geht das zu, sagten sich die Müßiggänger: Von der Toga zum Pallium? was ungefähr, nur in feinerer Weise, so viel bedeuten dürfte als bei uns: Vom Frack zum Kittel! Allein diese Sonderbarkeit war bei Tertullian doch keine bloße Grille, sondern hatte einen tieferen Grund. Es begann jetzt für ihn eine Zeit gelehrter und besonders philosophischer Beschäftigung.

Denn wann sollte er sonst seine tiefen und umfassenden Studien in der Philosophie und in der Bibel gemacht haben, wenn nicht damals in den letzten Jahrzehnten seines Lebens. Vorher als vielbeschäftigter Advokat hätte er keine Zeit dazu gehabt. Die Menge von Schriften, die er zitiert, konnte er nur in der Muße eines Privatmannes, der nicht von amtlichen Sorgen geplagt ist, lesen. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß es über hundert verschiedene Schriftsteller sind, die er in seinen Werken zitiert. In seinen früheren kleinen Schriften sind Zitate allerdings selten, aber sie mehren sich im Laufe der Zeit und begegnen uns in Masse in den Schriften über die Seelenlehre und andern derselben Periode. In der Hl. Schrift des Alten sowie des Neuen Testamentes ist er vollständig zu Hause und seine Belesenheit zeigt sich besonders in den Büchern gegen Marcion. Theologen zitiert er natürlich nur wenige, weil es zu seiner Zeit außer Hermas, Justin und Irenäus eben noch keine gab, aber Profanschriftsteller desto mehr. Am häufigsten zitiert er die antiken Philosophen aller Schulen und die Mediziner, insoferne sie für die Anthropologie und Psychologie etwas bieten.


  1. Den Nachweis bringt die Einleitung zu De pallio. ↩

  2. Monceaux, Hist. lit. de l'Afrique chrét, t. II sagt: Il était vite rentré dans sa chère Afrique. Eine sehr naive Auffassung. ↩

  3. Den längst abgetanen Irrtum, das Pallium sei das Gewand der Aszeten gewesen, hat jüngst Monceaux wieder aufgewärmt. ↩

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Allgemeine Einleitung zu Tertullian
Introductory Note to Tertullian

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