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Geschichte unseres herrlichen und allheiligen Vaters Mâr Gîwargîs (Georg), des Mönches, Bekenners und gekrönten Märtyrers, verlaßt vom heiligen Rabban Mâr Bâbai, dem Abte auf dem Berge Izalâ.2
Wenn du, Diakon Schâpûr, mir auch etwas anderes befohlen hättest, so hätte ich es sogleich getan. Denn wer kennt nicht dein in göttlichen Dingen berühmtes Geschlecht und besonders unseren Vater der Fremden, meinen Herrn Bûrzôê. Als ich bei dir in der Hauptstadt Mâchôzê war, batest du mich, dir das Leben des Gîwargîs zu schreiben, und vor einigen Tagen schriebst du mir dieselbe Bitte und auch viele Gläubige baten mich, es zu tun. Deshalb will ich jetzt eurer Bitte willfahren, die ihr zur Ehre des Krönungstages des Heiligen heute versammelt seid. Vor ungefähr dreiunddreißig Jahren schrieb ich die Geschichte des Abrahams von Kaschkar3, des Gründers dieses Klosters auf dem Izalâ. Später schrieb ich die Geschichte seines Nachfolgers Dâdischô' aus Bêt Dârâjê. Ferner die Ge- S. 222 schichte der Priester Johannan aus Marga4 und Râmischô' aus Kaschkar, die mehr als vierzig Jahre als Einsiedler mit Satan kämpften. Ferner die Geschichte aller Brüder, die in dieser Genossenschaft starben, die Geschichte des Ischô'sabran, der auch Châjê l'emmeh heißt, aus Karkâ de Bêt Slôk5, des Priesters und Märtyrers Abimelek aus Kardû6 und die des Johannes des Arabers aus Hira7, der in der Nähe unseres Klosters in einer Höhle lebte. Ferner die Geschichte des Priesters und Abtes Daniel aus Babel8, der als Zuflucht für die Reisenden in der Wüste ein Kloster baute; die Geschichte der heiligen Bekennerin und Nonne Maria, der Schwester des Märtyrers Gîwargîs, und die Geschichte des Metropoliten Gregor von Nisibis9, der wie Gîwargîs gemartert wurde.
S. 223 Die Heimat des Seligen war im Orient, in Ur der Chaldäer, in Babel der (sprachen)verwirrten, die Geschöpfe anbetenden und den Teufeln Trankopfer bringenden, in dem Gau (rûstâkâ) CHISCHTR10 und dem Dorfe PKWRI' DBNSCHBIL. Nach der Sitte der Großen hatte (die Familie) prächtige Häuser in Mâchôzê, wo der König den Winter zuzubringen pflegt. Sein Vater, namens Bâbai, war ehrenhalber und zur Sicherung der Grenzen Statthalter (ôstandârâ) in Nisibis. Sein Großvater, namens Abâ, war aus königlichem Stamme und Präfekt (ὕπαρχος) von Mâchôzê ch'edattâ. Der Vater seiner Mutter war Môpêt. Sein heidnischer Name war Mihrâmgûschnasp11. Auch hatte er eine Schwester, die im Heidentum Hazarôê12 hieß. Nachdem ihre Eltern als Heiden gestorben und sie als Waisen zurückgeblieben waren, erzog sie ihr Großvater, bis sie erwachsen waren. Mihrâmgûschnasp, der spätere Märtyrer Gîwargîs, wurde von Jugend an in der persischen Literatur gründlich unterwiesen und im Magiertum unterrichtet, so daß er, noch nicht sieben Jahre alt, entsprechend dem Irrtum des Magiertums das Opfergebet (jascht) verrichtete und die Barschôm(zweige) 13 hielt. S. 224 Als König Hôrmîzd das hörte, wunderte er sich sehr. Er ließ ihn kommen und befahl ihm, aus (den heiligen Schriften) des Magiertums zu rezitieren. Da er genau rezitierte, lachte der König, befahl, ihm ein Kissen14 zu geben, und sagte in seiner Weisheit, aus diesem Kinde würde etwas Großes werden. Da seine Eltern vornehmen Standes waren und der Knabe ein schönes Äußere und einen hellen Verstand hatte, wurde er unter die Diener an der königlichen Tafel aufgenommen, welche KWNWI heißen, und er erhielt die Ehre des Ranges eines PDKSCHR15. Nach der unreinen Heidensitte, welche jene Irrgläubigen als Gerechtigkeit festhalten, nahm er auch seine Schwester zur Frau.
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sic! ↩
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Von der sehr langen Einteilung gebe ich nur die wichtigsten Gedanken. ↩
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A. v. K. getauft i. J. 502, studierte in Nisibis, wirkte als Missionär in Hira, kam nach Ägypten, Palästina, Sinai, gründete ein berühmt gewordenes Kloster auf dem Berge J. bei Nisibis nach ägyptischen Mustern, † 8. Jan. 586. S. Kanonen bei Mai: Script, vet. n. coll. X, 290 ff. u. Chabot: Regulae monasticae ab A. et Dadjesu conditae (Rendiconti della r. accad. dei Lincei 1898). Sein Nachfolger Dâdischô' verpflichtete die Mönche auf den Glauben der „drei Väter„ des Nestorianismus. Beide oft genannt bei Thomas v. Marga: Historia monastica (ed. Wallis Budge, s. Register). Ischô'denah, Nr. 14. 38. Labourt, S. 316 ff. ↩
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Wahrscheinlich Bar 'Idta, ehenfalls ein Schüler des Abraham, der aus Marga gebürtig in seiner Heimat ein Kloster gründete. Ischô’ denah, Nr. 15. ↩
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Wahrscheinlich L, der mit dem bekannteren Johannes v. Dailam von Räubern nach Delum am Südwestufer des kaspischen Sees verschleppt wurde. Thomas v. Marga, a. a. 0. II, 23. Ischô’ denah, Nr. 104. ↩
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A. Lehrer in Balad u. Bêt Sâhdê. Ischô’ denah, Nr. 41 nennt ihn nicht Märtyrer. ↩
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I. aus Hira. Ischô' denah, 46. ↩
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D. v. Uruk (Erek). Ischö' denah, Nr. 31 nennt ihn Märtyrer. ↩
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G. v. Kaschkar, Nachfolger des auf der Synode des Sabrîschô’, Mai 596 abgesetzten Gabriel bar Rufina, der wahrscheinlich wegen seiner zweideutigen Haltung gegenüber den dogmatischen Streitigkeiten der Schule von Nisibis entfernt wurde. Die Vornehmen der Stadt protestierten gegen ihn; 800 rebellische Studenten wurden ausgewiesen. Der König warf den Eiferer ins Gefängnis und verbannte ihn in das Kloster des Scbâhdôst. Der Patriarch dachte den “lebendigen Märtyrer„ abzusetzen. Auf den Widerstand der Bischöfe wurde ihm erlaubt, in seine Heimat zurückzukehren. Eine Revolution der Nisibener wurde blutig niedergeschlagen. „So erfüllte sich der Fluch des G., und Mâr Sabrîschô’ war dessen Zeuge.“ Als der Patriarch während der Belagerung von Dara i. J. 604 gestorben war, wollten die Bischöfe G. wählen, aber ein Befehl des von den Monophysiten und Hamanianern beeinflußten Königs zwang ihnen den Gregor von Prât auf. Er starb nach Ischô' denah, Nr. 56 eines natürlichen Todes. ↩
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Hoffmann (S. 93) liest Nanêschtar, das er mit Nistar, südl. einer Linie Mesched-'Alî — Divanije am Eufrat zusammenstellt. ↩
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„Hengbt (aus der dem höchsten Adel angehörenden Familie) Mihrân.„ ↩
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Koseform von Hazarawucht, „tausend (Izeds) haben erlöst.“ ↩
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Baumzweige (Datteln, Granaten und Tamarisken werden besonders zu diesem Zwecke verwendet), welche der Priester beim Absingen der Liturgie bei manchen Gelegenheiten in der Hand halten muß. Spiegel in 571. Vgl. Acta S. Sirae: „Noch als Mädchen wurde sie den Magiern übergeben und in ihren verfluchten Tollheiten unterrichtet, so daß sie auch den geheimnisvollen Dienst, der Jast (ἰάσθ) genannt wird, lernte.„ Und: „Sie nahm die Hölzer, nach der dämonischen Überlieferung Zoroasters, mittels derer sie den magischen Dienst zu verrichten pflegte, . . . zerdrückte sie, zerstreute das Opfer, spie ins Feuer und löschte es aus.“ AA. SS. Mai IV 173, 176. Erscheint als großes Fest im Mart. Gregor: „Es kam der Tag, da er den Jascht der Sünde machen sollte. Alle Magier freuten sich und sagten: Heute ist ein großes Fest und viel Verguügen; mit verschiedenen Speisen werden wir erfreut, mit auserlesenen Gewändern geschmückt„ u. s. f. Bedjan, Histoire S. 854. ↩
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Eine Geldsumme von 700 zûz. ↩
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Hoffmann (8. 95) vermutet pers. pîschchwar, „Vorkoster“ ↩