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Rede an die Bekenner des Griechentums (BKV)
19.
(1) Da ihr von diesen Dingen keine Erkenntnis habt, so laßt euch von uns, den Wissenden, belehren, ihr Prediger der Todesverachtung und Askese. (2) Denn euere Philosophen wissen so wenig von Abtötung, daß einige vom römischen Kaiser jährlich 600 Dukaten für nichts und wieder nichts beziehen1 , damit sie nicht einmal ihren wallenden Bart umsonst wachsen zu lassen brauchen. (3) Crescens2 z. B., der sich in der Hauptstadt eingenistet hat, war der größte Päderast und der ärgste Geizhals. (4) Den Tod selbst, den er „verachtete“, fürchtete er so sehr, daß er sowohl dem Justinus wie auch mir den Tod, als sei er ein Übel, heraufzubeschwören suchte, weil Justinus in Verkündigung der Wahrheit die S. 225 „Philosophen“ als Schlemmer und Betrüger entlarvte: wer hätte also die Verpflichtung gehabt3, den „Philosophen“ geradezu vor Gericht zu ziehen, als eben nur ihr? (5) Fürwahr, wenn ihr in Übereinstimmung mit unserer Lehre sagt, man dürfe den Tod nicht fürchten, so (verwickelt euch nicht in Widersprüche zwischen Wort und Tat und)4 sterbt nicht aus irdischer Ruhmsucht wie Anaxarchos5, sondern werdet um der Erkenntnis Gottes willen Verächter des Todes6. (6) Der Bau der Welt ist gut, aber die Lebensführung darin ist schlecht und wie auf einem Jahrmarkt kann man Leute sehen, die gottvergessenen Gauklern Beifall klatschen. Wie stets denn mit der Weissagekunst? (7) Warum seid ihr von ihr betört? Zur Befriedigung irdischer Begierden dient sie dir. Willst du Krieg führen, so nimmst du Apoll zum Ratgeber bei deinen Mordanschlägen. Willst du ein Mädchen rauben, so verlangst du, daß dir der Böse7 behilflich sei. Hast du dir durch eigene Schuld eine Krankheit zugezogen, so wünschest du wie Agamemnon, zehn Götter möchten als Ratgeber mit dir sein8. (8) Da trinkt eine Wasser und rast9, durch Weihrauchdüfte gerät sie von Sinnen10, und du glaubst dann, eine solche Person weissage. Ein Vorherwisser war Apoll und S. 226 der Lehrer der Wahrsager: aber bei dem Fall mit Daphne hat er sich selber geschnitten11. (8) Sage mir, eine Eiche prophezeit und auch die Vögel künden die Zukunft: du aber stehst tiefer als Tiere und Pflanzen? Da wäre es ja gut für dich, ein weissagender Baumstamm zu werden und den Seglern der Lüfte das Fliegen abzulernen. (10) Will dich einer habgierig machen, so weissagt er dir auch vom Reichwerden; um Aufruhr und Kämpfe zu erregen, prophezeit er dir auch den Sieg im Kriege. (11) Bist du aber über die Leidenschaften erhaben, so wirst du auch alles in der Welt verachten. Wir tun das: also verabscheut uns nicht, sondern sagt euch von den Dämonen los und folget dem, der allein Gott ist. „Alles ist von ihm und ohne ihn ist nichts gemacht.“12 (12) Ist aber in dem Geschaffenen etwas Schädliches, so ist es durch unsere Sünde hineingekommen. Ich kann euch die ganze Wirtschaft aufdecken; ihr müßt nur hören und wer mir vertraut, wird zur Einsicht kommen.
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Vgl. Capitol. Antonin. Pius c. 11. ↩
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Vgl. Justin apol. II 3. ↩
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*lies: δ ἂν δέον καὶ, s. TsgA. S. 6; anders puech, Recherches p. 133, Anm. 1. ↩
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Vgl. Kap. XXVI 7. ↩
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S. Cic. Tusc. II 52; de deor. nat. III 52. ↩
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*S. TsgA S. 4 ff. ↩
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τὸ δαιμόνιον, vgl. Kap. VII 5 f. und Matth. 10,8. ↩
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Hom. Il. II 372. ↩
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Nach Lukian Hermot. 60, Bis acc. 1 (vgl. Aelian n. a. 11, 10 p. 275,1 Hercher) gerät die Pythia des delphischen Apoll in prophetische Verzückung, nachdem sie einen Trunk aus dem heiligen Quell Kassotis (Paus. X 24,7) getan hat. Das entspricht dem antiken Volksglauben, daß die im Wasser wirksame Nymphe den Menschen „wahnsinnig“ (ωυμφόληπτος, lymphatus) mache; s. Tambornino, De antiquorum daemonismo, Gießen 1909, S. 65; vgl. Wissowa, Relig. und Kultus d. Röm., 2. Aufl. 1912, S. 223 f. ↩
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Gemeint ist das πνεῦμα ἐνθουσιαστικός, der berauschende Aushauch der Erdspalte, über der die Pythia auf dem Dreifuß saß (s. Rohde, Pschyche II2, S. 60 f.). ↩
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S. zu Kap. VIII 12. ↩
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Joh. 1,3. ↩
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Address of Tatian to the Greeks
Chapter XIX.--Depravity Lies at the Bottom of Demon-Worship.
But do you, who have not the perception of these things, be instructed by us who know them: though you do profess to despise death, and to be sufficient of yourselves for everything. But this is a discipline in which your philosophers are so greatly deficient, that some of them receive from the king of the Romans 600 aurei yearly, for no useful service they perform, but that they may not even wear a long beard without being paid for it! Crescens, who made his nest in the great city, surpassed all men in unnatural love (paiderastia), and was strongly addicted to the love of money. Yet this man, who professed to despise death, was so afraid of death, that he endeavoured to inflict on Justin, and indeed on me, the punishment of death, as being an evil, because by proclaiming the truth he convicted the philosophers of being gluttons and cheats. But whom of the philosophers, save you only, was he accustomed to inveigh against? If you say, in agreement with our tenets, that death is not to be dreaded, do not court death from an insane love of fame among men, like Anaxagoras, but become despisers of death by reason of the knowledge of God. The construction of the world is excellent, but the life men live in it is bad; and we may see those greeted with applause as in a solemn assembly who know not God. For what is divination? and why are ye deceived by it? It is a minister to thee of worldly lusts. You wish to make war, and you take Apollo as a counsellor of slaughter. You want to carry off a maiden by force, and you select a divinity to be your accomplice. You are ill by your own fault; and, as Agamemnon 1 wished for ten councillors, so you wish to have gods with you. Some woman by drinking water gets into a frenzy, and loses her senses by the fumes of frankincense, and you say that she has the gift of prophecy. Apollo was a prognosticator and a teacher of soothsayers: in the matter of Daphne he deceived himself. An oak, forsooth, is oracular, and birds utter presages! And so you are inferior to animals and plants! It would surely be a fine thing for you to become a divining rod, or to assume the wings of a bird! He who makes you fond of money also foretells your getting rich; he who excites to seditions and wars also predicts victory in war. If you are superior to the passions, you will despise all worldly things. Do not abhor us who have made this attainment, but, repudiating the demons, 2 follow the one God. "All things 3 were made by Him, and without Him not one thing was made." If there is poison in natural productions, this has supervened through our sinfulness. I am able to show the perfect truth of these things; only do you hearken, and he who believes will understand.