6.
Weiter tat der Herr kund, daß wir, abgesehen von der Berufung, uns auch mit den Werken der Gerechtigkeit schmücken müssen, damit über uns der Geist Gottes ruhe. Das ist das hochzeitliche Kleid, von dem auch der Apostel redet, wenn er sagt: „Wir wollen nicht ausgezogen, sondern bekleidet werden, damit das Sterbliche von der Unsterblichkeit verschlungen werde“1 . Die aber zu dem Mahle Gottes berufen sind, wegen ihres schlechten Wandels jedoch den Hl. Geist nicht empfangen haben, die werden nach seinem Worte „in die äußerste Finsternis hinausgeworfen werden“2 . Es ist also offenbar derselbe König, der die Gläubigen von allen Seiten zu der Hochzeit seines Sohnes berufen hat und das unvergängliche Gastmahl ihnen schenkte, und andererseits in die äußerste Finsternis den werfen läßt, der kein hochzeitliches Kleid an hat, d. h. ihn verachtet. Denn wie in dem Alten Testamente er „an vielen von ihnen kein Wohlgefallen hatte“3 , so sind auch hier „viele berufen, wenige auserwählt“. Derselbe Gott also, der richtet, ist auch der Vater, der zum Heile beruft, er schenkt den einen das ewige Licht und läßt die, welche kein hochzeitliches Kleid anhaben, in die äußerste Finsternis hinauswerfen. Derselbe Herr, der Vater unseres Herrn, der die Propheten gesandt hat, beruft wegen seiner unendlichen Güte zwar Unwürdige, sieht aber darauf, ob die Berufenen auch ein geziemendes Kleid S. 452anhaben, wie es sich schickt für die Hochzeit seines Sohnes. Denn nichts Unpassendes oder Schlechtes kann ihm gefallen. So sagt ja auch der Herr zu dem, den er geheilt hatte: „Siehe, du bist gesund geworden, sündige nicht mehr, damit dir nicht etwas Schlimmeres geschehe“4 . Denn der Gute, Gerechte, Reine und Unbefleckte wird nichts Böses, Ungerechtes oder Abscheuliches in seinem Brautgemache dulden. Das ist aber der Vater unseres Herrn, durch dessen Vorsehung alles besteht, und auf dessen Befehl alles gelenkt wird. Unverdienterweise gibt er seine Geschenke, denen es zukommt; nach Verdienst aber vergilt er ganz geziemend den Undankbaren, die seine Güte nicht erkennen wollen, als gerechtester Vergelter, und deswegen heißt es: Er sandte seine Heere aus und vernichtete jene Mörder und zündete ihre Stadt an. Sein Heer aber heißt es, weil alle Menschen Gott gehören: „Des Herrn ist die Erde und ihre Fülle, der Erdkreis und alle, die darauf wohnen“5 . Und deshalb sagt Paulus im Römerbriefe: „Es gibt nämlich keine Gewalt außer von Gott. Die aber bestehen, sind von Gott angeordnet. Wer sich daher der Gewalt widersetzt, widersetzt sich der Anordnung Gottes; die sich aber widersetzen, ziehen sich selbst die Verdammnis zu. Denn die Fürsten sind nicht zum Schrecken für das gute Werk, sondern für das böse. Willst du aber die Gewalt nicht fürchten, dann tue Gutes, und du wirst davon Lob haben, denn Gottes Dienerin ist sie dir zum Guten. Wenn du aber Böses tust, so fürchte! Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Denn sie ist Gottes Dienerin, Rächerin zum Zorne für den, der Böses tut. Seid daher untertan, nicht bloß wegen des Zornes, sondern auch wegen des Gewissens. Deswegen zahlt ihr auch Abgaben, als Gottes Dienerinnen dienen sie gerade hierzu“6 . Der Herr also und die Apostel verkünden einen Gott Vater, den, der das Gesetz gab, die Propheten sandte und alles gemacht hat; und deswegen heißt es: „Er sandte seine Heere“7 , denn S. 453jeder Mensch, insofern er Mensch ist, ist sein Geschöpf, wenn er auch seinen Gott nicht kennen sollte. „Der seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse und regnet über Gerechte und Ungerechte“8 , dem verdanken auch alle ihr Dasein.