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Werke Clemens von Alexandrien (150-215) Protrepticus
10. Kapitel

95.

S. 171 1. Ihr habt, ihr Menschen, die göttliche Verheißung der Gnade; ihr habt andererseits auch die Androhung der Strafe gehört. Durch beides sucht Gott zu retten, indem er durch Furcht und Gnade den Menschen erzieht. Warum zögern wir? Warum weichen wir der Strafe nicht aus? Warum nehmen wir das Geschenk nicht an? Warum wollen wir nicht das Bessere, Gott statt des Bösen, wählen und die Weisheit dem Götzendienst vorziehen und Leben für Tod eintauschen?

2. „Siehe, ich habe vor euer Angesicht,“ so spricht er, „den Tod und das Leben gestellt.“1 Der Herr will dich dazu veranlassen, das Leben zu wählen;2 wie ein Vater rät er dir, Gott zu gehorchen. “Wenn ihr auf mich hört,“ sagt er, „und willig seid, so werdet ihr das Gute des Landes essen;“ auf den Gehorsam folgt die Gnade; „wenn ihr aber mir nicht gehorcht und nicht willig seid, dann wird euch Schwert und Feuer fressen;“ auf den Ungehorsam folgt das Gericht. „Denn der Mund des Herrn hat dies gesprochen,“3 und Gesetz der Wahrheit ist das Wort des Herrn.

3. Wollt ihr, daß ich euch ein guter Ratgeber werde? So höret mir denn zu! Ich aber will mich, wenn es möglich ist, als einen solchen erweisen. Wenn ihr über das Gute selbst nachdenken wollt, ihr Menschen, so müßtet ihr angeborenen Glauben zu Hilfe nehmen, einen ganz und gar glaubwürdigen Zeugen, der offenkundig das Beste wählt, und nicht erst untersuchen, ob das Gute zu erstreben ist, sondern euch eifrig darum bemühen.

4. Denn man sollte, um ein Beispiel zu bringen, im Zweifel sein, ob man sich berauschen darf; ihr aber berauscht euch, bevor ihr es überlegt; und ebensowenig macht ihr euch viele Mühe mit der Frage, ob ihr euch übermütig aufführen dürft, sondern tut es in aller Eile. Aber, so viel ich sehe, nur das eine überlegt ihr, ob man Gottesfurcht S. 172 üben soll, und ob man diesem weisen Gott und Christus nachfolgen soll, das haltet ihr für würdig des Nachdenkens und der Überlegung, da ihr euch nicht klargemacht habt, was das ist, was Gott gegenüber sich gebührt.


  1. Deut. 30, 15. ↩

  2. Ebd. 30, 19. ↩

  3. Is. 1, 19 f. Der hier fehlende Zusatz „und Feuer“ stammt aus Is. 33, 11. ↩

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