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Werke Clemens von Alexandrien (150-215) Protrepticus
4. Kapitel

57.

1. Wir müssen nun so nahe als möglich an die Götterbilder herantreten, damit schon aus dem Anschauen sich der Irrtum als untrennbar mit ihnen verbunden erweise; denn die Formen der Götterbilder tragen als ganz unverkennbares Gepräge die Eigenart der Dämonen an sich.

2. Wenn also jemand die Gemälde und Standbilder der Reihe nach betrachtet, wird er eure Götter sofort an ihren unwürdigen Darstellungen erkennen, den Dionysos an seiner Kleidung, den Hephaistos an seinem Werkzeug, die Deo an ihrer Trauer, an ihrem Schleier die Ino, an dem Dreizack den Poseidon, an dem Schwan den Zeus; den Herakles kennzeichnet der Scheiterhaufen; und wenn jemand ein Weib nackt dargestellt sieht, so weiß er, daß es die „goldene“1 S. 134 Aphrodite ist.

3.2 So verliebte sich jener Pygmalion von Kypros in eine elfenbeinerne Statue; die Statue war ein Bild der Aphrodite und war nackt. Der Kyprier wird von der schönen Form überwältigt und umarmt die Statue, und das erzählt Philostephanos.3 Eine andere Aphrodite in Knidos war aus Marmor und war schön; ein anderer verliebte sich in sie und vermählt sich mit ihr; Poseidippos4 erzählt es, der erstere in dem Buch über Kypros, der andere in dem über Knidos. In solchem Maß vermochte Kunst zu täuschen, daß sie lüsternen Menschen Verführerin zum Abgrund wurde.

4. Mächtige Wirkung hat die bildende Kunst, aber sie ist nicht imstande, ein vernünftiges Wesen oder gar solche zu täuschen, die vernunftgemäß gelebt haben. Zwar flogen wegen der Ähnlichkeit der Malerei zu gemalten Tauben andere Tauben hinzu,5 und schön gemalten Stuten wieherten Hengste zu.6 Ein Mädchen soll sich in ein Gemälde und ein schöner Jüngling in eine Knidische Statue verliebt haben, aber nur die Augen der Betrachtenden waren von dem Kunstwerk getäuscht.

5. Denn kein vernünftiger Mensch hätte eine Göttin umarmt oder sich mit einer Toten zusammen begraben lassen oder hätte sich in eine Gottheit oder in einen Stein verliebt. Euch aber berückt mit einem anderen Zauber die Kunst, die euch, wenn sie euch auch nicht zum Verlieben verführt, doch dazu bringt, daß ihr die Statuen und die Gemälde verehrt und anbetet.

6. Ähnlich ist freilich das Gemälde; so möge die Kunst zwar gelobt werden, aber sie soll den Menschen nicht täuschen, als ob sie Wirklichkeit wäre. Es steht das Pferd ruhig da, die Taube ist regungslos, untätig der Flügel; aber die aus Holz angefertigte Kuh des Daidalos betörte einen S. 135 wilden Stier; und durch ihre Täuschung zwang die Kunst das Tier, das verliebte Weib7 zu bespringen.


  1. Vgl. Hom. Od. 4, 14. ↩

  2. Zu 57, 3 vgl. Arnob. Adv. nat. VI 22. ↩

  3. Philostephanos Fr. 13 FHG III p. 31. ↩

  4. Poseidippos Fr. 1 FHG IV p. 482. ↩

  5. Vgl. Athen. XIII p. 605 F. ↩

  6. Vgl. Aelian, Var. hist. II 3. ↩

  7. Pasiphaë, Tochter des Helios, Gemahlin des Minos von Kreta; vgl. Diod. Sic. IV 77; Plut. Mor. p. 139 B. ↩

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