9.
Das ganze „Leben des Menschen auf Erden“ ist also, wie oben gesagt1, „eine Versuchung2“; deshalb wollen wir um „Erlösung“ von der Versuchung beten, nicht in dem Sinne, dass wir nicht versucht würden - denn dies ist unmöglich, besonders für die „auf Erden“ -, sondern in dem Sinne, dass wir der Versuchung nicht erliegen möchten. Ich nehme aber an, dass der bei der Versuchung Erliegende eingeht „in die Versuchung“ festgehalten in ihren „Netzen“. In diese „Netze“ ist wegen der vorher darin Gefangenen der Heiland eingegangen, und „herausschauend aus den Netzen3“ nach den Worten im Hohenlied „antwortet er“ denen, die darin schon vorher gefangen gehalten und „in die Versuchung“ eingegangen sind, und „spricht“ zu ihnen (wie) zu seiner Braut: „Stehe auf, komme meine Nachbarin, meine Schöne, meine Taube4!“ Ich will aber zu dem Gedanken, dass, um versucht zu werden, jede Zeit für die Menschen [eine Zeit] der Versuchung sei5, noch dies hinzufügen. Auch der, welcher „Tag und Nacht sich um das Gesetz Gottes bemüht6“ und das Wort zu verwirklichen strebt: „Der Mund des Gerechten wird sich um Weisheit bemühen7“ - auch dieser ist nicht frei von Versuchungen. S. 125