25. Von den Steuern und Zehnten und der Verpflichtung des Bifchofs, davon sowohl das Seinige zu nehmen, als auch Andern mitzutheilen
Zehnten und Steuern, welche nach dem Befehle Gottes gegeben werden, soll der Bischof als Mann Gottes verzehren; das, was für die Armen gebracht wird, soll er gut verwalten für die Waisen, Wittwen, für die Kranken und die dürftigen Fremdlinge. Für die Verwendung dieser Gaben hat er Gott Rechenschaft zu geben, von dem ihm die Obsorge für diese Personen übertragen ist. Vertheilet, o Bischöfe, an die Dürftigen nach Gerechtigkeit, und ihr selbst machet Gebrauch von den Gaben Gottes, aber treibet nicht Mißbrauch damit. Esset davon, aber verzehret es nicht allein — theilet es in Gemeinschaft mit den Armen, beleidiget Gott nicht! Denn wenn ihr allein die Gaben Gottes aufzehret, so werdet ihr von Gott als unersättliche Fresser, die nur an sich selbst denken, beschimpft werden. „Esset Milch und kleidet euch mit Wolle.”1 Und anderswo: „Wohnet ihr allein auf Erden?”2 Deßwegen ist auch im Gesetze euch befohlen: „Du sollst deinen Nächsten lieben S. 65 wie dich selbst.”3 Und Dieses sagen wir nicht in der Absicht, damit ihr von euren Arbeiten keine Frucht genießet, denn geschrieben steht: „Du sollst dem Ochsen, der da auf der Tenne drischt, nicht das Maul verschließen,”4 sondern damit ihr mäßig mit Gerechtigkeit genießet. Wie also der Ochs, der auf der Tenne arbeitet, ohne Zaum zwar frißt, aber nicht das Ganze verzehrt, so sollt auch ihr in der Tenne, d. i. in der Kirche Gottes arbeiten und von der Kirche leben, wie auch die Leviten, welche den Dienst im Zelte des Zeugnisses versahen, welches ein Vorbild der Kirche selbst war. Von da an hatten denn auch die Leviten, welche am Zelte saßen, von denjenigen Geschenken und Antheilen und Steuern und Zehnten und Opfern und Gaben, welche vom Volke als Gottes Speise dargebracht wurden, freien Antheil — sie selbst und ihre Weiber und ihre Söhne und Töchter. Und da ihr Dienst das Amt des Zeltes war, so ward ihnen nicht Grund und Boden durch's Loos unter den Söhnen Israels zu Theil, sondern die Gaben des Volkes waren das Loos Levirs, das Erbtheil seines Stammes. Ihr, o Bischöfe, seid heute dem Volke Priester und Leviten, indem ihr dem heiligen Zelte d. i. der heiligen katholischen Kirche dienet, am Altare des Herrn unseres Gottes steht und ihm die vernünftigen und unblutigen Opfer durch Jesum, den erhabenen Hohenpriester, darbringet. Ihr seid euren Laien Propheten, Fürsten und Führer und Könige, die Mittler Gottes und seiner Gläubigen, die Empfänger und Prediger des Wortes, die Schriftgelehrten und Stimmen Gottes und Zeugen seines Willens, die ihr die Sünden Aller traget und für Alle Rechenschaft geben müsset, welchen, wie ihr gehört, das Wort des Herrn mit schrecklichen Strafen droht, wenn ihr den Schlüssel der Erkentniß verberget, welche sich der Gefahr des ewigen Verderbens aussetzen, wenn sie nicht den Willen Gottes ihrem Volke verkünden, welchen bei Gott gewisser Lohn und un- S. 66 beschreibliche Glorie und Ehre hinterlegt ist, wenn sie im heiligen Zelte ihr Amt zur Zufriedenheit versehen haben; denn gleichwie die Last euer, so erntet ihr auch die Früchte der Verwaltung zur Nahrung und anderes Nothwendige. Denn ihr tretet in die Fußstapfen Christi des Herrn ein; gleich wie dieser die Sünden Aller am Kreuze getragen und unschuldig für die des Todes Schuldigen gekreuzigt wurde, so müsset auch ihr die Sünden des Volkes auf euch nehmen; denn vom Heiland ist bei Isaias gesagt: „Er selbst trägt unsere Sünden und empfindet Schmerz unsertwegen;”5 und wiederum: „Er hat die Sünden Vieler getragen, und wegen ihrer Ungerechtigkeit ist er überantwortet worden.”6 Wie also ihr Aufsicht führen müsset, so auch habet ihr Christum zum Aufseher, und wie er euer aller Vorbild ist, so muß euer Beispiel den Laien, welchen ihr vorstehet, voranleuchten. Glaubet ja nicht, die bischöfliche Würde sei eine geringe und leichte Bürde. Wie ihr daher die Last der Bürde traget, so sollt ihr auch an erster Stelle die Früchte empfangen und den Dürftigen mittheilen, damit ihr Rechenschaft geben könnt Demjenigen, der, wenn er als Richter über euch zu Gericht sitzt, nicht getäuscht werden kann. Es müssen daher Diejenigen, welche der Kirche dienen, von der Kirche ernährt werden, nämlich die Priester und Leviten, welche den Dienst des Herrn versehen. In Bezug auf die Priester steht im Buche Numeri geschrieben: „Und der Herr sprach zu Aaron: Siehe, ich habe dir die Hut meiner Erstlinge übergeben. Alles, was geheiliget wird von den Söhnen Israels, hab' ich dir und deinen Söhnen für das priesterliche Amt übergeben zur ewigen Gebühr. Das also sollst du nehmen von dem, was geheiligt und dem Herrn geopfert wird: alle Gaben und Speisopfer, und was als Sünd- und Schuldopfer mir gegeben wird und hochheilig ist, soll dein und deiner Söhne sein. Im Heiligthume sollst du es essen: und nur, was männlich ist, soll davon essen, weil es dir ge- S. 67 heiligt ist. Und die Erstlinge, welche die Söhne Israels geloben, und Opfer hab' ich dir gegeben und deinen Söhnen und Töchtern zur ewigen Gebühr; wer rein ist in deinem Hause, soll davon essen. Alles Beste des Öls und des Weines und des Getreides, was sie an Erstlingen dem Herrn opfern, hab' ich dir gegeben. Alle Erstlinge der Früchte, die das Land erzeugt und dem Herrn gebracht werden, sollen zu deinem Gebrauche sein: wer rein ist in deinem Hause, soll davon essen.”7
Höret Dieß auch, ihr Laien, die ihr die auserwählte Kirche Gottes bildet; denn auch das frühere Volk wurde Gottes Volk und ein heilig' Volk genannt,8und ihr seid also die hochheilige Kirche Gottes, eingeschrieben im Himmel,9 das königliche Priesterthum,10 das heilige Volk, das Volk der Auserwählung, die geschmückte Braut Gottes des Herrn. O du große, gläubige Kirche! Vernimm nochmals, was früher gesagt worden: Auflagen und Zehnten und Erstlinge gehören dem Hohenpriester, Christo und seinen Dienern. Höre, heilige, katholische Kirche, die du jenen zehn Plagen entkommen bist und jene zehn Worte d. i. den Dekalog erhalten hast und das Gesetz gelernt und an Jesum glaubst und dich nach seinem Namen nennst und bei der Vollendung seiner Glorie fest stehest und glänzest: was einst Opfer, das sind jetzt Gebete und Bitten und Danksagungen, was damals Erstlinge und Zehnten und Auflagen und Gaben, sind jetzt Opfergaben, welche von heiligen Bischöfen Gott dem Herrn dargebracht werden durch Jesum Christum, der für sie gestorben ist. Denn diese sind eure Hohenpriester, eure Priester sind die Presbyter, und eure Leviten sind jetzt die Diakonen und eure Vorleser und die Sänger und die Ostiarier euere Diakonissinen und Wittwen und Jungfrauen und Waisen: Dieser aller Oberer aber ist der Hohepriester. S. 68