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Lobrede auf Origenes (BKV)
16.
S. 254 Das war in Wirklichkeit ein Lustgarten, eine wahre Freude und Wonne, in welcher ich die abgelaufene Zeit hindurch schwelgte, eine Zeit, die einerseits keine kurze mehr ist, aber andererseits eine äußerst kurze, wenn sie jetzt mit meiner Abreise und meiner Trennung von diesem Orte bereits zu Ende gehen soll. Ich weiß nicht, was mir widerfahren ist oder was ich abermals verschuldet habe, daß ich hinausziehe, ja hinausgetrieben werde. Ich weiß nicht, was ich anderes sagen soll, als daß ich ein zweiter aus dem Paradiese vertriebener Adam bin und erst angefangen habe zu lallen. Wie schön lebte ich doch, als ich auf meinen Lehrer hörte und schwieg. O könnte ich doch auch jetzt noch in aller Ruhe den Schüler machen und schweigen anstatt dieses neuen Schauspiels, daß der Lehrer die Rolle des Zuhörers spielt! Wozu denn eigentlich bedurfte ich dieser Worte? und wozu diese Ansprache, da ich nicht fortgehen, sondern ausharren sollte? Aber dies scheinen Verirrungen zu sein, die in jener uralten Überlistung ihre Wurzel haben, und jetzt stehen mir bereits die Strafen unserer Ahnen bevor. Oder ich kann auch sagen, es kommt mir vor, als ob ich eine Wiederholung ihres Ungehorsams begehe, indem ich Gottes Worte zu übertreten wage, während ich doch in ihnen und bei ihnen verbleiben sollte. Wenn ich aber fortgehe, so fliehe ich von diesem glücklichen Leben hinweg, gerade so, wie jener Mensch der Urwelt von dem Angesichte Gottes hinweg floh, und ich kehre zur Erde zurück, von der ich genommen wurde; Erdenstaub werde ich deshalb essen alle Tage meines dortigen Lebens und die Erde bearbeiten, die mir dazu nur Dornen und Disteln hervorbringt, nämlich meine Schmerzen und schimpflichen Sorgen, nachdem ich meine schönen und edlen Sorgen preisgegeben habe. Und das, was ich verlassen habe, zu dem kehre ich wieder zurück, zur Erde nämlich, von der ich hergekommen bin, zu meiner irdischen Verwandtschaft und in das Haus meines Vaters und ich verlasse das gute Land, wo meine gute Heimat war, ohne daß ich sie früher kannte, und ich verlasse Verwandte, an denen ich, wie ich erst später zu erkennen anfing, vertraute Freunde meiner S. 255 Seele hatte, ich verlasse endlich mein wahres Vaterhaus, in welchem mein Vater zurückbleibt und von seinen wahren Söhnen, die dort zu bleiben entschlossen sind, glänzend geehrt und ausgezeichnet wird. Ich hingegen ziehe von da hinweg unedel und unwürdig, da ich mich umwende und wieder zurückkehre. Es wird erzählt1, daß sich ein Sohn von seinem Vater den Vermögensanteil, der ihm seinem andern Bruder gegenüber zukam, herausgeben ließ und aus freier Willensentscheidung den Vater verließ und in ein entferntes Land verreiste; durch liederlichen Lebenswandel aber habe er sein väterliches Vermögen verschleudert und aufgezehrt; zuletzt habe er sich in seiner Not als Schweinehirt verdingt, aber vom Hunger gequält habe er sogar Verlangen gefühlt von dem Futter der Schweine einen Teil zu bekommen; doch nicht einmal das sei ihm gewährt worden. So mußte er denn büßen für sein ausschweifendes Leben, nachdem er für den väterlichen Tisch, der doch ein fürstlicher war, die Nahrung der Schweine in der Stellung eines Taglöhners eingetauscht hatte, die ihm vorher nicht in den Sinn gekommen wäre. Etwas Ähnliches scheint mir bevorzustehen, da ich von hier hinweggehe und zwar nicht einmal mit dem ganzen Vermögensanteil, der mich trifft; denn ohne das Nötige mitzunehmen werde ich gleichwohl dahinziehen, die schönen und teuren Güter in deinem Kreise und Bereiche zurücklassend und dafür Dinge von geringerem Werte eintauschend. Es erwartet mich ja nur eine düstere Zukunft, Lärm und Aufregung statt des bisherigen Friedens und statt der bisherigen Ruhe und Ordnung ein regelloses Leben; statt der bisherigen Freiheit aber schwere Knechtschaft, Gerichtsverhandlungen, Prozesse, aufregende Geschäfte, Wohlleben. Und für edlere Bestrebungen bleibt mir auch nicht die geringste Zeit mehr übrig. Nicht mehr soll ich die göttlichen Aussprüche im Munde führen; dafür soll ich im Munde führen die Werke der Menschen; das S. 256 für sich allein schon hat ein gotterleuchteter Mann2 als eine Art von Fluch angesehen, ich aber soll sogar von den Werken schlechter Menschen zu reden haben3. Wahrhaftige Nacht erwartet mich statt des bisherigen Tages, statt des bisher glänzenden Lichtes Finsternis, statt des bisherigen Festjubels Trauer, statt der bisherigen Heimat ein feindliches Land, wo ich kein heiliges Lied mehr singen darf4, — denn wie sollte ich das in einem Lande, das meiner Seele fremd ist, und wo ich bleiben soll ohne meinem Gott nahen zu dürfen? — dagegen nur weinen und seufzen in der Erinnerung an das, was ich hier gehabt, und vielleicht wird man mir das nicht einmal gestatten. Es wird erzählt5, daß einst in eine große und heilige Stadt, wo die Gottheit verehrt wurde, die Feinde eindrangen und die Bewohner, die Sänger und Gottesgelehrten als Gefangene mitfortschleppten in ihr Land, und das war Babylon. Die aber, welche dorthin abgeführt wurden, hätten nicht einmal auf Verlangen ihrer Besieger Lust gehabt ihren Gott zu besingen und in unheiligem Lande ihre Saiten ertönen zu lassen, sondern ihre Musikinstrumente an den Weiden befestigt und aufgehängt, sie selbst aber hätten Tränen vergossen an den Flüssen Babylons. Mir kommt es gerade vor, als sei ich einer von ihnen, vertrieben aus dieser Stadt, in der ich mich so heimisch fühle, aus dieser heiligen Stadt, wo Tag und Nacht die heiligen Gesetze, Loblieder und Gesänge und Reden voll tiefer Geheimnisse an unser Ohr tönen, wo das Sonnenlicht ohne Unterbrechung leuchtet, indem wir tagsüber in die göttlichen Geheimnisse eindringen und während der Nacht in der Vorstellung dessen befangen sind, was der Geist am Tage gesehen und behandelt hat, wo überhaupt, um es kurz zu sagen, durchweg die gottbegeisterte Erleuchtung weht. Aus dieser Stadt werde ich vertrieben und als Gefangener in ein fremdes Land geschleppt, wo ich nicht mehr in Tönen der Musik meinem Schmerze Ausdruck geben darf, weil ich auch wie jene mein S. 257 Instrument an den Weiden aufgehängt habe, sondern wo ich an den Flüssen verweilen und im Schlamme meine Arbeit verrichten und meine Lieder nicht mehr werde singen wollen, wenn ich ihrer gedenke; vielleicht aber werde ich sie infolge meiner sonstigen Beschäftigung, die so unedel ist, sogar vergessen, in meinem Gedächtnis geschwächt. Wenn ich aber noch dazu bei meinem Fortziehen nicht nur nicht mit Widerstreben fortgehe wie ein Gefangener, sondern sogar aus freiem Entschluß, nicht von jemand anderem, sondern von mir selbst besiegt, da es mir ja freistünde dazubleiben, so werde ich bei meinem Weggang von hier vielleicht nicht einmal in Sicherheit reisen können wie einer, der aus einer festen und friedlichen Stadt fortzieht; und es kann recht wohl geschehen, daß ich auf meinem Wege unter Räuber gerate6, von ihnen gefangen, entblößt und mit vielen Wunden bedeckt werde und dann irgendwo hingeworfen halbtot liegen bleibe.
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The Oration and Panegyric Addressed to Origen
Argument XVI.--Gregory Laments His Departure Under a Threefold Comparison; Likening It to Adam's Departure Out of Paradise. To the Prodigal Son's Abandonment of His Father's House, and to the Deportation of the Jews into Babylon.
Here, truly, is the paradise of comfort; here are true gladness and pleasure, as we have enjoyed them during this period which is now at its end--no short space indeed in itself, and yet all too short if this is really to be its conclusion, when we depart and leave this place behind us. For I know not what has possessed me, or what offence has been committed by me, that I should now be going away--that I should now be put away. I know not what I should say, unless it be that I am like a second Adam and have begun to talk, outside of paradise. How excellent might my life be, were I but a listener to the addresses of my teacher, and silent myself! Would that even now I could have learned to be mute and speechless, rather than to present this new spectacle of making the teacher the hearer! For what concern had I with such a harangue as this? and what obligation was there upon me to make such an address, when it became me not to depart, but to cleave fast to the place? But these things seem like the transgressions that sprung from the pristine deceit, and the penalties of these primeval offences still await me here. Do I not appear to myself to be disobedient 1 in daring thus to overpass the words of God, when I ought to abide in them, and hold by them? And in that I withdraw, I flee from this blessed life, even as the primeval man fled from the face of God, and I return to the soil from which I was taken. Therefore shall I have to eat of the soil all the days of my life there, and I shall have to till the soil--the very soil which produces thorns and thistles for me, that is to say, pains and reproachful anxieties--set loose as I shall be from cares that are good and noble. And what I left behind me before, to that I now return--to the soil, as it were, from which I came, and to my common relationships here below, and to my father's house--leaving the good soil, where of old I knew not that the good fatherland lay; leaving also the relations in whom at a later period I began to recognise the true kinsmen of my soul, and the house, too, of him who is in truth our father, in which the father abides, and is piously honoured and revered by the genuine sons, whose desire it also is to abide therein. But I, destitute alike of all piety and worthiness, am going forth from the number of these, and am turning back to what is behind, and am retracing my steps. It is recorded that a certain son, receiving from his father the portion of goods that fell to him proportionately with the other heir, his brother, departed, by his own determination, into a strange country far distant from his father; and, living there in riot, he scattered his ancestral substance, and utterly wasted it; and at last, under the pressure of want, he hired himself as a swine-herd; and being driven to extremity by hunger, he longed to share the food given to the swine, but could not touch it. Thus did he pay the penalty of his dissolute life, when he had to exchange his father's table, which was a princely one, for something he had not looked forward to--the sustenance of swine and serfs. And we also seem to have some such fortune before us, now that we are departing, and that, too, without the full portion that falls to us. For though we have not received all that we ought, we are nevertheless going away, leaving behind us what is noble and dear with you and beside you, and taking in exchange only what is inferior. For all things melancholy will now meet us in succession,--tumult and confusion instead of peace, and an unregulated life instead of one of tranquillity and harmony, and a hard bondage, and the slavery of market-places, and lawsuits, and crowds, instead of this freedom; and neither pleasure nor any sort of leisure shall remain to us for the pursuit of nobler objects. Neither shall we have to speak of the words of inspiration, but we shall have to speak of the works of men,--a thing which has been deemed simply a bane by the prophet, 2 --and in our case, indeed, those of wicked men. And truly we shall have night in place of day, and darkness in place of the clear light, and grief instead of the festive assembly; and in place of a fatherland, a hostile country will receive us, in which I shall have no liberty to sing my sacred song, 3 for how could I sing it in a land strange to my soul, in which the sojourners have no permission to approach God? but only to weep and mourn, as I call to mind the different state of things here, if indeed even that shall be in my power. We read 4 that enemies once assailed a great and sacred city, in which the worship of God was observed, and dragged away its inhabitants, both singers and prophets, 5 into their own country, which was Babylon. And it is narrated that these captives, when they were detained in the land, refused, even when asked by their conquerors, to sing the divine song, or to play in a profane country, and hung their harps on the willow-trees, and wept by the rivers of Babylon. Like one of these I verily seem to myself to be, as I am cast forth from this city, and from this sacred fatherland of mine, where both by day and by night the holy laws are declared, and hymns and songs and spiritual words are heard; where also there is perpetual sunlight; where by day in waking vision 6 we have access to the mysteries of God, and by night in dreams 7 we are still occupied with what the soul has seen and handled in the day; and where, in short, the inspiration of divine things prevails over all continually. From this city, I say, I am cast forth, and borne captive to a strange land, where I shall have no power to pipe: 8 for, like these men of old, I shall have to hang my instrument on the willows, and the rivers shall be my place of sojourn, and I shall have to work in mud, and shall have no heart to sing hymns, even though I remember them; yea, it may be that, through constant occupation with other subjects, I shall forget even them, like one spoiled of memory itself. And would that, in going away, I only went away against my will, as a captive is wont to do; but I go away also of my own will, and not by constraint of another; and by my own act I am dispossessed of this city, when it is in my option to remain in it. Perchance, too, in leaving this place, I may be going to prosecute no safe journey, as it sometimes fares with one who quits some safe and peaceful city; and it is indeed but too likely that, in journeying, I may fall into the hands of robbers, and be taken prisoner, and be stripped and wounded with many strokes, and be cast forth to lie half-dead somewhere.
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apeithein. Bengel and Hoeschelius read apelthein, withdraw. ↩
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haplous ara tis einai nenomistai andri prophete. Migne refers us to Ps. xvii. ↩
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Ps. cxxxvii. ↩
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2 Kings xxiv.; xxv. ↩
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theologous, used probably of the prophets here--namely of Ezekiel, Daniel, and others carried into exile with the people. On this usage, see Suicer's Thesaurus, under the word theologos, where from the pseudo-Areopagite Dionysius he cites the sentence, ton theologon heis, ho Zacharias, and again, heteros ton theologon 'Iezekiel. ↩
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The text is, kai phos to heliakon kai to dienekes, hemeras huper hemon prosomilounton tois theios musteriois kai nuktos hon en hemera eide te kai epraxen he psuche tais phantasiais katechomenon . Bengel proposes hupar for huper, so as to keep the antithesis between hemeras hupar and nuktos phantasiais; and taking hemeras and nuktos as temporal genitives, he renders the whole thus: cum interdiu, per visa, divinis aderamus sacramentis: et noctu earum rerum, quas viderat de die atque egerat anima, imaginibus detinebamur. ↩
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["In dreams I still renew the rites," etc.--William Croswell.] ↩
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aulein. The Jews had the harp, and so the word psallein is used of them in the preceding. But here, in speaking of himself, Gregory adopts the term oute aulein, ne tibia quidem canere. Bengel supposes that the verb is changed in order to convey the idea, that while the Jews only had to give up the use of instruments expressive of joyful feeling, Gregory feared he would himself be unable to play even on those of a mournful tone,--for in ancient times the pipe or flute was chiefly appropriated to strains of grief and sadness. ↩