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Werke Athanasius von Alexandrien (295-373) Contra Gentes Gegen die Heiden (BKV)

30.

Im vorausgehenden haben wir eigentlich nur die Verirrung des menschlichen Lebens bloßgelegt; der Weg der Wahrheit aber wird den wahrhaft seienden Gott zum Ziele haben. Zu dessen Erkenntnis und tieferer Erfassung benötigen wir aber nicht andere, sondern uns selbst. Wohl ist Gott selbst über alles erhaben; doch nicht ebenso ist der Weg zu ihm uns ferne oder außerhalb von uns; vielmehr ist er in uns, und wir können seinen Ausgang in uns finden, wie auch Moses lehrte mit den Worten: „Das Wort des Glaubens ist in unseren Herzen“1. Ebenso gab auch der Herr zu verstehen und beteuerte: „Das Reich Gottes ist in euch“2. Weil wir nämlich inwendig in uns selbst den Glauben und das Reich Gottes haben, so können wir den König des Weltalls, den heilbringenden Logos des Vaters, leicht betrachten und erkennen. Und es sollen die götzendienerischen Heiden ja nicht sich hinausreden noch auch sonst jemand sich einfach täuschen, als ob ihnen dieser Weg nicht offen stünde und sie daher eine Ausflucht für ihren Atheismus fänden. Denn wir alle haben diesen Weg betreten und haben ihn (wenigstens), wenn auch nicht alle ihn gehen, sondern wegen der von außen S. 576 lockenden Lüste des Lebens von ihm abbiegen und ihn verlassen wollen. Und sollte jemand nach diesem Weg fragen, so entgegne ich einfach: es ist die Seele eines jeden und der Geist in ihr3. Denn nur durch ihn kann Gott betrachtet und erkannt werden, es müßten denn nur die Gottlosen so, wie sie Gott leugneten, auch sich verbitten, eine Seele zu haben, wozu sie übrigens mehr Grund hätten als zu ihren übrigen Behauptungen. Wer nämlich einen Geist hat, wird dessen Schöpfer und Bildner nicht leugnen. Daß nun jeder Mensch eine Seele hat, und zwar eine vernünftige, das muß man der Einfältigen wegen in Kürze dartun, zumal auch einige Häretiker4 eine solche leugnen und glauben, der Mensch sei weiter nichts als die sichtbare Körpergestalt. Mit ihrer Konstatierung soll es ihnen dann ermöglicht werden, in sich selbst einen noch schlagenderen Beweis gegen ihre Götzen zu finden.


  1. Deut. 30, 14. ↩

  2. Luk. 17, 21. ↩

  3. Vgl. c. 26. ↩

  4. z. B. die Ophiten. ↩

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