10.
Schon wollen indes einige Naturforscher1 mit lautem Wortschwall behaupten, die Erde sei unbeweglich, und zwar aus etwa folgenden Gründen: Weil sie ja die Mitte der Welt einnehme und wegen ihres überall gleichen Abstandes von den äußersten Enden nach keiner Seite hin gravitiere, müsse sie notwendig für sich bleiben; eine Deklination nach irgendeiner Seite hin sei für sie gänzlich ausgeschlossen, da ringsum auf allen Seiten das Gleichgewicht bestehe. Den Mittelpunkt bilde die Erde aber nicht etwa von ungefähr oder aus Zufall, vielmehr sei diese ihre (zentrale) Stellung die natürliche und notwendige. Da der himmlische Körper nach oben die äußerste Stelle einnimmt, alle schweren Gegenstände aber nach unserer Annahme von oben S. 21 herabfallen, so sagen sie, es werden diese Gegenstände von allen Seiten der Mitte zugetrieben. Wohin aber die Teile strebten, dahin gravitiere offenbar auch das Ganze. Wenn nun Steine, Holz und alle erdverwandten Stoffe nach unten drängen, so sei da (unten) wohl auch für die ganze Erde die eigentliche und passende Lage. Wenn aber etwas Leichtes von der Mitte aufsteige, so werde es offenbar bis zu oberst emporgetrieben. Die Bewegung nach unten sei also den schwersten Körpern eigen; das unten ist aber dem Gesagten zufolge die Mitte. Wundere dich also nicht, wenn die Erde als natürlicher Mittelpunkt nach keiner Seite hin ausweicht. Sie muß doch absolut notwendig an ihrer Stelle verbleiben und könnte nur durch eine unnatürliche Bewegung ihre Lage ändern2. Sollte dir von diesen Behauptungen die eine oder andere annehmbar klingen, so gelte dein Staunen der Weisheit Gottes, die dies so angeordnet hat. Das Staunen ob so großer Dinge wird ja nicht abgeschwächt, wenn man die Art und Weise ergründet, wie etwas Staunenswertes zustande kommt. Verhält es sich aber anders, so soll die Einfalt des Glaubens stärker sein als der Vernunftbeweis.