• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Basilius von Cäsarea (330-379) Epistulae Ausgewählte Briefe (BKV)
XIX. (Mauriner-Ausgabe Nr. 42) An seinen Schüler Chilo

2.

So ist denn vergeblich die Anstrengung des Gerechten, unsträflich aber des Sünders Wandel, wenn ein Umschwung eintritt, d. h. wenn sich der erste von der Tugend zum Laster, der letztere vom Laster zur Tugend sich wendet. Das kann man auch Ezechiel gleichsam in der Person des Herrn lehren hören. „Denn wenn der Gerechte”, sagt er, „sich abkehrt (von der Gerechtigkeit) und Sünde begehrt, so werde ich seiner früheren gerechten Handlungen nicht mehr gedenken; vielmehr wird er in seiner Sünde sterben1.” Ebenso sagt er aber auch vom Sünder: „Wenn er in sich geht und Gerechtigkeit übt, so wird er darin fortleben2.” Wo blieben S. 83 denn all die vielen Anstrengungen des Dieners Moses, da ihm ein momentaner Widerspruch den Eingang in das Gelobte Land verschloß? Was half auch Giezi sein Umgang mit Elisäus, da er sich durch Habsucht den Aussatz zuzog? Was Salomon die Fülle seiner Weisheit und seine früher so große Liebe3 zu Gott, wenn er später aus unsinniger Weiberliebe in Götzendienst verfiel? Ja, nicht einmal den seligen David ließ seine Verirrung, in der er sich gegen die Gattin des Urias verging, schuldlos. Es genügt aber auch der Umfall des Judas von der Tugend zum Laster4, um den zu warnen, der einen gottgefälligen Wandel führen will. Denn er war so lange ein Jünger Christi und verkaufte dennoch später seinen Meister eines kleinen Gewinnes wegen und drehte sich selbst den Strick. Das mußt Du Dir also gesagt sein lassen, Bruder, daß nicht der vollkommen ist, der gut anfängt, sondern der bei Gott bewährt ist, der gut abschließt. Gönne also Deinen Augen keinen Schlaf, Bruder, und keinen Schlummer Deinen Augenlidern, auf daß Du gerettet werdest wie ein Reh aus dem Jägergarn, wie ein Vogel aus den Schlingen. Sieh doch, wie Du mitten durch Schlingen wandelst und oben auf einer hohen Mauer wandelst, von der herab ein Fall für den Betroffenen nicht ungefährlich ist. Daher erstrebe nicht gleich den Gipfel der Aszese, und vor allem vertraue nicht auf Dich selbst, damit Du nicht aus Unerfahrenheit von der Höhe der Aszese herabfällst. Besser ist ja ein allmählicher Fortschritt. Daher gib nach und nach die Vergnügen des Lebens auf und lege so jede Gewohnheit ab, damit Du nicht bei gleichzeitigem Kampfe gegen alle Gelüste Dir eine Menge Versuchungen bereitest. Bist Du aber einmal über eine Leidenschaft starkmütig Herr geworden, dann rüste Dich gegen die zweite, und so wirst Du mit der Zeit über alle Gelüste Herr werden. Für die Sinnenlust gibt es nureinen Namen; aber ihre Wirkungen sind verschieden. So sei denn, mein Bruder, zuerst standhaft gegen jede Versuchung! Mit welchen S. 84 Versuchungen aber wird der Gläubige versucht? Mit zeitlichem Verlust, Anklagen, Lügen, Widersetzlichkeiten, Verleumdungen und Verfolgungen? Ja, auf diese und ähnliche Dinge wird der Gläubige geprüft. Sodann sei auch ruhig, nicht voreilig im Reden, nicht streitsüchtig, nicht rechthaberisch, nicht ruhmsüchtig, nicht schwatzhaft, sondern verlässig; sei kein Wortheld, sei aber immer bereit zum Lernen, nicht zum Lehren! Kümmere Dich nicht neugierig um irdische Lebensfragen! Daraus erwächst Dir kein Gewinn. Es heißt ja: „Nicht rede mein Mund von Menschenwerken5!” Wer nämlich gern vom Treiben der Sünder redet, weckt leicht die Lüste gegen sich auf. Kümmere Dich dagegen um das Leben der Gerechten; damit wirst Du für Dich selbst Gewinn ernten. Liebe nicht die Öffentlichkeit, indem Du in den Dörfern und Häusern herumläufst, sondern fliehe sie als Fallstricke der Seele! Ladet Dich aber jemand aus großer Frömmigkeit in sein Haus — verschiedener Gründe wegen, so lerne ein solcher dem Glauben des Hauptmanns folgen, der es wehrte, daß Jesus einer Heilung wegen zu ihm eilte und sprach: „Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehest unter mein Dach, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund6.” Als aber Jesus zu ihm sagte: „Gehe hin; wie du geglaubt hast, so soll dir geschehen7”, da ward der Knecht in derselben Stunde gesund. Das also mußt Du wissen, Bruder, daß nicht die Gegenwart Christi, sondern der Glaube des Bittstellers den Kranken gesund gemacht hat. Ebenso wird jetzt, wenn Du an dem Orte, wo Du bist, betest, und der Kranke das Vertrauen hat, daß ihm auf Deine Bitten hin geholfen werde, ihm alles nach Wunsch gehen.


  1. Ezech. 18, 24. ↩

  2. Ezech. 18, 27. 28. ↩

  3. εὔνοια [eunoia] ist wohl mit einigen Herausgebern zu lesen statt ἔννοια [ennoia]. ↩

  4. ἀπὸ τοῦ κϱείττονος εἰς τὸ χεῖϱον μετάπτωσις [apo tou kreittonos eis to cheiron metaptōsis]. ↩

  5. Ps. 16, 4 [Hebr. Ps. 17, 4]. ↩

  6. Matth. 8, 8. ↩

  7. Matth. 8, 13. ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (309.20 kB)
  • epubEPUB (291.57 kB)
  • pdfPDF (1.05 MB)
  • rtfRTF (846.02 kB)
Übersetzungen dieses Werks
Ausgewählte Briefe (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung