I.
Der erste unter den Märtyrern in Palästina wurde Prokopius1 . Ohne vorherige Gefängnishaft wurde er unmittelbar vom Eingangstore weg vor den Richterstuhl des Statthalters geführt; aber auf den Befehl, den sogenannten Göttern zu opfern, erklärte er, nur einen Gott zu kennen, dem man so opfern müsse, wie er es selbst wolle; und auf den Befehl, auch den vier2 Kaisern ein S. 276Trankopfer zu bringen, zitierte er das Wort des Dichters:
„Nicht ist von Segen die Herrschaft von vielen; nur einer soll Herr sein, Einer der König“3 .
Und kaum hatte er das Wort gesprochen, das ihnen nicht gefiel, ward er enthauptet. Es war am siebenten Tage des Monats Däsius — sieben Tage vor den Juniiden würden die Römer sagen —, an einem Dienstage, als dieses erste Martyrium zu Cäsarea in Palästina stattfand4 . Danach ertrugen in derselben Stadt zahlreiche Bischöfe der benachbarten Kirchen freudigen Herzens furchtbare Martern und es war ein Schauspiel von gewaltigen Kämpfen, das sie damit den Zuschauern boten. Andere freilich verloren feige gleich den Mut und erlagen schon dem ersten Angriff. Die andern alle aber hatten verschiedene Arten von Martern zu erdulden, bald ungezählte Geißelstreiche, bald Folterung und Zerfleischung der Seiten und unerträgliche Fesselung, bei der ihnen sogar die Hände ausgerenkt wurden. Gleichwohl blieb ihnen auch noch ein Letztes nicht erspart, wie es ihnen nach Gottes unerforschlichen Ratschlüssen bestimmt war. Da ergriffen mehrere einen an beiden Händen, führten ihn zum Altar und ließen das verruchte und fluchwürdige Opfer von seiner rechten Hand herabgleiten; er wurde entlassen, wie wenn er geopfert hätte. Ein anderer hatte das Opfer nicht im geringsten berührt, konnte aber dennoch ruhig von dannen gehen, da einige erklärten, er habe geopfert. Wieder ein anderer wurde halbtot aufgehoben, sodann aber, wie wenn er schon ganz tot wäre, hingeworfen und von seinen Fesseln befreit, da er als einer von denjenigen betrachtet wurde, die geopfert hatten. Einer versicherte laut, er werde nicht gehorchen: allein man schlug ihn auf den Mund und die dazu Beauftragten boten alles auf, um ihn zum Schweigen zu bringen: er wurde gewaltsam hinausgestoßen, obwohl er nicht geopfert hatte. So galt ihnen S. 277durchweg schon der Schein viel, ihren Willen durchgesetzt zu haben.
So wurden aus ihrer so großen Zahl der Krone der heiligen Märtyrer nur zwei gewürdigt, Alpheus und Zachäus5 . Sie hatten bereits Geißelstreiche, Krallen, drückende Fesseln und die damit verbundenen Schmerzen, sowie verschiedene andere Foltern ertragen; dann wurden ihnen die Füße einen Tag und eine Nacht über vier Löcher des Strafholzes ausgespannt und schließlich wurden sie, als ob sie mit ihrem Bekenntnisse des einen Gottes und des einen Königs Christus Jesus eine Lästerung ausgesprochen hätten, ebenso wie der vorhergenannte Märtyrer enthauptet, am siebzehnten Tage des Monats Dios, der bei den Römern der fünfzehnte Tag vor den Dezemberkalenden ist6 .
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Nach der längeren Rezension [S] stammte P. aus Baischan, lebte in strenger Aszese, beschäftigte sich mit dem Studium der Hl. Schrift und der weltlichen Wissenschaften; er war Lektor und Exorzist gewesen und hatte griechische Bücher der Hl. Schrift ins Aramäische übersetzt. ↩
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Diokletian hatte im Jahre 285 seinen Waffengefährten Maximian zum Mitregenten angenommen: beide trugen den Titel Augustus. Außerdem ernannte jeder der beiden Augusti einen Cäsar in der Person des Galerius und Konstantius Chlorus. Das Reich wurde in vier Präfekturen geteilt: Diokletian behielt die praefectura Orientis mit den Diözesen Oriens Augustalis, Asia, Pontica und Thracia; er residierte in Nikomedia in Bithynien. Sein Schwiegersohn, der Cäsar Galerius, erhielt die praefectura lllyrici mit den Diözesen Dacia, Achaia, Macedonia; seine Residenz war Sirmium. Der Augustus Maximian übernahm die praefectura Italiae mit den Diözesen Roma urbs, Italia, Africa. Hauptstadt wurde Mailand. Der Cäsar Konstantius Chlorus erhielt die praefectura Galliarum zugewiesen mit den Diözesen Gallia, Hispania und Britannia. Residenz war Trier. ↩
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Hom. Ilias II, 204 f. ↩
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7. Juni 303. Idus sind der 13. Tag des Monats, im März, Mai, Juli und Oktober der 15. Tag. ↩
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Nach der längeren Rezension [S] war Zachäus Diakon in der Kirche Gadara. Den Namen führte er wegen seiner Gestalt und wegen seines Wandels, der dem des Zachäus glich. Alpheus stammte aus einer vornehmen Familie in Eleutheropolis, war Lektor und Exorzist in Cäsarea geworden und hatte das Wort Gottes als Lehrer und Prediger verkündet. Als er sah, wie vieler sich große Niedergeschlagenheit bemächtigte, suchte er diejenigen, welche zu opfern im Begriffe waren, abzuhalten und wurde dabei ergriffen ↩
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- November 303. Kalendae war bei den Römern die Bezeichnung für den ersten Tag des Monats.