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Nun sagen sie: Da über ihn geschrieben steht, daß er ein Geschöpf ist, so muß man ihn auch als solches bekennen. Nachdem wir einen Teil jener bildlichen Redeweisen erklärt haben, die an ihm zu unserem Heile S. 77sich verwirklicht haben, so mögen nun auch unsere Gegner uns sagen, was das bedeuten solle, wenn der Sohn eine Kreatur genannt wird. Wird er nicht mit gutem Grund bildlich Türe genannt, weil er unser Eingang zum Heile werden soll? Und Weg, weil wir darauf wandelnd nicht in die Irre gehen sollen? Warum aber soll er für uns ein Geschöpf werden? Was kann uns das frommen? Doch, sagen unsere streitbaren Großsprecher: Wenn du ihn nicht Geschöpf nennst, so legst du dem Vater ein Leid [eine Veränderung] bei. Denn ein jeder, der erzeugt, unterliegt Veränderungen seines Zustandes. Er muß sich ja entweder zusammenziehen oder erweitern oder vereinfachen, er muß auseinandergehen oder sich vergrößern, oder etwas anderes dergleichen erleiden. Weg mit einer ebenso schlechten als falschen Ansicht! Wer wird solches von Gott denken? Wer solches zu vermuten wagen? Nicht einmal ein Teufel kann so etwas denken! Nein, wer immer an den Vater glaubt, der glaubt auch, daß er den Sohn wahrhaft gezeugt habe1 . Gott ist ja weder ein Körper mit Gewicht und Umfang, noch auch gebiert er körperlich, so daß er das Aufgezählte alles erdulden müßte, sondern er ist ein Geist. Als Geist aber erleidet er weder ein Auseinanderfließen, noch ein Auseinanderschneiden oder Zusammenziehen, noch eine Verminderung oder Ausdehnung, noch etwas Ähnliches; sondern wie der Vater ein Geist ist, so hat er auch den Sohn, den Gott-Logos, geistig gezeugt, ohne Zeit, unbegreiflich und ohne Anfang.
Zu ergänzen ist: Und zwar geistiger Weise. [Holl.] ↩
