Einleitung
S. 285 Dieser Theodor, an welchen vorliegendes Mahnschreiben des hl. Chrhsostomus gerichtet ist, ist kein anderer als der aus der Kirchengeschichte bekannte Theodor von Mopsuestia. Er hatte sich mit Chrysostomus, als dessen Mitschüler und Jugendfreund, und einigen andern Gesinnungsgenossen in die Einsamkeit zurück gezogen, um dort mit allem Eifer ascetischen Uebungen obzuliegen. Doch wurde er dieses harten Ascetenlebens bald müde, und obschon er bereits, gleich den übrigen, dem Herrn das Gelübde der Ehelosigkeit gemacht hatte, so beschloß er doch zu den Geschäften des weltlichen Lebens zurück zu kehren und in den Stand der Ehe zu treten. Da hielt ihm Chrysostomus in zwei Briefen (deren ersten die nachfolgenden Blätter enthalten) seinen Wankelmuth so eindringlich vor, daß er die schon aufgegebene Lebensweise von neuem ergriff und dabei beharrte.
Aus dem spätern Leben dieses Theodors sei nur noch kurz bemerkt, daß derselbe um das Jahr 393 wegen seiner Gelehrsamkeit und Beredsamkeit auf den bischöflichen Stuhl S. 286 von Mopsuestia in Cilicien erhoben wurde, den er bis zum Jahre 428 inne hatte. Nicht ohne Grund wird ihm Begünstigung der pelagianischen Häresie vorgeworfen, während er in Bezug auf den Nestorianismus geradezu als dessen eigentlicher Urheber bezeichnet werden darf. Darum wurden, obwohl er äußerlich in der Gemeinschaft der Kirche gestorben war, auf dem fünften öcumenischen Concilium zu Constantinopel 553 sowohl seine Person als seine Schriften verdammt.
Was die Entstehungszeit der nachfolgenden paränetischen Schrift angeht, so fällt sie wahrscheinlich in das Jahr 369.