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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
NEUNZEHNTE HOMILIE: Kap. X, V. 14—21 u. Kap. XI. V. 1—6.

7.

Schenk ihm also dein Geld, das dir nichts mehr nützen kann und über das du nicht mehr Herr bist, und er wird dir ein Reich schenken, das dir ewig zum Segen ist, und daneben wird er dir auch hienieden Segen bescheren. Wenn er zum Miterben deiner Kinder geworden ist, so erleichtert er ihnen ihr Waisenlos, macht die bösen Anschläge gegen sie zunichte, wehrt Mißhandlungen von ihnen ab und macht die ungerechten Ankläger verstummen. Wenn sie nicht selbst imstande sein sollten, die Testamentsbestimmungen durchzuführen, so wird er selbst sie durchführen und nicht zulassen, daß sie umgestoßen werden. Sollte er das aber auch zulassen, so erfüllt er aus eigenem alle Testamentsbestimmungen mit um so größerem Eifer, da ihm ja einmal die Ehre angetan ist, ins Testament aufgenommen zu sein. Mach ihn also zu deinem Erben! Zu ihm sollst du ja hinübergehen, er wird den Richterspruch fällen über alles, was hienieden geschehen ist.

Aber da gibt es so armselige, unglückliche Menschen, die, obgleich sie kinderlos sind, dies doch nicht tun mögen, sondern ihr Vermögen lieber Schmarotzern S. d91 und Schmeichlern und diesem und jenem vermachen anstatt Christus, der ihnen so große Wohltaten erwiesen hat. Was gibt es wohl Vernunftloseres als solche Leute? Wenn man sie mit Eseln oder mit Steinen vergleichen wollte, so würde ein solcher Vergleich noch immer nicht ihre Unvernunft und ihre Gefühllosigkeit gebührend kennzeichnen. Es dürfte sich kaum ein treffendes Bild für ihren Wahnwitz und ihre Torheit finden lassen. Wie sollen solche Leute Verzeihung dafür finden, daß sie bei ihren Lebzeiten Christus nicht gespeist haben, wenn sie nicht einmal bei ihrem Hinscheiden ihm etwas Weniges von ihrem Gelde, das sie doch nicht mehr besitzen können, schenken wollen, sondern sich so feindselig und auf Kriegsfuß mit ihm stehend benehmen, daß sie ihm nicht einmal von solchen Dingen etwas zukommen lassen, die für sie selbst ohne Nutzen sind? Siehst du nicht, wie vielen Menschen ein solches Ende gar nicht gegönnt ist, sondern wie sie urplötzlich (aus der Welt) scheiden müssen? Dir aber hat Gott die Möglichkeit gegeben, für deine Angehörigen letzte Anordnungen zu treffen, über dein Vermögen zu verfügen und dein Haus zu bestellen. Welche Entschuldigung wirst du vorzubringen haben, wenn du nach Empfang einer solchen Gnade von ihm sein Wohlwollen in den Wind schlägst und dich in geraden Gegensatz stellst zu deinen Vorfahren im Glauben? Diese verkauften bei Lebzeiten alles und legten den Erlös den Aposteln zu Füßen; du aber vermachst nicht einmal auf dem Totenbette den Armen einen Teil deiner Habe. Zwar ist es besser und gibt viel Zuversicht, wenn man bei Lebzeiten die Armut unterstützt; magst du aber schon das nicht, so vollbringe wenigstens auf dem Totenbette etwas Edles. Es ist dies zwar kein Beweis einer großen Liebe zu Christus, aber immerhin einiger Liebe. Wenn du dafür auch nicht gerade in die vorderste Reihe unter den Lämmern zu stehen kommen wirst, so ist es doch schon nichts Geringes, überhaupt unter sie zu kommen und nicht zur Linken unter den Böcken stehen zu müssen. Tust du aber auch das nicht, was wird dann zu deinen Gunsten sprechen, wenn weder die Furcht vor dem Tode, noch der Gedanke, daß dein Vermögen für dich nutzlos ge- S. d92 worden ist, noch der andere, daß du (durch Verteilung desselben) deine Kinder für die Zukunft sicherstellst noch der, daß du dir damit hienieden ein großes Anrecht auf Nachsicht (im Jenseits) erwirbst, wenn alles das nicht imstande ist, dich mildherzig zu machen?

Darum ermahne ich euch, am besten noch bei Lebzeiten den Armen den größeren Teil eurer Habe auszuteilen. Wenn aber manche so engherzig sind, daß sie dies nicht über sich bringen, so sollen sie wenigstens unter dem Druck der Notwendigkeit mildherzig werden. So lange du lebst, hältst du fest an deinem Vermögen, wie wenn du unsterblich wärest. Dann aber, wenn du einsiehst, daß du sterblich bist, gib endlich deinen Grundsatz auf und triff Vorsorge für dich, wie einer, der sterben muß — doch nein, wie einer, der unsterblichen Lebens ewig genießen soll! Wenn auch das, was ich jetzt aussprechen will, furchtbar hart klingt, so muß es doch gesagt sein: Setz doch wenigstens den Herrn auf dieselbe Stufe mit deinen Sklaven! Du möchtest deinen Sklaven die Freiheit schenken? Nun, so befreie doch auch Christus von Hunger und Not und Gefängnis und Blöße! Du erschauderst, solches zu hören? Ist es aber nicht noch schauderhafter, wenn du es nicht tust? Hier im Diesseits schon kann dich ein solches Wort in Schrecken setzen. Was wirst du aber erst sagen, wenn du von hinnen scheiden und im Jenseits viel Schlimmeres zu hören und die unerträglichen Qualen zu sehen bekommen wirst? Zu wem wirst du dann die Zuflucht nehmen? Zu Abraham? Er wird dich nicht hören. Oder zu den (klugen) Jungfrauen (des Evangeliums)? Sie werden dir kein Öl überlassen. Oder zu deinem Vater oder Großvater? Keiner (deiner Vorfahren) wird imstande sein, und wenn er noch so heilig wäre, den Spruch des (ewigen) Richters aufzuheben. — Bedenke das alles und nimm deine Zuflucht zu dem und rufe ihn an, der allein imstande ist, deinen Schuldschein zu vernichten und jenes höllische Feuer auszulöschen! Mach dir ihn gnädig, indem du ihn (im Leben) beständig speisest und bekleidest, damit du einmal mit froher Hoffnung von hinnen scheiden kannst und im Jenseits zum Genuß ewiger Güter gelangst. Daß uns allen dieselben S. d93 zuteil werden möchten durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, durch den und mit dem Ehre sei dem Vater zugleich mit dem Hl. Geiste von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. S. d94

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