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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
EINUNDZWANZIGSTE HOMILIE: Kap. XII, V. 1—3.

2.

Denn wenn es schon im Alten Bunde den Opferpriestern geboten war, (beim Opfer) alles genau anzuschauen, und wenn sie nicht ein Tier mit abgestutzten Ohren oder mit verstümmeltem Schweif oder eines mit Narben von Krätzen oder von Flechten darbringen durften, um so größere Sorgfalt müssen wir, die wir ja nicht vernunftlose Schafe, sondern uns selbst darbringen, aufwenden und in jeder Beziehung rein sein, damit auch wir mit Paulus sagen können: „Ich werde bereits ausgegossen (wie ein Trankopfer), und die Zeit meiner Auflösung steht bevor“ 1. Er war reiner als jedes Opfer; darum nennt er sich auch ein „Trankopfer“. Dies wird geschehen, wenn wir den alten Menschen abtun, wenn wir unsere irdischen Glieder abtöten, wenn wir die Welt in uns kreuzigen. Dazu werden wir kein Schlachtmesser brauchen, auch keinen Opferaltar und kein Feuer. Oder vielmehr ja; wir werden dazu diese Dinge brauchen, nur werden sie nicht von Menschenhänden verfertigt sein, sondern sie werden uns alle vom Himmel kommen: das Feuer wird von oben sein, und auch das Schlachtmesser; als Opferaltar aber wird uns das Himmelsgewölbe dienen. Denn wenn Feuer vom Himmel fiel, als Elias sein sichtbares Opfer darbrachte, und alles verzehrte, das Wasser, das Holz und die Steine, so wird dasselbe bei dir noch weit mehr der Fall sein. Hast du noch etwas Vergängliches, das dem irdischen Leben angehört, an dir, bringst aber das Opfer mit rechter Absicht dar, so S. d125 wird das Feuer des Hl. Geistes herabkommen und dieses Irdische verzehren und das ganze Opfer vollenden.

Was ist zu verstehen unter der „vernünftigen Gottesanbetung“? — Der Dienst im Geiste, das Leben nach dem Beispiele Christi. Wie dem Priester, der im Hause Gottes Dienst tut, während dem die Würde eines Gottgeweihten zukommt, wer er auch sonst sei, und wie er ehrwürdiger wird, so müssen auch wir unser ganzes Leben führen wie gottgeweihte Opferpriester. Dies wird der Fall sein, wenn du Gott täglich Opfer bringst, wenn du ihm deinen Leib aufopferst und die Tugenden deiner Seele: wenn du ihm z. B. Enthaltsamkeit zum Opfer bringst, Almosen, Sanftmut und Verzeihung. Wenn du das tust, dann leistest du eine „vernünftige Gottesanbetung“, die nichts Körperliches, nichts grob Irdisches, nichts Sinnliches an sich hat.

Nachdem der Apostel den Zuhörer durch diese (auszeichnenden) Benennungen gewissermaßen stolz gemacht und kundgetan hat, daß ein jeder zu einem Priester für seinen eigenen Leib werden könne, macht er auch die Art und Weise bekannt, wie es möglich sei, dies zu vollbringen. Welches ist diese Art und Weise?

V. 2: „Gestaltet euch nicht nach dem Schattenbild dieser Welt, sondern formt euch um durch Erneuerung eures Geistes.“

— Das Schattenbild dieser Welt ist irdisch, nichtig, vergänglich, hat nichts Hohes, nichts Bleibendes, nichts Rechtes an sich, alles daran ist verkehrt. Willst du den geraden Weg gehen, dann richte dich nur ja nicht nach dem Schattenbild des gegenwärtigen Lebens! Denn nichts daran ist bleibend und fest. Darum gebraucht der Apostel den Ausdruck „Schattenbild“; und anderswo heißt es wieder: „Das Schattenbild dieser Welt vergeht“ 2; es hat nämlich nichts Dauerndes, nichts Festes an sich, sondern alles daran ist bloß für den Augenblick. Darum heißt es auch „dieser Welt“; dadurch ist das Vergängliche ausgedrückt, durch das Wort „Schattenbild“ das Unwirkliche daran. Ob du nun Reichtum nennst S. d126 oder Ruhm oder Körperschönheit oder Wohlleben oder irgend etwas von den Dingen, die groß erscheinen, es ist nur ein Schattenbild, keine Wirklichkeit, ein Scheinbild, eine Larve, nichts von Bestand. Aber du gestalte dich ja nicht danach, mahnt der Apostel, sondern „forme dich um durch Erneuerung des Geistes“! Er drückt damit aus, daß das Wesen der Welt ein Schattenbild, das der Tugend dagegen kein Schattenbild, sondern etwas Kernhaftes ist, daß sie wahre und wirkliche Schönheit besitzt, daß sie nicht des Aufputzes von außen bedarf und nicht solcher Schattenbilder, die erscheinen und im selben Augenblick wieder verschwinden. Ja, alles das zerrinnt, bevor es noch ganz in Erscheinung tritt. Lassest du nun das Schattenbild fahren, so wirst du bald zum Kernhaften gelangen. Nichts steht auf schwächeren Füßen als die Sünde, nichts altert so leicht wie sie. — Da wir aber Menschen sind und darum natürlicherweise täglich fehlen, tröstet der Apostel seinen Zuhörer damit, daß er sich täglich erneuern solle. Was wir bei den Häusern machen, die wir auch, wenn sie alt werden, immer wieder herrichten, das mach’ auch bei dir. Du hast heute gefehlt? Du hast deine Seele altersschwach gemacht? Verzweifle nicht, laß sie nicht ganz einfallen, sondern erneuere sie durch Sinnesänderung, durch Tränen, durch Beichte, durch Verrichtung guter Werke! Unterlaß es nie, das zu tun! Und wie können wir das tun?

„Daß ihr (stets) prüfet, was besser ist, und wissen möget, was der Wille Gottes, das Heilsame, Wohlgefällige und Vollkommene sei.“

Entweder will mit diesen Worten der Apostel sagen: Erneuert euch, damit ihr einsehen lernt, was euch zum Wohle dient, und was Gottes Wille ist; oder er will sagen: Geradeso könnt ihr euch erneuern, wenn ihr einsehen lernt, was euch zum Wohle ist und was Gott jeweils will. Denn wenn du nur das weißt und die verschiedene Beschaffenheit des Tuns zu unterscheiden verstehst, dann hast du schon den rechten Weg eingeschlagen, der zu jeglicher Tugend führt. — Wer sind nun die, welche nicht erkennen, was ihnen zum Wohle dient und S. d127 was der Wille Gottes ist? Das sind die, welche ganz und gar aufgehen in den Geschäften des gegenwärtigen Lebens, welche den Reichtum für das Ziel ihres Strebens halten und die Armut verachten, welche nach herrschenden Stellungen jagen, welche nach äußerer Ehre geizen, welche sich für groß halten, wenn sie prächtige Häuser erbauen, mit Werken der Kunst gezierte Grabstätten erwerben, Scharen von Dienern halten und immer einen ganzen Schwarm von Eunuchen um sich haben. Die wissen allerdings nicht, was ihnen zum Wohle ist, und kennen den Willen Gottes nicht.


  1. 2 Tim. 4, 6. ↩

  2. 1 Kor. 7, 31. ↩

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