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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
DREIZEHNTE HOMILIE: Kap. VI, V. 19—23 u. Kap. VII, V. 1—13.

3.

Siehst du da, wie der Apostel in dem gebrauchten Beispiele das Gesetz als gestorben darstellt? Aber im Schlußsatze tut er es nicht. „Demnach heißt das Weib zu Lebzeiten des Mannes eine Ehebrecherin.“ Sieh, wie er sich in Anklagen gegen diejenigen ergeht, welche das Gesetz übertreten, solange es am Leben war. Nachdem er es aber einmal abgeschafft hat, spricht er mit aller Sicherheit los von jeder Verpflichtung gegen dasselbe; dem Glauben macht er damit auch keinen Schaden. „Denn solange der Mann lebt“, sagt er, „heißt das Weib eine Ehebrecherin, wenn sie sich einem andern Manne verbindet.“ Nun wäre es folgerichtig gewesen, fortzufahren: So werdet auch ihr, meine Brüder, nicht als Ehebrecher erachtet, wenn ihr einem andern Manne euch verbindet, nachdem es mit dem Gesetz zu Ende ist. So läßt er sich aber nicht vernehmen, sondern wie?

„Ihr seid tot geworden für das Gesetz.“

Wenn ihr tot geworden seid, so steht ihr nicht mehr unter dem Gesetz. Denn wenn nach dem Tode des S. b218 Mannes das Weib nicht mehr unter seiner Gewalt steht, so muß sie um so mehr von ihm befreit sein, wenn sie selbst gestorben ist. — Siehst du da die Weisheit des Paulus, wie er zum Ausdruck bringt, daß das Gesetz selbst es so gewollt habe, daß man von ihm abstehe und einem andern Manne sich verbinde? Es steht nichts im Wege, sagt er, mit einem andern Manne beisammen zu sein, wenn der erste gestorben ist. Wie sollte dies auch nicht so sein, da das Gesetz ja sogar zu Lebzeiten des Mannes (der Frau) erlaubte, einen Scheidebrief anzunehmen? Davon macht er freilich keine Erwähnung, weil es ein Vorwurf gegen die Frauen gewesen wäre; denn wenn es auch erlaubt war, so ging es dabei gleichwohl nicht ohne Schuld ab. Wenn nämlich der Apostel durchschlagende Beweisgründe hat, die notwendig und einleuchtend sind, sucht er keine überflüssigen. Er ist ja nicht rechthaberisch. Das ist dabei zu verwundern, daß das Gesetz selbst uns keine Vorwürfe macht, wenn wir von ihm abfallen. Es ist auch sein Wille, daß wir Christus angehören. Es ist selbst gestorben, und wir sind gestorben; aus zweifachem Grunde ist also seine Herrschaft abgetan.

Der Apostel läßt sich jedoch damit nicht genügen, sondern er gibt auch den Grund an (warum wir in Hinkunft Christus angehören müssen). Er spricht nämlich nicht einfach vom Totsein (für das Gesetz), sondern kommt wieder auf das Kreuz zu sprechen, welches dieses Totsein bewirkt habe. Er sagt nicht einfach: ihr seid frei geworden, sondern: durch den Tod des Herrn. „Ihr seid tot geworden für das Gesetz durch den Leib Christi.“ Doch nicht von da aus allein nimmt der Apostel seine Mahnung, sondern auch von der überragenden Stellung des zweiten Mannes. Darum fährt er fort:

„Damit ihr einem andern zugehört, der von den Toten auferstanden ist.“

Ferner, damit sie nicht einwenden: Wie aber, wenn wir uns einem weiteren Manne nicht zugesellen wollen? — Denn auch das Gesetz erklärt zwar die Witwe, die eine zweite Ehe eingeht, nicht als Ehebrecherin, zwingt sie S. b219 aber auch nicht dazu —; damit nun niemand diesen Einwand machen könne, zeigt der Apostel, daß wir mit Rücksicht auf das, was wir bereits erhalten haben, verpflichtet seien, dies zu wollen. Dasselbe bringt er an einer anderen Stelle klarer zum Ausdruck, wenn er spricht: „Ihr gehört euch nicht selbst. …Ihr seid um teuren Preis erkauft“ 1, und: „Werdet nicht Sklaven der Menschen“ 2, und wiederum: „Einer ist für alle gestorben, damit die da leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist“ 3. Dasselbe deutet Paulus auch hier an, wenn er spricht: „durch den Leib“. — Dann ermuntert er durch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, indem er sagt:

„Damit wir Gott Frucht tragen.“

Früher trugt ihr dem Tode Frucht, sagt er, nun aber Gott.

V. 5: „Als wir nämlich im Fleische waren, da wirkten die sündhaften Lüste wegen des Gesetzes in unseren Gliedern, daß wir dem Tode Frucht trugen.“

Merkst du da den Gewinn vom ersten Manne? Paulus sagt auch nicht: Als wir im Gesetze waren — er hütet sich immer, den Häretikern einen Anhaltspunkt zu geben —, sondern: „als wir im Fleische waren“, d. h. während unseres schlechten Wandels in unserem fleischlichen Leben. Er will damit nicht gesagt haben, daß wir vordem im Fleische waren, nun aber körperlos geworden herumwandeln. Wenn er das sagt, spricht er weder das Gesetz schuldig an unsern Sünden noch spricht er es frei von jedem Vorwurfe. Es spielt die Rolle eines scharfen Anklägers, indem es die Sünden aufdeckt. Denn dadurch, daß es dem Menschen, der nicht gewillt ist, zu folgen, immer mehr Vorschriften macht, vermehrt es die Übertretungen. Darum sagt er nicht: die sündhaften Lüste, die unter dem Gesetze statthatten, sondern: „wegen des Gesetzes“; er fügt auch S. b220 nicht hinzu: statthatten, sondern sagt einfach: „wegen des Gesetzes“, d. h. die wegen des Gesetzes in Erscheinung traten, offenkundig wurden. Ferner, um nicht dem Fleisch die Schuld zu geben, sagt er nicht: welche die Glieder wirkten, sondern: „welche in unsern Gliedern wirkten“. Damit drückt er aus, daß die Sünde von wo anders her den Ursprung hat, nämlich von der Gesinnung, die wirksam ist, nicht von den Gliedern, die in Wirksamkeit gesetzt werden. Denn die Seele ist wieder Tonkünstler, die leibliche Natur wie die Zither; diese klingt auch so, wie der Künstler es will. Nicht ihr dürfen wir eine mißtönige Weise zur Last legen, sondern ihm.

V. 6: „Nun aber sind wir befreit von dem Gesetze.“

— Merkst du, wie der Apostel hier wieder sowohl des Fleisches wie auch des Gesetzes schont? Er sagt nicht, daß das Gesetz befreit worden sei, auch nicht, daß das Fleisch befreit worden sei, sondern daß wir befreit worden sind. Und wie sind wir befreit worden? Dadurch, daß der alte Mensch, der von der Sünde gefangen gehalten wurde, gestorben und begraben worden ist. Das bringt Paulus zum Ausdruck, wenn er sagt:

„Gestorben für das Gesetz, in welchem wir gefangengehalten wurden“;

wie wenn er sagen wollte: Die Fessel, mit der wir gefangen gehalten wurden, ist zerrostet, ist zerrissen, so daß die Macht, die uns gefangen hielt, uns nicht weiter gefangen halten kann, nämlich die Sünde. Aber laß’ nicht nach (im Eifer), werde nicht allzu sorglos! Denn du bist befreit worden, um wieder zu dienen, freilich nicht in der gleichen Weise, sondern:

„In einem neuen Geiste, nicht in dem alten Buchstaben.“

— Was hat dieses Wort für einen Sinn? Wir müssen es uns klar machen, damit wir nicht in Verwirrung geraten, wenn wir auf diese Stelle stoßen. — Als Adam gesündigt hatte, will Paulus sagen, wurde auch sein Leib sterblich und den Leidenschaften unterworfen; erzeigten sich viele natürliche Gebrechen; das Roß wurde störrischer und ungezügelter. Als aber Christus kam, S. b221 da machte er es uns durch die Taufe fügsamer und spornte es an mit dem Flügelschlag des Geistes.


  1. 1 Kor. 6, 19—20. ↩

  2. Ebd. 7, 23. ↩

  3. 2 Kor. 5, 15. ↩

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