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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Corinthios argumentum et homiliae 1-44 Homilien über den ersten Brief an die Korinther (BKV)
Fünfunddreissigste Homilie.

II.

Es leuchtet also auch daraus hervor, daß Paulus dieses Charisma nicht tadelt, sondern sie (die Korinther) zum Bessern führt, und zeigt, wie sehr er um sie besorgt und von allem Neide ferne sei. Denn er sagt nicht: Zwei oder drei, sondern: „Ich wünsche, daß ihr alle in Sprachen reden möget: noch mehr aber, daß ihr weissagen möget;“ und Dieses noch mehr als Jenes; „denn wer weissagt, ist größer, als wer in Sprachen redet.“ Nachdem er Dieses bewiesen und dargethan hat, spricht er es auch aus, nicht schlechthin, sondern mit einem Zusatz; denn er fügt bei: „ausser wenn Dieser auslegt;“ womit er sagen will: Ist er Das im Stande, nämlich eine Auslegung zu geben, so gleicht er in diesem Fall dem Propheten, weil Viele daraus Nutzen ziehen. Man wolle besonders darauf achten, wie er Das überall vorzugsweise verlangt.

S. 611 6. Nun aber, Brüder, wenn ich zu euch komme in Sprachen redend, was werde ich euch nützen, wenn ich nicht zu euch redete entweder in Offenbarung oder in Erkenntniß oder in Weissagung oder in Lehre?

Was rede ich von Andern? will er sagen. Mag selbst Paulus in Sprachen reden, so werden die Zuhörer davon dennoch keinen Gewinn haben. Das aber sagt er, um ihnen zu zeigen, daß er auf ihren Vortheil bedacht sei; er haßt Diejenigen nicht, welche dieses Charisma besitzen, da er dasselbe auch an seiner eigenen Pexson für unnütz erklärt. Alles Lästige bezieht er auf seine Person, wie er denn auch im Anfang des Briefes1 gesagt hat: „Wer ist denn Paulus? Wer ist Apollo? Wer ist Kephas?“ Das thut er auch hier mit den Worten: „Auch ich werde euch Nichts nützen, wenn ich nicht zu euch redete entweder in Offenbarung oder in Erkenntniß oder in Weissagung oder in Lehre.“ Damit will er sagen: Wenn ich nicht Etwas vorbrächte, was ihr leicht verstehen könnet, was deutlich gemacht werden kann; denn wollte ich bloß zeigen, daß ich die Sprachengabe besitze, so würdet ihr von den Sprachen, die ihr gehört, keinen Nutzen ziehen. Denn was sollte ein Laut, den ihr nicht verstehet, wohl nützen?

7. Schon bei unbeseelten Dingen, die einen Ton geben, sei es Flöte, sei es Zither, wenn sie ihren Tönen keine Unterscheidung geben: wie wird erkannt werden, was geflötet oder auf der Zither gespielt wird?

Ja, was rede ich? will er sagen: Nicht nur bei uns ist das Unverständliche nutzlos, nützlich hingegen, was deut- S. 612 lich und den Zuhörern leicht faßlich ist; schon an den leblosen Musikinstrumenten kann man Dasselbe beobachten. Wenn nämlich, eine Flöte oder Zither ohne Takt und Harmonie, regellos auf Gerathewohl gespielt oder geblasen wird, so wird Das keinen der Zuhörer ergötzen.2 Denn auch bei jenen nicht artikulierenden Werkzeugen bedarf es einer gewissen Deutlichkeit, und wer nicht kunstgerecht die Zither schlägt, und die Flöte bläst, wird Nichts ausrichten. Wenn wir nun aber von den leblosen Instrumenten Deutlichkeit, Harmonie und Takt fordern, und wenn wir uns mit großer Anstrengung bemühen, jenen unbestimmten Tönen Bestimmtheit und Nachdruck zu geben: so müssen wir um so mehr bei dem beseelten und mit Vernunft begabten Menschen und bei den Geistesgaben uns um das leicht Erkennbare kümmern.

8. Denn auch wenn eine Drommette einen unbestimmten Schall von sich gibt, wer wird sich zum Kampfe rüsten?

Vom Überflüssigen kommt er in seiner Rede auf das Nützliche und Nothwendige, und zeigt, wie Dieses nicht bloß mit der Zither, sondern auch mit der Drommette der Fall sei. Denn auch die Drommette hat ihre Rythmen, und hat bisweilen kriegerische Töne und, wiederum andere, die nicht kriegerisch sind; zuweilen ruft sie zum Kampfe, bisweilen aber zum Rückzug, und wer Das nicht weiß, setzt sich der größten Gefahr aus. Durch diese Andeutung zeigt er den Fehler und spricht: „Wer wird sich zum Kampfe rüsten?“ Wenn also die Drommette nur unbestimmte Töne gibt, so verdirbt sie Alles. Was geht Das S. 613 uns an? möchte Einer erwidern. Euch geht es ganz vorzüglich an, — darum fährt er fort:

9. So auch ihr; wenn ihr durch die Sprache3 nicht eine wohlverständliche Rede hervorbringt, wie wird man das Gesproch’ne verstehen? Denn ihr werdet nur in die Luft sprechen,

d. h. Niemanden vernehmbar, da ihr zu Niemanden sprecht; und so zeigt er überall das Nutzlose. Wenn sie aber nutzlos ist, wird man fragen, wozu ward sie uns dann gegeben? Damit sie Dem, der sie empfangen, nützen sollte; soll sie aber auch Andern nützen, so muß sie ausgelegt werden. Dieses sagt er, um sie unter einander zu vereinigen, damit Derjenige, welcher die Sprachengabe besitzt, sie aber nicht auslegen kann, Dieß durch einen Andern thue und so seine Gabe nutzbringend mache. Darum macht er überall auf das Unvollkommene der Sache aufmerksam, um sie so an einander zu knüpfen. Denn wer da wähnt, daß diese Gabe ihm genüge, der erhebt sie eigentlich nicht, sondern setzt sie herab, indem er sie nicht durch Erklärung (Auslegung) in wahrem Lichte glänzen läßt. Schön und nothwendig ist dieses Charisma, aber erst dann, wenn Einer da ist, der das Gesagte verdollmetscht. Auch der Finger ist nothwendig; trennst du ihn aber von den übrigen, so wird er nicht mehr denselben Nutzen gewähren. Auch die Drommette ist nöthig; sie ist aber widrig, wenn sie nur unbestimmte Töne von sich gibt. Wo kein Gegenstand der Kunst ist, da kann die Kunst sich nicht zeigen; und wo der Gegenstand eine gefällige Form annehmen soll, da muß man ihm dieselbe erst geben. Denke dir also den Laut als Gegenstand, das S. 614 Bestimmte des Lautes als Form, so nützt die Sache Nichts ohne die Form.

10. So piele Arten von Sprachen sind wohl auf der Welt, und keine ist ohne Laut;

d. h. es gibt so mancherlei Sprachen, so mancherlei Laute der Skythen, der Thraker, der Römer, der Perser, der Mauren, der Inder, der Ägypter und zahlloser anderer Völker.


  1. I. Kor. 3, 4. ↩

  2. Ψυχαγωγήσει; Flöte und Zither sind ja die Instrumente, welche Herz und Gefühl besonders ansprechen. Sie entsprechen der παραμυθία. ↩

  3. D. i. die Ausübung der Sprachengabe. Meßmer. ↩

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Homilien über den ersten Brief an die Korinther (BKV)

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