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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Neunundzwanzigste Homilie.

IV.

Siehst du, wie er sie wiederum schreckt und wie ausführlich er den Beweis führt, daß Christus in ihm ist? Denn hier scheint er mir auch auf ihren Wandel hinzudeuten. Da nämlich der Glaube allein nicht genügt, um sich der Einwirkung des Geistes zu erfreuen, und weil Paulus gesagt hat: Wenn ihr im Glauben seid, so habt ihr Christus in euch, und es sich dennoch traf, daß Viele zwar den Glauben hatten, aber jener Einwirkung entbehrten, so gibt er nun die Erklärung zur Sache, indem er sagt: „Wenn ihr anders nicht unbewährt seid,“ wenn nicht etwa euer Leben verderbt ist. — „Ich hoffe aber, ihr werdet erkennen, daß wir nicht unbewährt seien.“ In genauer Folge hätte er sagen müssen: Wenn auch ihr unbewährt seid, so doch nicht wir. So sagt er nun zwar nicht, um sie nicht zu verwunden, doch deutet er es unvermerkt an. Und er spricht kein bestimmtes Urtheil aus, so daß er etwa sagte: Ihr seid unbewährt; auch führt er die Rede nicht fragend weiter und spricht: Oder seid ihr etwa unbewährt? Vielmehr geht er an der Sache vorüber und deutet sie nur unbestimmt an, S. 464 indem er fortfährt: „Ich hoffe aber, ihr werdet erkennen, daß wir nicht unbewährt seien.“ Auch hier wiederum nachdrückliche Drohung und Grund zu schwerer Befürchtung. Weil ihr euch denn, will er sagen, nur durch eigene schmerzliche Erfahrung Gewißheit verschaffen wollt, so werden wir nicht ermangeln, euch den gewünschten Nachweis zu geben. Doch sagt er nicht so, sondern mehr nachdrücklich und drohend: „Ich hoffe, ihr werdet erkennen, daß wir nicht unbewährt seien.“ Ihr hättet freilich auch ohne eigene Erfahrung wissen sollen, wie es mit uns steht, und daß wir Christus besitzen, der in uns redet und wirkt; nachdem ihr aber einen thatsächlichen Nachweis wünschet, so werdet ihr euch überzeugen, daß wir nicht unbewährt seien. Sodann nachdem er ihnen so scharf gedroht und die Züchtigung schon vor Augen gerückt, nachdem er sie in Angst versetzt und schon die Strafe ganz nahe gelegt hat, so siehe, wie freundlich er wiederum die Rede mildert und ihre Furcht beschwichtigt; siehe, wie er sein Inneres erschließt, wie er sich so frei von aller Ehrsucht zeigt, so voll Sorge für die Seinigen, so weise im Urtheil, so erhaben an Gesinnung und doch so gering in seinen eigenen Augen. Denn all Dieses tritt hervor mit den weiter folgenden Worten:

7. 8. 9. Ich bitte aber zu Gott, daß ihr nichts Böses thuet, damit nicht wir bewährt erscheinen, sondern daß ihr das Gute thuet, wir aber wie unbewährt seien. Denn nicht vermögen wir Etwas gegen die Wahrheit, sondern für die Wahrheit. Denn wir freuen uns, wenn wir schwach sind, ihr aber stark seid. Denn um Das bitten wir auch, um eure Vervollkommnung.

Was kann sich mit einer solchen Seele vergleichen? Der Apostel wird verachtet, beschimpft, verspottet, verhöhnt; man hält ihn für nichtsbedeutend, für verächtlich, für auf- S. 465 geblasen, für einen eitlen Prahler, den bei jedem Versuche zur That die Kraft verlasse; und er schiebt den Nachweis des Gegentheils nicht bloß auf, er scheut nicht nur vor ihm zurück, sondern er bittet sogar, ihn nicht in eine so unwillkommene Lage zu versetzen. „Ich bitte,“ sagt er, „daß ihr nichts Böses thuet, damit nicht wir bewährt erscheinen, sondern daß ihr das Gute thuet, wir aber wie unbewährt seien.“

Was will er denn damit sagen? Ich bitte und flehe zu Gott, daß ich Niemand ungebessert finde, Niemand unbußfertig treffe; ja daß von Anfang an Niemand sündigen möge. „Daß ihr nichts Böses thuet,“ sagt er; und habt ihr dennoch gesündigt, so möget ihr umkehren und rechtzeitig euch bessern und so allen Zorn abwenden. Denn nicht um einen Beweis für unsere Bewährung ist es mir zu thun, sondern im Gegentheile, daß wir nicht als bewährt erscheinen. Denn würdet ihr, ohne an Buße und Besserung zu denken, mit dem Sündigen fortfahren, so ist Züchtigung und Strafe unausbleiblich, so erübrigt nur, euch den Leib zu schlagen, wie es bei Sapphira und dem Magier geschehen ist; dann haben wir eine Probe der Macht gegeben. Doch nicht um Das bitten wir, sondern umgekehrt, daß wir nicht in dieser Weise bewährt erscheinen, d. h. daß wir nicht in Züchtigung und Strafe eurer Sünden und unheilbaren Gebrechen unsere Macht gegen euch zeigen müssen. Und welches ist vielmehr seine Bitte? „Daß ihr das Gute thuet,“ daß ihr immer den Weg der Tugend und der Besserung wandelt, daß wir wie unbewährt seien und unsere Strafgewalt nicht zu zeigen brauchen. Und er sagt nicht „unbewährt“; denn Das macht ihn noch nicht unbewährt, wenn er nicht wirklich straft, ja gerade Das erweist seine Bewährtheit; vielmehr will er sagen, wenn auch Manche wähnen, sie dürften uns gering schätzen und verachten, weil wir unsere Macht nicht zeigen, so liegt uns Nichts an dieser Meinung. Besser, wir scheinen so in ihren Augen, als daß wir in S. 466 Schlägen und in Unabänderlichkeit des Entschlusses die Macht zeigen, die Gott uns gegeben hat.

„Denn nicht vermögen wir Etwas wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit.“ Damit es nicht scheine, als richte sich Paulus nach ihren Wünschen, —was mit seinem Freisein von Ehrsucht nicht verträglich wäre, — damit man vielmehr sehe, daß er sein Verhalten nach der Lage der Dinge richte, so sagt er des Weiteren: „Denn nicht vermögen wir Etwas wider die Wahrheit.“ Finden wir, daß ihr euch der Tugend befleissigt, daß ihr die Sünden durch Buße abgelegt und Gottes Gnade gewonnen habt, so könnten wir, selbst wenn wir wollten, nicht ferner strafen, und würden wir es versuchen, so würde Gott uns nicht zur Hand gehen. Denn er hat uns die Macht zu dem Zwecke gegeben, daß wir nach Wahrheit und Recht entscheiden, und nicht im Widerspruch mit der Wahrheit. Siehst du, wie Paulus allseits der Rede den Stachel nimmt und die Härte der Drohung mildert? Und nicht zufrieden damit, ihnen diese Unmöglichkeit dargelegt zu haben, so knüpft er daran noch den Ausdruck seiner eigenen liebevollen Gesinnung, indem er also fortfährt: „Denn wir freuen uns, wenn wir schwach sind, ihr aber stark seid. Um Das aber bitten wir auch, um eure Vervollkommnung. Vorerst vermögen wir Nichts gegen die Wahrheit, wir können euch, wenn ihr Gott wohlgefällig seid, nicht strafen; und ausserdem liegt auch der Grund, warum wir nicht wollen, nicht in dem Umstande, daß wir nicht können, obschon wir es vielleicht wünschten. Vielmehr erfreut uns gerade Das am meisten, wenn wir finden, das ihr uns keinen Anlaß zur Offenbarung unserer Strafgewalt bietet. Denn gäbe uns auch ein solches Einschreiten Gelegenheit, unseren Glanz, unsere Bewährung und Macht zu zeigen, so liegt doch das gerade Gegentheil in unseren Wünschen, nämlich daß ihr bewährt und unsträflich seid, und daß uns ein Ruhm, der S. 467 daraus erwächst, niemals zu Theil werde. Darum sagt er: „Wir freuen uns, wenn wir schwach sind.“ Was heißt: „wenn wir schwach sind“? Wenn wir für schwach gelten; nicht wenn wir wirklich schwach sind, sondern für schwach gehalten werden; denn für schwach galt der Apostel bei den Gegnern, weil er von seiner Strafgewalt keinen Gebrauch machte. Aber gleichwohl freuen wir uns, wenn ihr euch so umwandelt, daß ihr uns allen Anlaß zum Einschreiten benehmt. Uns ist es süß, auf diese Weise für schwach zu gelten, wenn nur ihr unsträflich seid; darum sagt er weiter: „Ihr aber stark seid,“ d. h. bewährt, tugendhaft. Und Das wünschen wir nicht bloß, sondern bitten auch darum, daß ihr untadelhaft und vollkommen seid und uns keinerlei Anlaß zum Strafen gebet.

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens vergleichen
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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