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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Fünfte Homilie.

II.

Vorher hat Paulus gesagt: „Gott führt uns immerdar zum Triumphe;“ hier sagt er: „An jedem Orte,“ weil ja jeder Ort und jede Zeit voll ist von den apostolischen Kämpfen und Siegen. Hier nun gebraucht der Apostel wieder ein anderes Bild, das vom Wohlgeruche. Gleich Denen, welche Salben tragen, sagt er, machen auch wir uns Allen bemerklich. Denn mit einer kostbaren Salbe vergleicht er die „Erkenntniß“. Doch sagt er nicht „Erkenntniß“, sondern: „Geruch der Erkenntniß“; denn so verhält es sich mit der gegenwärtigen Erkenntniß: S. 103 sie ist nicht völlig deutlich und enthüllt. Darum heißt es auch im ersten Briefe: „Wir schauen jetzt durch einen Spiegel im Räthsel,“1 und hier ist vom Geruche der Erkenntniß die Rede. Wer einen Geruch wahrnimmt, der weiß wohl, daß irgendwo Salbe verborgen ist, aber ihre Beschaffenheit kennt er nicht, wenn er die Salbe nicht vorher sieht. So ist es auch mit uns. Wir wissen zum Beispiel, daß ein Gott ist, aber seine Wesenheit kennen wir nicht. Wir gleichen einem königlichen Rauchgefäße und verbreiten, wohin wir uns wenden, den Duft himmlischer Salbe und geistigen Wohlgeruchs. Dieses sagt Paulus, um die Kraft zu kennzeichnen, die in der apostolischen Lehre liegt, indem gerade die Verfolger beitragen müssen, um den Glanz ihrer Verkündiger zu erhöhen und ihre Trophäen und ihren Wohlgeruch über die ganze Welt zu verbreiten. Und zugleich will er die Korinther trösten wegen der Trübsale und Verfolgungen und sie zu muthigem Ausharren ermuntern im Hinblick auf den herrlichen Ruhm, den sie schon vor der jenseitigen Vergeltung ärnten.

15. Denn Christi Wohlgeruch sind wir für Gott in Denen, die gerettet werden, und in Denen, die verloren gehen.

Das Evangelium behält seine eigenthümliche Kraft, mag es nun für Jemand zum Heile oder zum Verderben sein. Es gleicht dem Lichte, das immer Licht bleibt, wenn es auch schwache Augen blendet; es ist ähnlich dem Honig, der seinem Wesen nach süß ist, wenn er auch manchen Kranken bitter schmeckt. So behält das Evangelium seinen lieblichen Geruch, wenn auch Manche nicht glauben und so verloren gehen. Denn an ihrem Verderben ist nicht das Evangelium Schuld, sondern ihre eigene Verkehrtheit. Und gerade dadurch tritt der evangelische Wohlgeruch am S. 104 kräftigsten hervor, daß die Verdorbenen und Gottlosen zu Grunde gehen; seine Kraft erweist sich am Verderben der Bösen nicht minder wie am Heile der Guten. Ein Bild ist die Sonne, die dem kranken Auge gerade dadurch, daß sie so hell strahlt, schädlich ist. Und der Heiland selbst ist „zum Falle und zur Auferstehung Vieler“ und bleibt dennoch Heiland, mögen auch Unzählige fallen; sein Erscheinen auf Erden vermehrt die Strafe Derer, die nicht glauben und bleibt trotzdem heilbringend. Darum sagt auch Paulus: „Für Gott sind wir ein Wohlgeruch,“ das heißt, mögen auch Manche verloren gehen, wir bleiben, was wir sind. Er fügt ausdrücklich „für Gott“ hinzu. Sind wir aber ein „Wohlgeruch für Gott“ und anerkennt Gott Dieses durch sein Urtheil, wer wagt es dann ferner, zu widersprechen? — Der Ausdruck: „Christi Wohlgeruch sind wir“ ist, wie mir dünkt, einer doppelten Auslegung fähig. Entweder meint Paulus: Wir bringen uns täglich sterbend selbst zum Opfer dar; oder: Wir sind der liebliche Geruch vom Opfertode Christi, wie man etwa sagt: Von diesem Opfer ist jenes Rauchwerk der Wohlgeruch. Entweder denkt also Paulus mit dem Ausdruck „Wohlgeruch“ an das Letztere, oder er will, wie schon bemerkt, damit sagen, daß die Apostel Tag für Tag um Christi willen geopfert werden. Hier sehen wir nun, auf welche Stufe Paulus die Trübsale erhoben hat, indem er sie Triumph und Wohlgeruch nennt und ein Opfer, das Gott dargebracht wird. Dann weil er gesagt hat: „Ein Wohlgeruch sind wir auch in Denen, die verloren gehen,“ so könnte man wähnen, es seien auch diese Gott wohlgefällig; darum heißt es weiter:

16. Den Einen Geruch des Todes zum Tode, den Anderen Geruch des Lebens zum Leben.

Diesen Wohlgeruch athmen die Einen mit der Wirkung ein, daß sie gerettet werden, die Anderen, daß sie ver- S. 105 loren gehen. Wenn also auch Mancher verloren geht, so ist es seine eigene Schuld; man sagt ja auch von der Salbe, daß an ihr die Schweine ersticken, man weiß auch vom Lichte, daß es schwache Augen blendet. So ist überhaupt das Wesen des Guten; es kräftigt und stärkt Das, was ihm gleichartig ist, während es das Ungleichartige vernichtet; und gerade dadurch zeigt sich am meisten die Kraft des Guten. Es ist wie bei dem Feuer, das ebenfalls seine innere Kraft nicht bloß dann entwickelt und sich als Feuer erweist, wenn es leuchtet und das Gold läutert, sondern auch wenn es das Dorngesträuch verbrennt. So ist es bei Christus selbst; er zeigt auch dann seine Macht und Größe, wenn er den Antichrist mit dem Hauche seines Mundes verzehrt und durch den Glanz seiner Wiederkunft vernichtet. — „Und wer ist hiezu so geeignet?“ Paulus hat voll hohen Rühmens gesprochen: Wir sind Opfer und Wohlgeruch Christi und werden überall zum Triumphe geführt; jetzt fügt er in bescheidener Demuth hinzu, daß Alles Werk Gottes sei. Darum sagt er: „Und wer ist hiezu so geeignet?“ Alles, will er sagen, ist Christi, Nichts unser Werk. Wie verschieden ist doch sein Rühmen von dem der angeblichen Apostel. Denn während diese sich rühmen, daß sie aus sich zur Unterstützung der Lehre Manches beitrügen, so will Paulus im Gegentheile seinen Ruhm darin suchen, daß gar Nichts von ihm selbst komme. „Denn unser Rühmen,“ sagt er, „ist dieses: das Zeugniß unseres Gewissens, daß wir nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in Gnade Gottes gewandelt sind in der Welt.“ Und wenn Jene den Besitz der irdischen Weisheit für einen Gegenstand des Rühmens hielten, so Paulus gerade den Verzicht auf diese Weisheit. Darum sagt er eben: „Und wer ist hiezu geeignet?“ Sind wir aber nicht befähigt, so ist Alles Werk der Gnade.

S. 106


  1. I. Kor. 13, 12. ↩

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Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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