1.
Vers 22: „Ihr Weiber, seid euren Männern untertan wie dem Herrn.
V.23: Denn der Mann ist das Haupt des Weibes, wie auch Christus das Haupt der Kirche und der Heiland seines Leibes ist.
V.24: So wie aber die Kirche dem Herrn untertan ist, so [sollen es] auch die Weiber ihren Männern gegenüber sein in allem.“
Ein weiser Mann rechnet unter die Dinge, derentwegen man glücklich zu preisen ist, nebst vielen anderen auch „das gute Einverständnis zwischen Mann und Weib“1 . Und an einer anderen Stelle wiederum erklärt er es als Glück, wenn Mann und Weib einträchtig zusammenleben2 . Und sichtlich hat Gott schon von Anfang an auf diese Verbindung große Sorgfalt gelegt. Die Heilige Schrift spricht von beiden wie von einer S. 411 Person mit den Worten: „Als Mann und Weib erschuf er sie“3 ; und wiederum: „Da ist weder Mann noch Weib“4 . Denn zwischen Mann und Mann ist das Verhältnis nie so innig wie zwischen Weib und Mann, wenn er, wie es sein soll, [mit ihr] ehelich verbunden ist. Darum spricht auch ein heiliger Mann in seiner Klage über den Verlust des vertrautesten Freundes, um das Übermaß der Liebe auszudrücken, nicht von Vater, Mutter, Kind, Bruder, Freund; sondern was sagt er? „Die Liebe zu dir überwältigt mich gleich der Frauenliebe“5 . Denn in der Tat, tyrannischer ist keine Tyrannei als diese Liebe. Zwar sind auch die anderen Begierden heftig; diese aber ist nicht bloß heftig, sondern auch unauslöschlich. Denn es liegt in der Natur ein verborgener Trieb, der unwillkürlich die beiden Geschlechter zueinander zieht. Deswegen nahm im Anfang das Weib seinen Ursprung vom Manne und nachher Mann und Weib von Mann und Weib. Siehst du, wie innig sie miteinander verbunden und verknüpft sind? Und wie Gott diese Verbindung gegen das Eindringen jedes fremdartigen Wesens verwahrt hat? Sieh nur, wie weit seine Anordnung ging! Er duldete die Heirat mit der eigenen Schwester, mehr noch, nicht mit der Schwester, sondern mit der Tochter, mehr noch, nicht mit der Tochter, sondern mit etwas, das mehr ist als Tochter, mit dem eigenen Fleische. Das alles tat er im Anbeginn, um die Menschen gleichsam wie Steine zu einem einheitlichen Baue zusammenzufügen. Er bildete die Frau nicht aus einem anderen Stoffe, damit [der Mann] sie nicht als eine Fremde betrachte; er engte hinwiederum die Ehe auch nicht auf sie [auf Schwester oder Tochter] ein, damit [der Mann] bei seiner Wahl sich nicht Beschränkung auferlege und sich so gegen die übrigen [Frauen] abschließe.
Und gleichwie unter den Pflanzen jene die vorzüglichsten sind, welche nur einen Stamm S. 412 haben und von da aus sich in zahlreiche Äste verzweigen - wenn sie also nur um die Wurzel wuchern, ist alles umsonst; und wenn sie noch so viele Wurzeln hätten, so sind sie [dadurch] noch kein ordentlicher Baum -: so ließ Gott auch hier von dem einen Adam das ganze Menschengeschlecht abstammen, indem er ihm zur Verhütung von Spaltung und Trennung einen mächtigen inneren Trieb einpflanzte; und um die Verbindung enger zu gestalten, ließ er in der Folge die Heirat mit Schwester und Tochter nicht mehr zu, damit wir die Liebe nicht einseitig beschränken und in anderer Weise uns voneinander absondern. Deshalb sagt die Schrift: „ Der, welcher im Anfang die Menschen schuf, hat sie als Mann und Weib geschaffen“6 . Daraus entspringt großes Wohl und Wehe für die Familien wie für die Staaten. Denn nichts schweißt unser Leben so sehr zusammen wie die Liebe zwischen Mann und Weib. Dafür greifen viele zu den Waffen, dafür geben sie selbst ihr Leben preis. - Nicht umsonst und nicht zwecklos hat Paulus so großes Gewicht darauf gelegt, wenn er sagt: „Ihr Weiber, seid euren Männern untertan wie dem Herrn!“ Warum denn? Weil dann, wenn Mann und Weib in Eintracht leben, die Kinder gut erzogen werden, die Dienstboten ihre Pflicht tun, die Nachbarn, Freunde und Verwandten sich daran erbauen, während im Gegenfalle alles drunter und drüber geht. Und gleichwie, wenn die Heerführer miteinander in gutem Einvernehmen stehen, in allem die schönste Ordnung herrscht; dagegen, wenn sie uneins werden, vollständiger Wirrwarr entsteht: geradeso geht es auch hier. Darum sagt der Apostel: „Ihr Weiber seid euren Männern untertan wie dem Herrn!“ -
Ei, warum heißt es denn anderswo: „Wer nicht seinem Weibe und seinem Manne entsagt, kann mir nicht nachfolgen?“7 . Wenn man ihnen wie dem Herrn untertan sein soll, wie kann die Schrift verlangen, um des Herrn willen S. 413 sich von ihnen zu trennen? Allerdings müssen die Frauen untertan sein; aber jenes „wie“ hat nicht in allen Fällen die gleiche Bedeutung. Entweder will der Apostel sagen: Seid untertan in der Überzeugung, daß ihr damit dem Herrn dienet; wie er auch an einer anderen Stelle sagt: wo nicht um des Mannes willen, so doch vorzüglich um Gottes willen. Wenn du dich dem Manne fügst, so tue es in der Überzeugung, Gott damit zu dienen! Denn wenn derjenige, der sich der weltlichen Obrigkeit widersetzt, sich gegen Gottes Anordnung auflehnt, um so mehr tut dies eine Frau, die ihrem Manne nicht untertan ist. So hat es Gott von Anfang an gewollt. Halten wir also daran fest: Der Mann vertritt die Stelle des Hauptes, das Weib aber die des Leibes. Der Apostel zeigt dies im folgenden auch durch einen entsprechenden Schluß: „Der Mann“, sagt er, „ist das Haupt des Weibes, wie auch Christus das Haupt der Kirche und der Heiland seines Leibes ist. So wie aber die Kirche Christus untertan ist, so sollen es auch die Weiber ihren Männern gegenüber sein in allem.“ Also: „Der Mann ist“, sagt er, „das Haupt des Weibes, wie auch Christus das Haupt der Kirche und der Heiland seines Leibes ist“; denn auf dem Haupte beruht das Heil des Leibes. So hat denn Gott in weiser Fürsorge von vornherein für den Mann die Liebe zum Fundament gemacht und jedem seine entsprechende Stelle angewiesen, dem Manne die Herrschaft und Fürsorge, dem Weibe die Unterordnung.
