• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Vierte Homilie. *Kol. 1, 21—25.*

2.

Was ist das für eine Gedankenfolge? Trotz des scheinbaren Widerspruchs besteht hier der innigste Zusammenhang. „Diener“ nennt er sich, statt zu sagen: Ohne Zutat von meiner Seite verkünde ich das Wort eines andern. Ich glaube so fest an ihn, daß ich auch für ihn leide; und ich leide nicht nur, sondern ich freue mich sogar der Leiden, im Hinblick auf die zukünftige Hoffnung; und ich leide nicht zu meinem, sondern zu eurem Besten. — „... und ersetze vollends, was noch abgeht an den Leiden Christi in meinem Fleische.“ Was S. 289 er da sagt, klingt auf den ersten Blick großsprecherisch; allein es geht nicht aus Hochmut hervor — Gott bewahre —, sondern vielmehr aus der zärtlichsten Liebe zu Christus. Er möchte nämlich seine Leiden auf Christus bezogen wissen, um seine Zuhörer für Christus zu gewinnen. Was ich leide, ist der Sinn, leide ich um seinetwillen; danket daher nicht mir, sondern ihm; denn er leidet dies. Es ist geradeso, wie wenn einer, der zu jemandem geschickt würde, einen andern ersuchte: Ich bitte dich, geh du für mich zu ihm! und dieser dann sagte: Ich handle in seinem Auftrage. Daher nimmt Paulus keinen Anstand, auch diese seine Leiden Christus zuzuschreiben. Denn er ist nicht nur für uns gestorben, sondern auch nach dem Tode noch bereit, Trübsal für uns zu erdulden. Mit allem Eifer und Nachdruck bemüht sich der Apostel zu zeigen, daß Christus auch jetzt noch für die Kirche einsteht mit Leib und Leben. Seine Worte laufen darauf hinaus: Nicht durch uns werdet ihr zu Gott hingeführt, sondern durch ihn, obgleich wir dieses tun; denn was wir auf uns genommen haben, ist nicht unser eigenes Werk, sondern das seinige. Ein Gleichnis: Eine Heerschar mit ihrem Feldherrn, der sie mit seinem Schilde deckt, stehe im Treffen; dieser lasse sich sodann von seinem Unterfeldherrn ablösen, der nun an seiner Statt die Hiebe auffängt bis zur Beendigung des Kampfes: dasselbe ist auch hier der Fall. — Vernimm sodann, daß Paulus um Christi willen dieses tut! „Für seinen Leib“, spricht er. Oder er will das damit sagen: Ich tue es nicht euch, sondern Christus zuliebe. Denn was er leiden müßte, das leide ich statt seiner. — Beachte den großartigen Inhalt seiner Worte! Er zeigt die überwältigende Wirkung der göttlichen Liebe. Wie er im zweiten Briefe an die Korinther schreibt: „Uns übertrug er das Amt der Versöhnung1“, und wiederum: „Für Christus üben wir das Botschafteramt, gleich als ermahnte Gott durch uns2“; ebenso drückt er sich auch an unserer Stelle aus: Für ihn leide ich, um die Gläubigen desto eher anzu- S. 290 ziehen. D. h. wenn auch derjenige, der eure Schuld übernommen hat, hingegangen ist, so werde doch ich sie bezahlen. Deshalb sagt er auch: „was noch abgeht“, um anzudeuten, daß er Christi Leiden noch keineswegs als abgeschlossen betrachte. Er leidet auch nach dem Tode noch für euch, versichert er, wenn es je noch an etwas fehlen sollte. In anderer Form äußert er dasselbe im Römerbriefe: „Der auch fürbittet für uns“, um anzuzeigen, daß er sich nicht begnügte, bloß für uns zu sterben, sondern daß er auch nachher noch Unzähliges für uns tue. Paulus will also mit diesen Worten nicht sich selbst überheben, sondern dartun, daß Christus auch jetzt noch für sie sorge. — Und er sichert seiner Rede die Glaubwürdigkeit durch den Zusatz: „für seinen Leib“. Daß nämlich dem wirklich so sei und daß es nichts Unwahrscheinliches enthalte, erhellt daraus, daß dieses „für seinen Leib“ geschieht. — Sieh, wie innig Christus uns mit sich verbunden hat! Warum wollt ihr also eine Vermittlung durch Engel aufstellen?

V. 25: „Deren Diener ich geworden bin.“

Warum wollt ihr andere Boten (ἀγγέλους) einführen? Ich bin damit beauftragt. Um sodann zu zeigen, daß er nichts in seinem eigenen Namen getan habe, da er ja nur Diener sei, so fährt er fort: „deren Diener ich geworden bin nach der Veranstaltung (οἰκονομίαν) Gottes, die mir für euch verliehen ward, um zu vollenden das Wort Gottes“. — „Veranstaltung.“ Entweder er will das sagen: Es war sein Wille, daß wir nach seinem Hingange die Veranstaltung übernehmen, damit ihr euch nicht wie verlassen fühlet; denn er ist es, der gelitten hat, er ist es, der als Gesandter vermittelt; — oder der Sinn ist dieser: Mich, den allergrimmigsten Verfolger, ließ er deswegen das Christentum verfolgen, damit ich als Prediger desselben umso glaubwürdiger wäre; — oder er versteht unter „Veranstaltung“, daß Gott als Vorbedingung nicht Werke, Handlungen und Verdienste, sondern Glauben und Taufe verlangte; denn sonst hättet ihr sein Wort nicht aufgenommen. — „Für euch,“ heißt es, „um zu vollenden das Wort Gottes.“ Er spricht mit Bezug auf die Heiden; durch den Ausdruck „um zu vollenden“ gibt er S. 291 zu verstehen, daß sie noch schwankten. Daß nämlich die verworfenen Heiden überhaupt imstande waren, so erhabene Wahrheiten zu erfassen, das konnte nicht Paulus bewirken, sondern nur die „Veranstaltung Gottes“; denn ich, will er sagen, hätte das nicht vermocht. Erst nachdem er das Großartigere kundgetan, daß (nämlich) seine Leiden Christi Leiden seien, erst dann fügt er das Verständlichere hinzu: Auch das ist Gottes Werk, daß ich sein Wort für euch vollende. Er zeigt hier, vorderhand noch nicht bestimmt: Auch das kommt von der Veranstaltung Gottes her, daß euch das Evangelium erst jetzt verkündet wird, wo ihr imstande seid, es zu hören; ihr solltet nicht vernachlässigt, sondern erst zur Aufnahme desselben befähigt werden. Denn Gott tut nicht alles auf einmal, sondern bequemt sich in seiner großen Menschenfreundlichkeit unserer Schwachheit an. Dies ist auch der Grund, warum Christus jetzt, und nicht schon längst, auf Erden erschienen ist. Und im Evangelium zeigt er, daß er deswegen zuerst die Knechte sandte, damit sie nicht zur Ermordung des Sohnes schreiten sollten3. Denn wenn sie sich vor dem Sohne nicht einmal scheuten, da er nach den Knechten kam, so hätten sie vorher noch wenigeren Respekt gehabt. Wenn sie auf die geringeren Vorschriften nicht hörten, wie hätten sie wohl auf die größeren hören sollen?

Wie nun, könnte man einwenden, gibt es nicht auch jetzt noch Juden und Heiden, denen es an der Erkenntnis der Wahrheit fehlt? — Daran trägt nunmehr lediglich grenzenlose Gleichgültigkeit die Schuld. Denn wenn sie nach so langer Zeit, nach so vieler Belehrung noch nicht unterrichtet sind, so ist das ein Beweis großer Trägheit. —


  1. Vgl. 2 Kor. 5, 18. ↩

  2. Ebd. 5, 20. ↩

  3. Vgl. Matth. 21, 33 ff.; Mark. 13, 1 ff.; Luk. 20, 9ff. ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (174.63 kB)
  • epubEPUB (156.47 kB)
  • pdfPDF (602.60 kB)
  • rtfRTF (477.51 kB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur l'épître aux Colossiens vergleichen
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
Einleitung

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung