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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Achte Homilie. *Kol. III, 5—15.*

2.

Was aber bedeutet: „mit seinen Werken“? Den freien Willen samt den Werken. „Alt“ aber nennt er den Menschen, um seine Häßlichkeit, Entstellung und Schwäche zu bezeichnen; und von einem „neuen“ spricht er, anstatt zu sagen: Ihr braucht nicht zu befürchten, daß es diesem ebenso ergehen werde, sondern im Gegenteil: mit den fortschreitenden Jahren nähert er sich nicht dem Alter, sondern einer Jugend, weit blühender, als es die frühere war. Je mehr er nämlich an Erkenntnis zunimmt, und je größerer Gnaden er gewürdigt wird, desto mehr steigert sich seine Frische und Kraft, nicht allein infolge der (neuen) Jugend, sondern auch infolge der schönen Gestalt, nach welcher er sich bildet. Sieh, der vollkommene Lebenswandel wird eine Schöpfung genannt. — Nach dem Ebenbilde Christi; denn dies bedeuten die Worte: „Nach dem Ebenbilde dessen, der ihn erschaffen hat“; da ja auch Christus nicht letztlich alterte, sondern seine unaussprechliche Schönheit beibehielt.

V. 11: „Wo nicht Heide und Jude ist, Beschneidung und Vorhaut, Barbar und Skythe, Knecht und Freier, sondern alles, und in allen Christus.“

Sieh den dritten Vorzug dieses neuen Menschen, da (bei ihm) Nationalität und Rang und Abstammung keinen Unterschied macht, da er nichts von diesen Äußerlichkeiten (an sich hat) und derselben auch gar nicht bedarf; denn die angeführten Dinge sind lauter Äußer- S. 345 lichkeiten: „Beschneidung und Vorhaut, Knecht, Freier, Heide“ — d. i. Proselyt, „und Jude“ — von jüdischen Vorfahren. Wenn du nur diesen (neuen Menschen) hast, so wirst du dieselben Güter erlangen wie die anderen, die im Besitze (jener Äußerlichkeiten) sind. — „Sondern alles, und in allen Christus“, sagt der Apostel; alles wird euch Christus ersetzen, Rang und Geburt, und er wird in euch allen sein. Oder der Apostel will ein anderes lehren: daß ihr alle ein Christus geworden seid, indem ihr seinen Leib bildet.

V. 12: „Ziehet also an als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte ...“

Er zeigt, was es Leichtes um die Tugend sei, auf daß sie dieselbe beständig bewahrten und als höchsten Schmuck betrachteten. Auch verbindet er mit der Ermahnung zugleich ein Lob; denn auf diese Art macht sie den größten Eindruck. Sie waren nämlich Heilige, aber nicht Auserwählte; jetzt aber sind sie „Auserwählte, Heilige und Geliebte“. — „... ein Herz voll Erbarmen ...“ Er sagt nicht: Mitleid, sondern setzt ausdrucksvoller dafür diese zwei Ausdrücke. Auch sagt er nicht: wie der Bruder gegen den Bruder, sondern wie der Vater gegen das Kind. Komme mir nicht etwa mit dem Einwand: der Nächste hat sich an mir versündigt! Darum heißt es eben „ein Herz“. Auch sagt er nicht einfach „Erbarmen“, damit man die Fehlenden nicht geringschätze, sondern: „ein Herz voll Erbarmen“. — „... Güte, Demut, Sanftmut, Geduld“;

V. 13: „einander ertragend und gegenseitig vergebend, wenn einer wider den andern Klage hat. Gleichwie Christus1 euch vergeben hat, so auch ihr.“

Wiederum geht er ins Einzelne; das tut er immer. Auf die Güte gründet sich nämlich die Demut, und auf diese die Geduld. — „Einander ertragend“, sagt er; d. h. Nachsicht übend. — Und beachte, wie er die Sache als nicht von Belang darstellt, da er nur von einer „Klage“ spricht und hinzufügt: „Gleichwie Christus euch vergeben hat.“ Ein erhabenes Vorbild! So verfährt der S. 346 Apostel immer: durch den Hinweis auf Christus sucht er sie zu bestimmen, „Eine Klage“, sagt er. Dadurch bezeichnet er die Sache als geringfügig; durch das Beispiel aber, das er ihnen vor Augen hält, überzeugt er sie, daß wir selbst dann einander vergeben müssen, wenn wir über schwere Beleidigungen zu klagen hätten. Denn dies ergibt sich aus den Worten: „Gleichwie Christus“; und nicht nur dies, sondern daß es auch von ganzem Herzen geschehen soll; ja noch mehr, daß wir sogar (die Beleidiger) lieben müssen. Denn das Beispiel Christi, welches der Apostel zitiert, legt all das nahe; und daß wir, mag die Kränkung auch noch so schwer sein, mögen wir auch dazu vorher keinen Anlaß gegeben haben, mögen wir auch noch so hoch, jene aber noch so tief stehen, mögen sie uns auch hinterher übermütig verhöhnen, — und daß wir unser Leben für sie opfern müssen; denn jenes „Gleichwie“ verlangt das von uns; ja daß unsere Liebe nicht einmal mit dem Tode aufhören darf, sondern womöglich denselben noch überdauern muß.

V. 14: „Über alles dieses aber (ziehet an) die Liebe, welche das Band der Vollkommenheit ist.“

Siehst du, daß er dies meint? Weil man nämlich vergeben kann, ohne zu lieben, so erklärt er: Man muß auch lieben, und deutet (damit) den Weg an, der die Vergebung ermöglicht. Denn es kann einer gütig, sanftmütig, demütig und geduldig sein, ohne Liebe zum Nächsten zu haben. Darum schickte er voraus: „ein Herz voll Erbarmen“, Liebe und Mitleid. — „Über alles dieses aber die Liebe, welche das Band der Vollkommenheit ist.“ Was er aber sagen will, ist dieses: Nichts von alledem ist nütze, denn das alles wird zunichte gemacht, wenn es nicht mit Liebe geschieht. Die Liebe hält alles dieses zusammen; was du auch immer Gutes nennen magst, ohne sie ist es nichts, sondern wird hinfällig. Es verhält sich hier wie bei einem Schiffe: Die ganze Einrichtung mag noch so trefflich sein, wenn die Gurten2 fehlen, so nützt es nichts; oder wie bei einem S. 347 Hause, wenn die Bindungen fehlen; oder wie bei einem Körper: die Knochen mögen noch so stark sein, wenn die Sehnen fehlen, ist er nichts nütze. Denn es mag einer was immer für Tugendwerke aufweisen, sie sind alle wertlos ohne die Liebe. — Der Apostel nennt sie nicht den Gipfel, sondern, was mehr bedeuten will, „das Band (der Vollkommenheit)“. Dies drückt ihre Unentbehrlichkeit viel besser aus als jenes. Denn Gipfel bezeichnet nur einen höheren Grad der Vollkommenheit, Band aber die feste Vereinigung dessen, was die Vollkommenheit ausmacht, gleichsam die Wurzel.

V. 15: „Und der Friede Gottes schiedsrichte (βραβευέτω)3 in euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen seid in einem Leibe; und seid dankbar!“


  1. Vulgata: Dominus. ↩

  2. ὑποζῶμα „Bei Trieren ein Gurt, um das Schiff gegen den Wogenandrang zu schützen“ (Pape). ↩

  3. Vulgata: „und der Friede Christi frohlocke ...“ ↩

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