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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Zehnte Homilie. *Kol. III, 18 bis Kol. IV, 4.*

5.

Wie ist das möglich? höre ich fragen. Wenn wir die goldenen Ketten zertrümmern und zerbrechen. Von diesen haben wir gar keinen Nutzen, sondern vielmehr Schaden. Sie werden uns im Jenseits zu Gefangenen machen, während die Ketten des hl. Paulus die Bande der Hölle sprengen werden. Ein Weib, das hienieden goldene Ketten sich umlegt, wird im Jenseits mit den ewigen Ketten an Händen und Füßen gebunden werden; ein Weib dagegen, das jetzt die Ketten des heiligen Paulus trägt, wird dieselben alsdann als Schmuck an sich tragen. Befreie dich von der Kette und den Armen vom Hunger! Warum flichst du dir Sündenketten? — Inwiefern? fragt man. — Wenn du in goldenem Schmucke prangst, während der Nächste zugrunde geht; wenn du, um deiner Eitelkeit zu frönen, so viel Gold an dich hängst, während der Nächste nichts zu essen hat; flichst du dir da nicht eine Sündenkette? — Zieh Christus an und nicht das Gold! Wo der Mammon ist, da ist Christus nicht; wo Christus ist, da ist der Mammon nicht. Willst du nicht den König des Weltalls selbst anziehen? Wenn man dir Krone und Purpur böte, würdest du das nicht lieber annehmen als alles Geld? Ich gebe dir nicht den königlichen Schmuck, aber ich biete dir die Möglichkeit, den König selbst anzuziehen. — Ja, hält man mir entgegen, wie kann man denn Christus anziehen? Vernimm die Worte des hl. Paulus: „Ihr alle, die ihr in S. 382 Christus getauft seid, habt Christus angezogen1.“ Höre die apostolische Mahnung: „Pfleget das Fleisch nicht zur Begierlichkeit2!“ Auf diese Weise zieht man Christus an, wenn man das Fleisch nicht zur Begierlichkeit pflegt. Wenn du Christus anziehst, so werden selbst die Dämonen sich vor dir fürchten; ziehst du aber das Gold an, so werden sogar die Menschen dich auslachen. Wenn du Christus anziehst, so werden auch die Menschen vor dir Ehrfurcht haben. — Du willst schön und geschmückt erscheinen? Laß dir's genügen, wie der Schöpfer dich gebildet hat! Warum fügst du goldenen Zierat hinzu, als wolltest du das Gebilde Gottes verbessern? Du möchtest gerne schön geschmückt erscheinen? Zieh an die Barmherzigkeit, zieh an die Menschenfreundlichkeit, zieh an die Sittsamkeit, die Bescheidenheit! Das alles ist wertvoller als Gold. Diese Tugenden statten selbst eine reizende Frau mit noch größerem Reize aus; diese Tugenden verleihen auch einer nicht anmutigen anmutsvolle Schönheit. Sieht man nämlich das Antlitz von Wohlwollen verklärt, so fällt man sein Urteil nach der Liebenswürdigkeit; eine böse Frau dagegen kann man nicht schön nennen, selbst wenn sie äußerlich schön sein sollte. Denn sobald das bessere Gefühl beleidigt wird, so fällt es kein günstiges Urteil. — Geschmückt war dereinst die Ägypterin; geschmückt war auch Joseph. Wer von beiden war nun schöner? Ich spreche nicht von der Zeit, wo sie im Palaste, er im Kerker war. Er war nackt, hatte aber das Gewand der Keuschheit an; sie steckte zwar in ihren Kleidern, war aber häßlicher als eine Nackte, weil ihr die Sittsamkeit fehlte. Wenn du, o Weib, dich auffällig herausputzest, dann bist du häßlicher als eine Nackte; du entkleidest dich eben des sittlichen Anstandes. Auch Eva war nackt; aber als sie sich bekleidete, da war sie häßlicher. Denn während sie nackt war, war sie geschmückt mit der Herrlichkeit Gottes; als sie aber das Kleid der Sünde angezogen hatte, da war sie häßlich. Auch du erscheinst dann häßlicher, wenn du das Kleid der Putzsucht anziehst. Daß nämlich der kost- S. 383 spielige Anzug nicht hinreicht, eine Frauensperson schön erscheinen zu lassen, sondern daß sie (selbst) in einem solchen weit unanständiger sein kann als eine Nackte — sag mir denn: Wenn du einmal das Kostüm eines Flötenbläsers oder eines Tanzmusikanten anziehen würdest, wäre das nicht eine Verletzung des Anstandes? Und doch sind diese Kleider mit Gold verziert; aber gerade in der Goldverschwendung liegt das Unschickliche derselben. Denn eine so prunkvolle Tracht paßt wohl für die Akteure der Bühne, für die Tragöden, für die Lustspieler, für die Mimen, für die Tänzer, für die Tierkämpfer; einer Christin aber ist von Gott ein anderer Anzug gegeben, der eingeborene Sohn Gottes selbst. „Denn ihr alle,“ spricht der Apostel, „die ihr in Christus getauft seid, habt Christus angezogen3.“ Sage mir, wenn man dir königliche Kleider gäbe und du das Gewand des Landstreichers darüber anzögest, würdest du da nicht, (ganz) abgesehen von dem Verstoße gegen die Schicklichkeit, geradezu strafwürdig handeln? Den Herrn des Himmels und der Engel hast du angezogen, und du treibst dich immer noch auf der Erde herum? — Ich habe (bisher) so viel gesagt, daß die Putzsucht an sich schon vom Übel ist, selbst wenn sie weiter keine schlimmen Folgen hätte, sondern ohne Gefahr befriedigt werden könnte; denn sie führt zu Eitelkeit und Hoffart. Nun aber entstehen noch andere Übel in Menge aus der Putzsucht: falscher Verdacht, sinnlose Verschwendung, Lästerungen, Veranlassungen zu unerlaubter Gewinnsucht. Denn warum, sage mir, putzest du dich so heraus? Um dem Manne zu gefallen? Nun, so tue es zu Hause! Hier aber geschieht gerade das Gegenteil. Wenn du nämlich dem eigenen Manne gefallen willst, so vermeide es, den fremden zu gefallen! Wenn du aber den fremden Männern zu gefallen trachtest, so wirst du dem eigenen nicht gefallen können. Daher solltest du allen Schmuck ablegen, wenn du ausgehst, wenn du dich in die Kirche begibst. Übrigens suche deinem Manne nicht durch solche Dinge zu gefallen, durch welche auch die feilen Dirnen zu gefallen streben, sondern vielmehr durch das, S. 384 wodurch edle Frauen gefallen. Denn wodurch, sage mir, unterscheidet sich die Frau von der Dirne? Dadurch, daß die eine einzig darauf bedacht ist, durch körperliche Reize den Liebhaber an sich zu fesseln, jene dagegen auch dem Hauswesen vorsteht und in Gemeinschaft mit dem Manne die Kinder und alles übrige betreut. — Du hast ein Töchterlein? Gib wohl acht, daß es nicht Schaden nehme! Denn die Kinder pflegen ihren Charakter nach der erhaltenen Erziehung zu bilden und in ihren Sitten das Beispiel der Mutter nachzuahmen. Sei für deine Tochter ein Muster der Sittsamkeit! Schmücke dich mit dem Schmucke der Seele und sieh zu, daß du den Schmuck des Leibes verachtest! Denn in Wirklichkeit ist nur jenes Schmuck, dieses hingegen Unanständigkeit. — Das Gesagte wird genügen. Gott aber, der die Weltenzier4 erschaffen und uns den Schmuck der Seele verliehen hat, schmücke und bekleide uns mit seiner Herrlichkeit, damit wir alle durch den Glanz guter Werke und durch ein Leben zu seiner Ehre den Tribut der Verherrlichung entrichten dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.


  1. Gal. 3, 27. ↩

  2. Röm. 13, 14. ↩

  3. Gal. 3, 27. ↩

  4. Das griechische Wortspiel mit κόσμος, das „Welt“ und „Schmuck“ bedeutet, geht in der Übersetzung großenteils verloren. ↩

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