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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Elfte Homilie. *Kol. IV, 5—11.*

2.

Es gibt kein größeres Lob als dieses. Der Genannte ist jener Aristarchus, der mit ihm von Jerusalem S. 388 abgeführt worden war1. Der Apostel sagt Größeres von sich aus als die Propheten. Während nämlich diese sich nur Fremdlinge und Pilger nennen, nennt er sich sogar einen Kriegsgefangenen. Gleich den Kriegsgefangenen wurde er hin und her geschleppt und war den Mißhandlungen aller ausgesetzt; ja es erging ihm noch weit schlimmer als jenen. Denn sobald jene in die Gewalt der Feinde gefallen sind, werden sie fortan gut verpflegt und als eigenes Besitztum sorgfältig betreut; diesen aber schleppten alle wie einen Feind und Gegner hin und her, indem sie ihn mißhandelten, geißelten, beschimpften und verleumdeten. Dieses war auch für die Kolosser ein Trost, wenn sich auch der Lehrer in gleicher Lage befand. — „... und Markus, der Vetter des Barnabas,...“ Auch bei diesem hebt er zuerst rühmend die Verwandtschaft hervor; denn Barnabas war eine bedeutende Persönlichkeit. — „... über den ihr Aufträge erhalten habt; wenn er zu euch kommt, so nehmt euch seiner an; ...“ Wie? Hätten sie sich seiner nicht angenommen? Ja doch. Aber ihr sollt es mit besonderer Sorgfalt, spricht er; und dies läßt auf die Bedeutung des Mannes schließen. Woher sie die Aufträge erhalten haben, gibt er nicht an.

V. 11: „und Jesus, genannt Justus...“

Dieser war vielleicht aus Korinth. Nachdem er so die eigentümlichen Vorzüge eines jeden genannt hat, erteilt er ihnen sodann ein Lob, das allen gemeinschaftlich zukam: „... welche aus der Beschneidung sind; diese allein sind meine Mitarbeiter am Reiche Gottes, die mir zum Troste waren.“ Er sprach vorhin von seinem „Mitgefangenen“; um nun in seinen Zuhörern keine gedrückte Stimmung aufkommen zu lassen, so beachte, wie er sie durch diese Stelle hier wieder aufrichtet! Er sagt: „Mitarbeiter am Reiche Gottes“. Indem sie also teilnehmen an den Prüfungen, erhalten sie Anteil am Himmelreiche. — „Die mir zum Troste waren.“ Daraus erhellt ihre große Bedeutung; sonst hätten sie gewiß einem Paulus keinen Trost gewähren können.

S. 389 Doch laßt uns die hohe Einsicht des hl. Paulus ins Auge fassen! „In Weisheit“, sagt er, „gehet um mit denen, welche draußen sind, indem ihr die Zeit erkaufet2!“ Das heißt: Die Zeit gehört nicht euch, sondern jenen. Gebärdet euch also nicht als unumschränkte Herren der Zeit, sondern erkaufet sie! Und er sagt nicht schlechthin: Kaufet, sondern „erkaufet“, indem ihr sie auf andere Weise zu der ewigen macht. Es wäre doch außerordentlich töricht, Anlässe zu Kämpfen und Anfeindungen förmlich bei den Haaren herbeizuziehen. Denn abgesehen davon, daß ihr euch unnötigen und nutzlosen Gefahren aussetzt, erwächst daraus noch der weitere Nachteil, daß die Heiden sich euch nicht nähern. Ja, wenn du dich unter deinen Mitbrüdern befindest, da ist sorglose Vertrauensseligkeit vollkommen am Platze; draußen aber empfiehlt sich das nicht. — Siehst du, wie er unter „denen, welche draußen sind“, überall die Heiden versteht? Deswegen sagt er auch im Briefe an Timotheus: „Er muß aber auch ein gutes Zeugnis haben von denen, die draußen sind3“; und abermals: „Denn was geht es mich an, auch diejenigen zu richten, die draußen sind4 ?“ Denn draußen sind sie, mögen sie auch auf derselben Welt wohnen wie wir, weil sie außerhalb des Reiches Gottes und des Vaterhauses stehen. Zugleich ist (für die Gläubigen) auch ein Trost darin enthalten, daß er jene Außenstehende nennt. Dasselbe sprach er schon weiter oben aus: „Euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott5.“ Dann, sagt er, suchet Ruhm, dann Ehren, dann alles übrige; jetzt aber nicht, sondern überlasset es jenen! — Darauf läßt er, damit du nicht wähnest, er denke dabei6 an Geld und Gut, die Worte folgen: „Eure Rede sei allezeit in Anmut, mit Salz gewürzt, so daß ihr wisset, wie ihr einem jeden antworten sollt7!“ Sie darf nicht voll Heuchelei sein; denn das wäre nicht Anmut, nicht mit Salz gewürzt. S. 390 Wenn du z. B. dienstfertig sein kannst, so weigere dich dessen nicht; wenn sich Gelegenheit zu freundlicher Unterhaltung bietet, so erblicke darin nicht Schmeichelei; laß dich zu jeder Ehrbezeigung herbei, soweit es ohne Verletzung der Gottesfurcht geschehen kann! Siehst du nicht, wie Daniel sich gegen einen gottlosen Menschen achtungsvoll benimmt? Siehst du nicht, wie die drei Jünglinge voll Weisheit sich benehmen und Mut und Unerschrockenheit an den Tag legen, ohne frech und beleidigend zu werden? Denn dies wäre nicht mehr Unerschrockenheit, sondern eitle Prahlerei. — „So daß ihr wisset,“ heißt es, „wie ihr einem jeden antworten sollt.“ Denn anders muß man dem Fürsten, anders dem Untertanen, anders dem Reichen, anders dem Armen Rede und Antwort stehen. Warum? Weil die Seelen der Reichen und Hochstehenden durchgehends schwächer, aufbrausender und zerfahrener sind; daher muß man sich ihnen anbequemen. Die der Armen und Untertanen sind weniger empfindlich und belehrsamer; daher darf man sich hier auch größerer Freimütigkeit bedienen, wobei man nur eines im Auge behalten muß, die Erbauung. Nicht weil dieser reich, jener aber arm ist, soll der eine mehr, der andere weniger geehrt werden; sondern mit Rücksicht auf die Schwachheit muß man den einen mehr ertragen als den andern. So z. B. hüte dich, ohne jede Veranlassung einen Heiden verrucht zu nennen oder zu schmähen; wirst du dagegen über seine Religion gefragt, so darfst du antworten, sie sei verrucht und gottlos; aber ohne daß dich jemand fragt und zum Sprechen nötigt, mußt du dir nicht so ohne weiteres Feindschaft zuziehen. Denn wozu sich unnötiger Weise verfeinden? Ferner, wenn du jemanden zu unterrichten hast, so rede, wie es der vorliegende Gegenstand erheischt; sonst schweige! — Ist die Rede mit Salz gewürzt, so wird sie, wenn sie auf eine zerfahrene Seele trifft, deren lockeres Gefüge festigen; und wenn sie auf eine schroffe trifft, so wird sie deren Sprödigkeit zermalmen, falls (die Rede) anmutig ist. Sie verfalle weder in einen beleidigend plumpen, noch andrerseits in einen süßlich gespreizten Ton, sondern verbinde Ernst mit Milde. Denn klingt sie übertrieben herbe, so schadet sie mehr, S. 391 als sie nützt; hascht sie dagegen nach übertriebener Artigkeit, so wirkt sie eher abstoßend als anziehend; daher muß überall Maß und Ziel herrschen. Sei weder finster und mürrisch — denn das berührt unangenehm —, noch ausgelassen — denn das ist verächtlich und herabwürdigend —; sondern eigne dir von beiden Eigenschaften die gute Seite an und vermeide die schlimme, gleich der Biene, von dieser die heitere Freundlichkeit, von jener den würdevollen Ernst. — Darf nämlich schon der Arzt bei der Heilung des Leibes nicht überall gleichmäßig verfahren, so gilt das noch in weit höherem Grade vom Lehrer. Und doch kann der Leib eher eine ungeeignete Arznei vertragen, als die Seele eine ungeeignete Rede. Es schließt sich z. B. ein Heide an dich an und wird mit dir befreundet. Sprich mit ihm kein Wort über Glaubenssachen, solange das Band der Freundschaft nicht fest geknüpft ist; und auch dann nur mit ruhiger Vorsicht! —


  1. Vgl. Apg. 27, 2. ↩

  2. V. 5. ↩

  3. 1. Tim. 3, 7. ↩

  4. 1. Kor. 5, 12. ↩

  5. Kol. 3, 3. ↩

  6. Nämlich bei den Worten: „Indem ihr die Zeit erkaufet.“ ↩

  7. Kol. 4, 6. ↩

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