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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Thessalonicenses homiliae 1-11 Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)
Neunte Homilie.

10.

Wenn du also Einen siehst, der an Bädern und üppigen Mahlzeiten sich vergnügt, mit einem Schwarm von Dienern einherzieht und alle Ergötzlichkeiten genießt; so halte dich deßhalb, weil dir solche Dinge nicht zu Gebote stehen, nicht für unglücklich, sondern bedaure einen solchen, weil er den Weg des Verderbens wandelt! Denn was nützt dieser Weg, wenn er ins Verderben endet, und was schadet dir deine jetzige Mühsal, wenn sie dich zur Selig- S. 696 keit führt? Wenn Einer zum königlichen Palaste geladen wäre, aber sich durch enge und steile Gäßchen hindurchwinden müßte, ein Anderer aber zum Tode geführt würde und durch die schönsten Straßen gehen dürfte, welchen von beiden würden wir für glücklich halten, welchen bedauern? So wollen wir denn auch nicht die Schwelger glücklich preisen, sondern Diejenigen, welche in Entsagung leben. Denn diese steigen zum Himmel hinan, jene fahren zur Hölle. — Vielleicht lachen einige von den letztern über diese meine Worte. Ich aber lache nicht über sie, sondern ich beweine und betrauere sie darum, weil sie gar nicht einmal wissen, über was sie lachen und über was sie weinen und trauern sollen, sondern weil sie Alles verwirren. Darum beweine ich sie. Denn bedenk einmal, o Mensch, du mußt auferstehen, du mußt Rechenschaft geben von all deinem Thun und Lassen, die schrecklichste Bestrafung steht dir bevor, du aber denkst an Nichts von alle Dem, und hast deine Gedanken nur auf Schlemmen und Schwelgen gerichtet und kannst noch lachen dazu! Du lachst, aber ich muß dich beweinen, weil ich weiß, was dich für Elend treffen wird, weil ich die Strafe kenne, die deiner wartet, und ich muß um so mehr über dich weinen, weil du lachst. Traure mit mir und beweine mit mir dein Unglück! Wenn Jemand von deinen Augehörigen stirbt, wirst du dich nicht über Diejenigen ärgern und sie als feindselig gesinnt betrachten, welche über dessen Tod lachen, und wirst du dagegen nicht Diejenigen lieben, welche mit dir trauern und weinen? Wenn also dein Weib todt ist, so zürnst du Dem, der darüber lacht; wenn aber deine Seele todt ist, so zürnst du Dem, der darüber weint, du aber lachst dazu. Siehst du, so weit kann es durch die Beeinflußung des bösen Feindes mit dem Menschen kommen, daß er sich selbst zum Feinde und Widersacher wird! Darum wollen wir einmal Verstand annehmen, fleißig Umschau halten, immer wachsam sein; das ewige Lehen wollen wir immer im Auge behalten, uns aufraffen aus dem verderblichen Schlafe! Es gibt ein Gericht, es gibt eine Hölle, es gibt eine Auf- S. 697 erstehung, es gibt eine Rechenschaftsablage. Der Herr wird kommen, hoch auf den Wolken des Himmels, „Feuer flammt vor seinem Angesichte und rings um ihn Stürme und Wetter.“1 Ein Feuerstrom wälzt sich vor ihm her — der Wurm, der nicht stirbt, — das Feuer, das nicht erlischt — die äußerste Finsterniß — das Zähneklappern. Mag sein, daß diese Wahrheiten euch sehr unbequem sind, allein ich muß sie euch unaufhörlich ins Gedächtniß rufen. Haben die Propheten unter Steinregen nicht geschwiegen, so darf ich um so weniger mich vor Unannehmlichkeiten fürchten, denn ich darf nicht so reden, wie ihr es gerne höret, nein, das hieße ja doch nichts Anderes als euch täuschen und auf mich selbst den zermalmenden Zorn Gottes laden. Ja, es gibt im Jenseits eine ewige Strafe, und keine Linderung derselben, keine Rettung aus ihr. „Wer wird Mitleid haben,“ heißt es, „mit einem Beschwörer, wenn er von der Schlange gebissen wird?“2 Wer wird Mitleid haben mit uns, wenn wir selbst keines mit uns haben? Wenn du einen Menschen sich selbst in sein Schwert stürzen siehst, kannst du ihn mit deinem Mitleid retten? Wer kann uns retten, wenn wir recht hätten leben können und sollen, es aber nicht thun mochten? Darum haben wir Erbarmen mit uns selbst, und wenn wir zu Gott rufen: Erbarme dich unser, so wollen wir das auch zu uns sagen, und zuerst selbst Erbarmen mit uns haben! Wir haben es selbst in der Hand, daß Gott sich unser erbarme. Er wird sich ganz sicher unser erbarmen, wofern wir uns nur seiner Erbarmung, seiner Huld und Gnade auch würdig machen. Aber wie kann er uns helfen, wenn wir selbst erbarmungslos gegen uns verfahren? Erbarme dich deines Nebenmenschen, und Gott wird sich deiner erbarmen! Wie Viele rufen täglich dein Erbarmen an, und du würdigst sie keines Blickes! Wie viele Arme und Krüppelhafte flehen zu dir, ihr Jammern aber rührt S. 698 dich nicht! Wie kannst du Anspruch auf Erbarmen machen, wenn du selbst Nichts thust, dich der Erbarmung würdig zu machen!

Seien wir daher gütig, mitleidig und barmherzig, auf daß wir das Wohlgefallen Gottes erwerben und die Seligkeit erlangen, welche Denen verheißen ist, die ihn lieben, durch die Gnade und Liebe unsers Herrn Jesu Christi, welchem in gleicher Weise wie dem Vater und dem heiligen Geiste Ehre, Macht und Preis sei jetzt und allezeit und in Ewigkeit! Amen.

S. 699


  1. Psalm 49, 3. ↩

  2. Sirach 12, 13. ↩

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Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)

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