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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Thessalonicenses homiliae 1-11 Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)
Zehnte Homilie.

8.

Doch Dieß alles gilt nur von diesem Leben. Was werden wir aber im Jenseits anfangen, wenn wir hienieden zwar sehr Viel erworben, Niemand aber Etwas davon gegeben haben, oder doch nur sehr wenig? Wie werden wir das ungerechte Gut los werden? Denn wer ungerecht erworbenes Gut los werden will, der gibt nicht etwa ein klein wenig davon zurück, sondern viel mehr als er genommen hat, und hört auch auf, ungerechtes Gut sich anzueignen. Höret, wie es Zachäus gemacht hat! „Und wenn ich Jemand betrogen habe,“ sagt er, „so erstatte ich ihm das Vierfache zurück.“1 Du aber meinst, wenn du von den zehntausend Talenten, welche du widerrechtlich erworben, ein paar Drachmen zurückgibst, und diese nur mit Widerstreben, S. 713 du habest Alles gethan, und glaubst dann am Ende gar noch, du habest allzuviel gegeben. Dem ist nicht also. Du mußt alles ungerechte Gut wieder erstatten und noch von deinem eigenen Etwas dazu legen. Ein Dieb wird noch nicht frei, wenn er das Gestohlene herausgibt, sondern er muß oft noch dazu das Leben lassen, oft muß er eine viel größere Summe erlegen. So ist’s auch mit dem Wucherer. Denn auch der Wucherer ist ein Dieb und ein Räuber, ja noch viel schlimmer, da er viel tyrannischer zu Werke geht als ein gemeiner Dieb. Der Dieb steigt doch noch heimlich und in der Nacht ein und seine That ist noch nicht so verwegen, weil er sich scheut und sich fürchtet, Böses zu thun. Jener aber beraubt Jedermann ohne Scham und Scheu, ohne Verhüllung des Gesichtes, beim hellen Tage, er ist ja Dieb und Tyrann zugleich. Er bricht nicht durch die Wände ein, er löscht nicht das Licht aus, er öffnet nicht die Schränke, er erbricht nicht die Siegel. Nein, er treibt es viel frecher. Unter den Augen der unschuldig Verfolgten dringt er ins Haus ein, ganz ungeniert schließt er Alles auf, zwingt jene selbst sogar noch ihre Habseligkeiten herbeizuschaffen. So weit geht er in seiner Herzlosigkeit. Ja, er ist um so schlechter, als ein gemeiner Dieb, je frecher und tyrannischer er sich benimmt. Wer durch Diebstahl einen Verlust erleidet, der betrübt sich zwar, findet aber doch darin einigen Trost, daß der Übelthäter sich doch vor ihm noch fürchtet; wer aber bei all seinem Unglück noch verhöhnt wird, der kann die Gewaltthat nicht einmal geduldig hinnehmen, weil er sonst noch mehr verhöhnt würde. Wenn Einer mit der Frau eines Andern im Geheimen etwas Unrechtes thäte, ein Anderer aber Dasselbe thun würde in Gegenwart des Gemahls, welcher von beiden würde diesen mehr kränken und tiefer verletzen? Sicher der letztere; denn er würde zur Übelthat noch Hohn hinzufügen, der erstere würde doch noch zeigen, daß er sich fürchte vor dem Beleidigten. So ist es auch mit dem Gelde. Wer heimlich Geld entwendet, der legt doch noch eben dadurch eine gewisse Furcht an den Tag. Wer aber frei und offen Andern S. 714 das Ihrige nimmt, der fügt zum Schaden auch noch Spott und Schimpf hinzu.

Höret also auf, Andern das Ihrige zu nehmen, höret auf, ihr Reichen, höret auf, ihr Armen! Ich rede nicht bloß von den Reichen, sondern auch von den Armen, welche Diejenigen, die noch ärmer sind als sie, betrügen. Denn auch die Handwerker, zumal wenn sie wohlhabender und einflußreicher sind, übervortheilen und verdrängen die ärmeren und hilfsbedürftigeren; so machen es die Krämer und Wirthe und Handelsleute. Ich will aber, daß alle und jede Ungerechtigkeit ein Ende habe. Beim Unrecht kommt es nicht auf die Höhe der geraubten Summe an, sondern auf die Absicht und Bosheit des Diebes. Daß Diejenigen, welche nicht einmal Kleinigkeiten unangetastet lassen können, noch größere Diebe und Betrüger seien, dieß habe ich, glaube ich, schon früher einmal gesagt, wie ihr euch noch erinnern werdet. Doch wollen wir davon nicht weiter reden; mögen sie meinethalben mit den Reichen auf gleicher Stufe stehen. Achten wir daher sorgfältig auf unser Herz, auf daß nicht das schlimme Unkraut der Habsucht darin Wurzel fasse! Sind wir einmal im Himmel, dann soll das Verlangen nach immer größeren Schätzen keinem Grenzen haben, auf Erden aber begnüge sich ein Jeder mit dem Nothwendigen und Ausreichenden und strebe nicht nach Überfluß, auf daß wir so der wahren Güter theilhaftig werden durch die Gnade und Liebe unsers Herrn Jesu Christi, welchem wie dem Vater und dem hl. Geiste Preise Ruhm und Ehre sei jetzt und allzeit und in alle Ewigkeit. Amen.

S. 715


  1. Luk. 19, 8. ↩

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Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)

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