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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ii ad Thessalonicenses homiliae 1-5 Homilien über den II. Thessalonicher-Brief (BKV)
Fünfte Homilie.

9.

S. 810 Alle, wie wir sind, müssen wir das Gute und Edle wenigstens anerkennen und vor ihm Respekt haben, wenn wir es auch nicht thatsächlich üben. So kann die Frau sammt den Kindern gar viel lernen durch den beständigen Umgang mit einem Gatten, der das Muster eines gesetzten, vernünftigen Mannes ist. Auf solche Weise ist also Jeder im Stande, Lehrer zu werden. „Erbauet,“ heißt es, „Einer den Andern, wie ihr es ja auch schon wirklich thuet!“ Denke dir einmal, es werde das Haus von einem Unglück betroffen. Das Weib, der schwächere Theil und mehr an der Welt und ihrem Tande hängend, geräth in gar große Betrübniß. Ist der Mann nun weise und versteht er, irdischer Güter Verlust mit würdiger Fassung zu ertragen, so wirkt er dadurch gar ermuthigend und tröstend auf seine Gattin und lehrt sie, sich dem Mißgeschick starkmüthig zu beugen. Wird derselben nun ein solches Beispiel ihres Gemahles nicht weit nützlicher sein als meine Worte? Denn das Reden ist für Alle gar leicht, im Falle der Noth aber zu handeln, das hat oft große Schwierigkeiten. Darum läßt sich denn auch der Mensch in der Regel lieber durch Thaten als durch Worte bestimmen. Ja, so groß ist die Macht des guten Beispiels, daß schon oft ein Knecht auf seinen Herrn und sein ganzes Haus den heilsamsten Einfluß ausgeübt hat. Darum verlangt der Apostel auch nicht umsonst und ohne Grund unablässig von den Knechten, daß sie sich der Tugend befleißigen und ihren Herren gehorsam seien, nicht so fast in Rücksicht darauf, daß die Herren wohl bedient werden, als vielmehr darauf, daß das Wort Gottes und der Glaube nicht gelästert werde. Ist’s aber einmal so weit, daß der Glaube nur nicht gelästert wird, dann wird man gar bald auch vor ihm Respekt bekommen. Mir selbst sind viele Familien bekannt, denen die Tugend der Knechte gar großen Nutzen gebracht hat. Wenn aber schon ein Knecht, der doch unter fremder Botmäßigkeit steht, seinen Herrn auf rechte Wege bringen kann, so vermag das doch wohl in weit höherem Grade ein Herr seinen Knechten gegenüber. Nun theilet euch, Geliebteste, S. 811 mit mir, ich bitte euch, in dieses Amt! Ich kann nur zu Allen insgesammt reden, ihr könnt mit Jedem einzeln sprechen. Und so soll denn ein Jeder bemüht sein um das Heil seines Nebenmenschen! Um sich aber zu überzeugen, daß man auf solche Weise dem Hause vorstehen müsse, beachte man, an wen der hl. Paulus die Hausfrauen weist. Er schreibt an die Korinthier: „Verlangen sie über Etwas Belehrung, so mögen sie zu Hause ihre Männer befragen!“1 An diese weist er sie, nicht an die Lehrer. Wie es nämlich an den Unterrichtsanstalten auch unter den Schülern Lehrer gibt, so ist dieß auch in der Kirche der Fall. Der Apostel will nicht, daß der Prediger von Jedem belästigt werde. Und das ist eine ganz zweckmäßige Anordnung, nicht nur, weil dem Lehrer dadurch die Arbeit erleichtert wird, sondern auch, weil so jeder Schüler, der sich’s angelegen sein läßt, bald Lehrer werden kann. Bedenke einmal, welche Dienste die Frau dem Hause leistet. Sie behütet das Haus, besorgt das ganze Hauswesen, beaufsichtigt das Gesinde, fertigt ihnen Gewand mit eigener Hand, macht, daß du Vater genannt wirst, hält dich ferne von schlimmem Umgang, fördert deine Ehrbarkeit, stillt den Trieb der Natur. Darum sei auch du hinwiederum ihr Wohlthäter! Wie soll aber dieß geschehen? Biete ihr die Hand in geistlichen Dingen! Wenn du etwas Gutes hörst, so mach’ es wie die Schwalben, nimm es in den Mund, bring’ es der Mutter und den Kindern und leg’ es ihnen in den Mund! Wäre es denn nicht höchst seltsam, wenn du in andern Dingen an der Spitze stehen und eine leitende Stellung einnehmen wolltest, in Bezug auf den Unterricht der Deinigen aber deinen Posten mit nichten ausfüllen würdest? Ein Vorgesetzter soll hervorragen über seine Untergebenen, nicht bloß durch seine höhere Stellung, sondern mehr noch durch gute Eigenschaften. Die Ehre haben ihm die Untergebenen zu erweisen, seine Tugenden S. 812 sind sein eigentliches Eigenthum. Wenn du hoher Ehren genießest, so erhöhen diese deinen Werth nicht, du empfängt sie von Andern; leuchtest du aber im Glanze deiner Tugenden, das ist dein eigenes und wahres Besitzthum. Du bist deines Weibes Haupt. Nun soll aber das Haupt den ganzen übrigen Leib regieren. Du siehst, daß das Haupt nicht so fast durch seine bevorzugte Stellung hervorragt über die übrigen Theile des Körpers, als vielmehr durch seine weise und umsichtige Sorge, womit es, einem Steuermanne gleich, alle Glieder regiert. Im Haupte sind die Augen des Leibes und der Seele. Vom Haupte empfangen sie die Kraft, das Ganze zu erleuchten und zu regieren. Die Glieder haben die Bestimmung, zu dienen, das Haupt aber, zu gebieten. In ihm haben alle Sinnesthätigkeiten ihren Ursprung und ihre Quelle. Von ihm aus wirken die Organe zum Reden, zum Sehen, zum Riechen, zum Tasten; in ihm konzentrieren sich die Wurzeln der Nerven und des Knochenbaues. Siehst du, daß der Mann, ähnlich wie das Haupt, mehr ausgezeichnet ist durch seine Sorge und Thätigkeit, als durch die ihm erwiesene Ehre? So müssen wir auch über die Frauen herrschen. Wir wollen sie überbieten, aber nicht durch größere Ansprüche auf Ehrenbezeigungen, sondern dadurch, daß wir ihnen größere Wohlthaten erweisen. Ich habe dargethan, daß wir ihnen nicht unbedeutende Wohlthaten zu verdanken haben: vergelten wir ihnen mit geistlichen Wohlthaten, so überbieten wir sie. Denn auf dem Gebiete der leiblichen Wohlthätigkeit sie zu übertreffen, sind wir nicht im Stande. Warum nicht? Schaffet große Schätze ins Haus. Wer ist es, der sie behütet? Die Hausfrau ist es. Die Behütung derselben ist ebenso wichtig wie die Erwerbung, und geradezu nothwendig. Ist es ja schon oft vorgekommen, daß Einer, der große Schätze besaß, um dieselben gekommen ist, weil er Niemand hatte, der sie ihm treulich gehütet hatte. Aber, möchte man einwenden, in Bezug auf die Kinder haben doch die Eltern gleichen Antheil! Doch nicht! Denn die Frau hat auch in dieser Beziehung einen weit mühevolleren S. 813 Beruf, indem sie z. B. die Leibesfrucht allzeit zu tragen und die Geburtswehen auszustehen hat. Darum ist es dir nur möglich, sie auf dem Gebiete geistlicher Wohlthätigkeit zu überbieten, und das sei allzeit unser eifrigstes Bestreben, nicht, daß wir viel Geld zusammenraffen, sondern daß wir mit den unserer Obsorge anvertrauten Seelen dereinst getrosten Muthes vor unsern Gott und Richter hintreten können. Gelingt es uns, diese zu heiligen, so haben wir den größten Gewinn davon. Um nur einen Punkt zu berühren: Wer Andere belehrt, dessen eigenes Herz bleibt bei der Belehrung keineswegs theilnahmslos, sondern wird oft gar sehr ergriffen, zumal wenn er Fehler rügt, deren er sich selber schuldig weiß.

Und weil wir nun dadurch uns und den Frauen und durch sie dem ganzen Hause den größten Nutzen verschaffen, und weil ein solches Wirken dem Herrn ganz besonders wohlgefällig ist, darum wollen wir nimmer müde werden, für unsere eigenen Seelen, wie für die aller unserer Hausgenossen Sorge zu tragen, damit uns für Alle vergolten werde und wir mit reichen Schätzen von Verdiensten hinaufkommen in unsere ewige Heimath, ins himmlische Jerusalem.

Mögen wir dieses Zieles nicht unwürdig werden, sondern durch einen heiligen Wandel hervorleuchten in diesem Leben und dereinst gewürdigt werden, in Seligkeit zu schauen unsern Herrn Jesum Christum, welchem zugleich mit dem Vater und dem hl. Geiste Ehre, Ruhm und Preis sei jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit! Amen.


  1. I. Kor. 14, 35. ↩

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Homilien über den II. Thessalonicher-Brief (BKV)

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